Sundern/Karlsruhe. Erleichterung und Ernüchterung bei Opfern und Angehörigen nach dem BGH-Urteil. Denn noch steht aus, ob es eine umfangreiche Neuaufnahme gibt.

Erleichterung stellte sich Donnerstag bei den Opfern des schweren Unfall am 1. August 2018 nach dem Urteil des Bundesgerichtshofs in Karlsruhe ein, aber auch Ernüchterung: Danach wird das Urteil des Schwurgerichts am Landgericht Arnsberg weitestgehend bestätigt. Der 4. Strafsenat des BGH hatte sich seit Monaten mit der beantragten Revision von Angeklagten und Staatsanwaltschaft zum Urteil des Schwurgerichts aus dem Januar 2020 am Arnsberger Landgericht im Raserprozess befasst.

In einer ersten Erklärung, nähere Erläuterungen des Urteils wird es, so BGH-Sprecherin Angela Haasters erst in einigen Wochen geben, heißt es: „Das Landgericht Arnsberg hatte den Angeklagten Audifahrer aus Hemer wegen verbotenen Kraftfahrzeugrennens mit Todesfolge in Tateinheit mit vorsätzlicher Gefährdung des Straßenverkehrs zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten und den angeklagten Porschefahrer unter Freisprechung im Übrigen wegen verbotenen Kraftfahrzeugrennens zu einer zur Bewährung ausgesetzten Freiheitsstrafe von neun Monaten verurteilt.“

Spontane Verabredung

Das BGH folgt der im Urteil getroffenen Darstellung des Unfallgeschehens am 1. August auf der B 229 bei

Gepixelt: Die beiden Angeklagten (links und rechts) vor Beginn des 20. Verhandlungstages im Januar 2020 neben ihren Anwälten Volker Cramer (2. von links) und Constantin W. Kirschbaum (2. von rechts).
Gepixelt: Die beiden Angeklagten (links und rechts) vor Beginn des 20. Verhandlungstages im Januar 2020 neben ihren Anwälten Volker Cramer (2. von links) und Constantin W. Kirschbaum (2. von rechts). © Rolf Hansmann | Rolf Hansmann

Hövel: „Nach den getroffenen Feststellungen hatten sich die Angeklagten spontan dazu verabredet, auf einer Landstraße ein Kraftfahrzeugrennen zu fahren, bei dem sie das Beschleunigungsverhalten ihrer Fahrzeuge vergleichen und möglichst hohe Geschwindigkeiten fahren wollten. Als der angeklagte Audifahrer den Porschefahrer aus einer Kurve heraus zu überholen versuchte, kollidierte er mit einem entgegenkommenden Fahrzeug, das mit fünf Personen besetzt war.“ Dabei starb eine Mitfahrerin in dem Auto, die weiteren Fahrzeuginsassen wurden teilweise schwer verletzt und mussten mit Rettungshubschraubern in Spezialkliniken gebracht werden. Sie leiden noch heute unter den Unfallfolgen, körperlich wie auch seelisch, wie unserer Zeitung aus Gesprächen mit den Opfern erfuhr.

Revision verworfen

Der für Verkehrsstrafsachen zuständige 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat die Revisionen der beiden

Angeklagten in seinem gestrigen Urteil verworfen. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft hat er den Schuldspruch gegen den angeklagten Soester Porschefahrer um den Vorwurf der fahrlässigen Tötung und der fahrlässigen Körperverletzung in vier Fällen ergänzt und außerdem den Strafausspruch von neun Monaten auf Bewährung aufgehoben.

„Das heißt nach unserem Verständnis, dass wir diesen Teil des Verfahrens neu verhandeln müssen“, erläuterte Leonie Maaß, Presserichterin am Landgericht Arnsberg, nach dem Urteilsspruch unserer Zeitung. Aus der Pressemitteilung geht aber das Prozedere nicht hervor: „Da müssen wir warten bis die Akten in einigen Wochen zurück aus Karlsruhe kommen.“ Durch die Ergänzung der Vorwürfe sei nunmehr ein Urteil offen, das theoretisch auch geringer als neun Monate ausfallen könne, so Gerichtssprecherin Maaß. Im Grunde sei aber damit der Einspruch von Staatsanwalt Klaus Neulken bestätigt worden. Allerdings habe man in Karlsruhe dessen weitergehende Revision verworfen.

Grundsätzliche Fragen

Der 4. Strafsenat des BGH hat nach Auskunft der Pressestelle dieses Verfahren zum Anlass genommen, zu grundsätzlichen Fragen Stellung zu nehmen, die durch die neu in das Strafgesetzbuch eingefügte Vorschrift zu verbotenen Kraftfahrzeugrennen (Paragraph 315d StGB) aufgeworfen worden sind. Dies betreffe insbesondere den Rennbegriff, aber auch die Frage der Zurechnung von konkret eingetretenen Gefahren, wenn sie unmittelbar von anderen Rennteilnehmern verursacht worden sind.