Kreuztal. Jede Woche kommen 120 Menschen mit wenig Geld zum Mittagessen in die Kreuzkirche. Das letzte Essen im Jahr ist festlich. Aber es geht um mehr.
Über ein ganz besonderes Weihnachtsessen durften sich am Freitag die Gäste des Kreuztaler Mittagstischs freuen. „Wir haben für 100 Personen eingedeckt. Da waren zwar auch die Musiker mit bei, doch unser Angebot wird immer stärker angenommen“, erklärte Elisabeth Kramer als Vorsitzende des Kreuztaler Mittagstischs.
+++ Immer auf dem Laufenden mit WhatsApp: Hier geht‘s zum Kanal der Lokalredaktion Siegen +++
Mittlerweile kochen die Helferinnen jeden Dienstag und Freitag für rund 120 Personen. Die Zahl der Bedürftigen ist in den letzten Jahren deutlich angestiegen. Die Armut bei den Menschen aus der Region wird größer. Hinzu kommen die viele Geflüchteten. Zum Beispiel aus der Ukraine. Eine von ihnen ist Tetiana Korniichenko. Sie ist seit zwei Jahren in Deutschland. Zusammen mit ihrem Mann und ihrem fünfjährigen Sohn Daniel kommt sie regelmäßig in die Räume unter der Kreuzkirche. Dort nehmen sie das von der Diakoniestation Kreuztal angebotene kostengünstige Mittagsessen in Anspruch. Am heutigen Freitag ist es sogar kostenlos.
„ Es ist mehr als nur das Essen. Es tut gut, auch mal andere Menschen kennenzulernen.“
„Ich habe in Kiew, wo wir gewohnt haben, mehr als zehn Jahre an einem Gymnasium als Kinderpsychologin gearbeitet. Hier in Deutschland ist es schwierig zu arbeiten in diesem Beruf. Mein Diplom wird hier nicht so einfach anerkannt“, erzählt die 41-Jährige. Als Putzkraft im Krankenhaus oder im Supermarkt könne sie arbeiten, sagt sie. Doch sie möchte mehr leisten, erklärt sie. Sie hat ein Jahr auf einen Deutschkurs warten müssen, so viele Menschen stehen auf der Warteliste. Nun übt sie fleißig, um die neue Sprache zu lernen. „Ich möchte hier in Deutschland bleiben. Wir sind vor dem Krieg geflohen und ich möchte nicht mehr zurück. Ihr Sohn geht in Buschhütten in den Kindergarten und freut sich, dass er dort andere Kinder kennenlernt. Ihnen gefällt es, dass es den Kreuztaler Mittagstisch gibt. „Es ist mehr als nur das Essen. Es tut gut, auch mal andere Menschen kennenzulernen.“
- Kreuztaler spendet hohe Summe für Arme: „Mir geht es gut und ich mag Menschen“
- „Weit vorne dabei“: Kreuztal kümmert sich um seine Bürger
- Siegen hat NRW-weit die wenigsten Menschen, die in Armut leben
Einige Tische weiter sitzt Georg Reuter. Der 59-Jährige ist zusammen mit seiner Frau Doris gekommen. Seit 2018 nutzen sie das Angebot vom Kreuztaler Mittagstisch. „Ich bin so dankbar, dass es Menschen gibt, die sich so viel Mühe machen und so leckeres Essen zubereiten.“ Der gelernte Informationselektroniker hat viele Jahre in seinem erlernten Beruf gearbeitet. „Bis zu dem Zeitpunkt, an dem ich nichts mehr auf die Reihe bekommen habe“, erzählt er. „Ich bin seit 2007 trockener Alkoholiker. Zu Spitzenzeiten habe ich zwei Flaschen Schnaps getrunken. Dann bin ich irgendwann gekündigt worden.“ Es folgten Jahre der Arbeitslosigkeit, dann wieder ein wenig Arbeit, bis es am Ende gar nicht mehr ging. „Ich bin Erwerbsunfähigkeitsrentner. Darauf bin ich nicht stolz, aber so ist mein Weg, leider.“ Um Menschen zu helfen, ist er im Blauen Kreuz aktiv. Als Kind wurde er aus seiner Familie geholt, kam in ein Kinderheim, durchlief zwei Pflegefamilien. Mit 18 begannen die Probleme mit dem Alkohol.
„Wer für drei oder vier Personen kocht, kann auch für 100 Menschen kochen. Wichtig ist, dass es Spaß macht. Und den haben wir.“
An diesem Freitagvormittag bei der Weihnachtsfeier gibt es als Vorspeise eine klare Rindfleischsuppe. Als Hauptgang Schweinefilet, Kaisergemüse mit Spätzle und Rahmsoße. Für die muslimischen Gäste hat das Küchenteam Hühnchenfleisch gekocht. Als Nachtisch werden eine Orangencreme und Karamellsauce serviert. Bereits am Vortag haben die Frauen in der Küche vorgekocht und einen Großteil der Arbeit schon vorbereitet. Mit dabei ist Doris Wiehe mit ihren 83 Jahren. Sie gehört mit zu Ältesten im Team und ist seit sieben Jahren dabei. „Wer für drei oder vier Personen kocht, kann auch für 100 Menschen kochen. Wichtig ist, dass es Spaß macht. Und den haben wir“, erklärt sie gut gelaunt.
An 95 Tagen bekocht der Kreuztaler Mittagstisch 1300 Gäste
Zusammen mit Magdalena Ruthenbeck, Freya Weiel und Doris Poggel steht sie hinter den Töpfen und bereitet das Wasser für die Spätzle vor. Das Programm an diesem Freitagvormittag ist gut getaktet. Um 11 Uhr wurden die Türen geöffnet und die Gäste konnten sich in Kleingruppen an der Anmeldung melden. Dort wurden die Formalitäten überprüft. Mit besinnlichen Klängen wurden sie von den Musikern des Posaunenchors aus Fellinghausen, Ferndorf, Buschhütten und Weidenau begrüßt. Dann gab es ein paar Worte von Elisabeth Kramer, in denen sie noch einmal erklärte, dass an 95 Tagen 1300 Gäste bekocht worden sind. Julian Afflerbach begrüßte die Gäste als neuer Geschäftsführer der Diakoniestation Kreuztal. Eine kleine Andacht hielt Pastor Thies Friederichs. Zusammen mit der Vokalklasse der Clara-Schumann-Gesamtschule Kreuztal unter dem Dirigat von Volker Arns und Johannes Weisgerber am Klavier stimmen sich die Anwesenden vorweihnachtlich mit einigen Liedern ein.
Nach der gemeinsamen Mahlzeit erhalten die Gäste Geschenke: Taschen mit Lebensmitteln wie Reis, Nudeln, Konserven, Tee und eine weitere Tasche mit den nötigsten Kosmetikartikeln wie etwa Duschgel und Zahnpasta. Nicht nur in den Gesichtern der Gäste ist ein Lächeln zu sehen. Auch die fleißigen Helfer vom Kreuztaler Mittagstischs sind sehr zufrieden. Die Frauen in der Küche, im Service und die Männer, die an sechs Tagen in der Woche die Lebensmittel von den teilnehmenden Geschäften abholen. Nächstes Jahr gehts weiter.
+++Die Lokalredaktion Siegen ist auch bei Facebook!+++
+++Mehr Nachrichten aus Siegen und dem Siegerland finden Sie hier!+++