Kreuztal. Ist das die Zukunft der Industrieproduktion? Mit hochmoderner Anlage können Unternehmen Material auftragen, statt verschlissene Teile neu zu fertigen.

3D-Metalldruck ist die Zukunft der produzierenden Industrie. Zumindest für diejenigen Unternehmen, die sich eine 600.000 Euro teure Laser Metal Deposition-Anlage leisten können. Solch eine wurde vor Kurzem am Campus Buschhütten in Betrieb genommen. Gebaut hat sie das Unternehmen „ponticon“ im Auftrag der Universität Siegen. Der sechsstellige Betrag wurde aus dem 7,5 Millionen schweren Förderungstopf des Landes NRWs genommen, wir berichteten.

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Ziel der „Laser Metal Deposition Technologie“ (LMD) ist es, Produkte, Maschinen und Anlagen so lange wie möglich funktionsfähig zu halten, bei Bedarf aufzuarbeiten und erst als letzte Möglichkeit als Rohstoff in den Kreislauf zurückzuführen. Sieben Jahre lang haben die Forscher an der Anlage getüftelt.

Regionales Unternehmen zeigen Interesse

Was kann man mit der neuen Technologie machen und wer hat sie schon eingesetzt? Die Raketentriebwerke der SpaceX-Raumkapseln werden mithilfe des 3D-Laserdruckverfahren entwickelt und haben es bis zur ISS geschafft. „Für die Luft- und Raumfahrt ist diese Lasertechnologie besonders interessant, da sie die Herstellung extrem leichter Bauteile ermöglicht, die gleichzeitig eine hohe Festigkeit und Verschleißbeständigkeit aufweisen“, sagt Professor Peter Burggräf. Für lokale Unternehmen in Südwestfalen kann die Anlage Prototypen fertigen. „Die Unternehmen können schauen, ob sich solch eine Anlage für ihren Betrieb lohnt. Dabei gehen wir auf die individuellen Wünsche der Unternehmen ein.“

Campus Buschhütten
Statt aus Metallblöcken mühselig Werkstücke herauszufräsen, werden am Campus Buschhütten Teile aus Pulver und per Laser hergestellt. © ponticon | ponticon

Viele Anfragen von regionalen Unternehmen wären bereits eingegangen, sagt Maximilian Lutz. Großes Interesse bestehe in den Bereichen Walzen und Walzwerksbau, Schaumstoffproduktion und Sicherheitstechnik. „In der Schaumstoffproduktion verschleißen die großen Schneidwerkzeuge schnell. Mit der neuen Technologie können sie durch eine Reparatur- und Verschleißschutzschicht länger genutzt und wiederverwendet werden, was Kosten und Energie spart.“ Die Unternehmen im Bereich Sicherheitstechnik möchten ihre Produkte mit extrem harten Oberflächen auszustatten, um Schlösser noch widerstandsfähiger gegen Einbruchsversuche und Diebstähle zu machen. „Das Verfahren hat für uns eine wirklich hohe Praxisrelevanz. Wir können auf unseren Werkstücken Funktionsschichten aufbringen, um deren Beständigkeit zu erhöhen“, sagt Markus Cramer von Achenbach Buschhütten.

So funktioniert die Anlage

Die eingespannte Welle wird beschleunigt, und der Laser beginnt zu leuchten. Metallpulver wird mit hoher Geschwindigkeit auf das rotierende Bauteil geschossen, und es blitzt und funkt. Der Laser schmilzt das Metallpulver in einer präzisen Schicht auf die Oberfläche, genau an den Stellen, die zuvor im Computerprogramm definiert wurden. „Wir schießen Metallpulver mit einer Geschwindigkeit von etwa 1000 Metern pro Sekunde auf die Welle“, erklärt Michael Wigger. Nach dem Kontakt mit dem Laser härtet die Schicht sofort aus. Schicht für Schicht wird so aufgetragen, geschmolzen und ausgehärtet, bis das Bauteil verstärkt oder repariert ist. Dieser Vorgang wiederholt sich so oft, bis das Bauteil oder die zu erzeugende Schicht die gewünschte Form angenommen haben. Da das Bauteil Schicht für Schicht aufgebaut wird, zählt das Verfahren zur Additiven Fertigung. Das Verfahren ermöglicht die Herstellung dreidimensionaler Bauteile sowie die präzise Neubeschichtung bereits vorhandener Bauteile.

