Bad Berleburg. In der Vamed Rehaklinik Bad Berleburg kommt modernste Technik zum Einsatz. Dadurch verändert sich auch die Arbeit der Therapeuten.
Physiotherapeut Rob van Tongeren ist zufrieden: 1000 Schritte in einer halben Stunde - für gesunde Menschen ist das kein Problem. Für seine Patientin sind sie ein Erfolgserlebnis.
Susanne Bürhaus ist halbseitig gelähmt. Ein Schlaganfall hat ihr vor ein paar Wochen die Kontrolle über ihre linke Körperhälfte genommen. Dass sie trotzdem das Gehen trainieren kann, liegt an speziellen Therapieverfahren in der Rehabilitation. „Mein Mann hat die Klinik ausgesucht. Er hat sich kundig gemacht, welche die besten für Schlaganfallpatienten sind und deshalb bin ich hier in Bad Berleburg.“
Die Neurologiepatientin in der Bad Berleburger Vamed-Rehaklinik muss sich für jeden Schritt anstrengen, aber sie tut es mit Elan: „Ich laufe gerne hier drin“, sagt sie. Hier drin, das ist der Lokomat, ein Gerät in dem Patienten mit einer Lähmung trainieren können, um die Kontrolle über ihren Bewegungsapparat wieder zu erlangen. Rob van Tongeren hat seine Patientin in der Maschine mit einem speziellen Gurtsystem gesichert. Sie kann nicht fallen, aber zugleich ihre Beine bewegen. Das Gesunde kann sie selbst steuern, das Gelähmte wird mit Motoren unterstützt. „Wir können so ein Gangbild erreichen, das so normal wie möglich ist“, erläutert der Leiter der Physiotherapeutischen Abteilung in der Vamed Rehaklinik.
Die Motoren unterstützen die Bewegung und die Sensoren messen den Erfolg. Auf diese Weise kann die Belastung langsam gesteigert werden. Das Geheimnis hinter der Therapie ist die stetige und gleichförmige Wiederholung von Bewegungsabläufen. Dadurch gewöhnt sich das Gehirn an den Bewegungsablauf und lernt, die Kontrolle wieder zu erlangen. Für van Tongeren ist es neben dem messbaren Therapiefortschritt auch eine Entlastung. Solche Übungen waren früher nur mit der Unterstützung mehrerer Therapeuten möglich, weil der Patient auch vor dem Umfallen geschützt werden musste. Das übernimmt die Maschine „Das gibt Sicherheit und macht die Patienten gelassener“, sagt van Tongeren und betont, dass er sich zugleich ganz auf das Wesentliche - in diesem Fall das Gangbild - konzentrieren kann.
Motivation schöpfen Patienten in dieser robotik-gestützten Therapie auch daraus, dass sie ihren eigene Fortschritt auf den Monitoren mitverfolgen können. Susanne Bürhaus nutzt außerdem die Computersimulation, bei der sie mit ihren Beinbewegungen und Lastwechseln die Figur „Michelle“ durch einen Wald lenkt. Ziel ist es, die Tiere zu berühren.
Der Lokomat ist nicht das einzige technische Hilfsmittel der Klinik. Sie verfügt auch über einen „Erigo“ und einen „Armeo“. Der Erigo gleicht zunächst einer in der Höhe und Neigung verstellbaren Therapieliege mit zwei Fußrasten am Ende, das individuell auf den jeweiligen Patienten angepasst werden kann. Mit ihm können bettlägerige Menschen mobilisiert werden. „Wir können Patienten aufrichten und wieder Gewicht auf die Füße geben“, erläutert Elisabeth Hükelheim, die Leiterin der Therapie in der Rehaklinik. Die Fußrasten können dann wie ein Stepper bewegt werden. Das hilft nicht nur beim Mobilisieren, sondern beispielsweise auch bei der Aktivierung vom Herz-, Kreislaufsystem (auch gegen Thrombosen). Der Armeo dient - das lässt sich leicht erraten - der Mobilisierung der Arme.
Technik kann den Menschen als Therapeuten nicht ersetzen, aber sie kann ihn körperlich massiv entlasten, weiß Elisabeth Hükelheim. Aber: „Wir sehen einfach, dass sich manche Dinge verändern. Ziel ist es, dass die Patienten die größtmögliche Selbstständigkeit erlangen. Sie kommen heute viel schneller nach dem Akutereignis in die Reha und die Therapie setzt viel früher an.“
Dennoch bleibt in den Rehakliniken oft nicht so viel Zeit wie früher. Umso wichtiger ist es, erfolgversprechende Hilfsmittel nutzen zu können. Der Fokus liegt gerade im Bereich der Mobilität auf der Wiedererlangung von Alltagsfertigkeiten. Und dabei müssen die Therapeuten neben der Physis auch die Psyche unterstützen: „Manchmal sind es kleine Schritte nach Wochen, aber die Menschen sehen, dass etwas passiert“, sagt Hükelheim und weiß als gelernte Ergotherapeutin, dass diese Erfolgserlebnisse für Patient und Therapeut wichtig sind. Und genau in diesem Bereich helfen die robotik-gestützten Therapiegeräte ungemein, findet sie und wiederholt, was schon Kollege Rob van Tongeren gesagt hat: „Die Konzentration auf das Wesentliche ist möglich.“
Gerade auch mit Blick auf den Lokomaten, mit dem Susanne Bürhaus gerade wieder gehen lernt, sagt Hükelheim, könnten so viele Wiederholungen der Bewegung mit Therapeuten allein gar nicht geleistet werden. „Der Beruf wandelt sich eben und auch die Anforderungen verändern sich.“ Eine konstante Anforderung aber bleibt das Wohl der Patienten, und das scheint mit dem Lokomaten und anderen Helferlein besser erreichbar zu sein.
„20 Stufen kann ich schon wieder gehen“, berichtet Susanne Bürhaus stolz nach den ersten vier Wochen Reha. „Ich muss zuhause auch wieder Treppen laufen können“, setzt sie sich selbst ein Ziel für die nächsten vier Wochen - mit Unterstützung von Mensch und Maschine.