Hainchen. Jennifer Berg gibt ihr Zuhause als Warenlager für fremde Sachen her. Das erscheint für die meisten verrückt. Sie verschenkt die abgegebenen Dinge.

Wer an der Gießener Straße in Netphen vorbeifährt, kann Jennifer Bergs Warenlager kaum übersehen. An ihrem Wohnhaus sind mehrere Schilder mit der Aufschrift „Freude geschenkt“ angebracht. So heißt auch ihre Internetseite, von der Interessierte auf die kostenlosen Angebote der 43-Jährigen gelangen. Die erste Idee war es, einen Bücherschrank neben ihrem Haus aufzustellen. Dass es so weit kommt, dass sie ihren Ölkeller für ein Warenlager renoviert und sogar die abgegebenen Sachen in ihrem ganzen Haus, Wohnräumen und Dachboden, unterbringt, hätte sie auch erst nicht gedacht, erzählt sie. Fast täglich kommen neue Sachen hinzu. „Es wird zu viel weggeschmissen. Die Dinge sind aber für andere noch nützlich.“

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Kinderkleidung, Regale voller Tassen und Gläser, Gesellschaftsspiele, Monitore, sogar verpackte Lebensmittel. Jeder Zentimeter des Hauses wird genutzt. Alles kann mitgenommen werden, und zwar umsonst. Vor gut einem Jahr hat die 43-Jährige das Projekt gestartet. „Es hat sich schnell herumgesprochen, dass ich Sachen sammle und sie anderen verschenke.“ Jennifer Berg hat ein regelrechtes Netzwerk aufgebaut. Die alleinerziehende Mutter hat eine Community von über 200 Leuten. „Ich möchte den Menschen helfen und eine Freude machen. Das kommt gut an.“ Auch wenn die abgegebenen Sachen mittlerweile ihren privaten Raum einnehmen, freut sie sich über jeden, der zu ihr kommt und Sachen loswerden will.

Siegen: Jennifer Berg stemmt das Verschenken ganz alleine - „Viel Arbeit“

Ganz zu Anfang war die Aktion noch eine Gemeinschaftsaufgabe, sagt Jennifer Berg. Mittlerweile ist sie auf sich allein gestellt. „Manchmal helfen mir Leute aus der Community, aber das kommt selten vor.“ Besonders viel Zeit nehme die Kommunikation und das Hochladen der Gegenstände auf den einschlägigen Internetseiten ein. Aber es macht einfach Spaß, sagt sie. Die Leute kommen von überall her: Hilchenbach, Wuppertal, Wilnsdorf oder auch Hessen. „Es kann sich nicht jeder alles neu kaufen. Es wird alles teurer.“

Jennifer Berg
Im Ölkeller von Jennifer Berg ist der eigentliche Second-Hand-Laden. Der Raum wurde extra hergerichtet und die Sachen sind sortiert. © Westfalenpost | Ronja Afflerbach

Auf dem Regal im Ölkeller liegen Flyer von Jennifer Berg und die Visitenkarte einer Psychotherapeutin aus der Gegend. Die meisten Leute, die zu der Netphenerin kommen, leiden unter schweren Schicksalen, sagt sie. „Sie sind alleinerziehend oder haben eine Trennung hinter sich. Viele junge Leute wissen nicht mehr, wie sie über die Runden kommen sollen.“ Abgrenzen könne sie sich gut. „Ich lasse die Probleme der Leute nicht zu nah an mich ran.“ Das Highlight sei, wenn Menschen mit einem Lächeln ihr Haus verlassen, sagt sie. Im Keller herrscht Ordnung, wie in einem richtigen Sozialkaufhaus.

Siegen: Jennifer Berg ist die Wegwerf-Gesellschaft leid

Die 43-Jährige sagt: „Nicht erschrecken“, bevor sie den Dachboden betritt. Große Kartons sind teilweise übereinander gestapelt. Einzelne Teile stehen auf dem Boden: zum Beispiel die Nähmaschine, die jemand nicht mehr gebrauchen konnte. Die abgegebene Kleidung muss Jennifer Berg manchmal erst waschen. Aussortieren will sie aber nichts. „Das bleibt alles hier“, sagt sie.

„Ich nehme keine Videokassetten oder abgefahrene Reifen an, aber Elektrogeräte schon.“ Die Sachen gehen schnell weg, sagt Jennifer Berg. Manchmal dauere es nur wenige Minuten, bis ein Teil einen neuen Besitzer gefunden hat. Sonntags hat ihr Warenlager von 10 bis 20 Uhr geöffnet. In der Woche können Interessierte einfach anrufen und einen Termin vereinbaren. Sachen können auch im Vorfeld reserviert werden.

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„Manche Menschen kommen regelmäßig zu mir und gehen immer mit einem oder mehreren Teilen nachhause. Das Lächeln in ihrem Gesicht macht mich einfach glücklich.“

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