Das Aufbringen einer verschleißfesten Beschichtung auf Rollenkörper verschiedenster Art, um deren Produktlebensdauer enorm zu verlängern, ist nur ein Beispiel dafür, sagen die Forscher. Im 3D-Druck-Metall-Verfahren sind verschiedene Legierungen wie Gold, Silber, Nickel und Bronze möglich, berichtet Habilitandin Dr. Zinn. „Das Verfahren ist im Hinblick auf Nachhaltigkeit und Ressourcenschonung auch sehr interessant für die Automobilindustrie, da so großvolumige Werkzeuge nicht mehr wiedereingeschmolzen, sondern umgearbeitet und wiederverwendet werden können.“ 

Das sind die Vorteile der neuen Technologie

Statt aus Metallblöcken mühselig Werkstücke herauszufräsen, zu drehen, zu schneiden und zu bohren, werden mit dieser Anlage Bauteile direkt aus Pulver und mittels Laser aufgebaut, sagt Burggräf. Zwar ist die Anschaffung einer solchen Anlage zunächst kostenintensiv, doch sie bringt erhebliche Vorteile mit sich. Besonders im Vergleich zu herkömmlichen Verfahren wie Flammspritzen und Hartchromen ist das Laserauftragschweißen wesentlich ressourcenschonender und somit umweltfreundlicher. „Mit der breiteren Nutzung dieser Technologie werden die Kosten pro Anlage und Bauteil langfristig sinken. Es lohnt sich, die zukünftigen Einsparungen und die positiven Umweltauswirkungen im Blick zu behalten“, sagt Burggräf.

Campus Buschhütten: Acht neue Anlagen

In Folge des Forschungsprojekt „Cyber Production Management Lab“ (CPML), gefördert vom Nordrhein-Westfälischen Ministerium für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie (MWIKE), werden folgende acht Anlagen derzeit im Campus Buschhütten installiert:

- eine Laser Metal Deposition-Anlage (LMD) zur Additiven Fertigung für Metall, inklusive der Beschichtung und Reparatur hochbeanspruchter metallischer Bauteile

- ein 5-Achs-Universal-Fräsbearbeitungszentrum

- ein 5-Achs-Dreh-, Schleif- & Fräsbearbeitungszentrum

- ein Blechbearbeitungszentrum mit Laserschneidanlage und Gesenkbiegemaschine

- eine vollelektrische CNC-Mehrebenen-Rohrbiegemaschine mit Rechts-Links-Wechselfunktion

- ein Messcontainer für die Präparation und metallographische Analyse von Materialproben

und eine 10 hl Forschungsbrauanlage.

Das Verfahren erlaube die Herstellung neuer, komplexer Bauteile, zu der die herkömmliche Metallverarbeitung technisch oder wirtschaftlich nicht in der Lage ist. Hinzu kommt, dass Additive Manufacturing gegenüber der herkömmlichen Metallverarbeitung viel Aufwand und Material erspart und es schafft neue Arbeitsplätze, sagt Dr. Gabriele Barten von der Geschäftsleitung der Firma Achenbach Buschhütten. „Unsere Auszubildenden werden sofort an die neue Anlage herangeführt. Der Campus Buschhütten folgt dem Transfergedanken, indem neue wissenschaftliche Erkenntnisse von hoher Praxisrelevanz vergleichsweise zügig in die Entwicklung innovativer Module zur Ausbildung gewerblich-technischer Azubis und deren Einsatz einfließen.“

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Das Team der Demonstrationsfabrik bietet eine Beratung für lokale Unternehmen an. „Wir können die Eignung der Technologie für unternehmensindividuelle Anwendungen testen sowie Anlagenkapazitäten für die Fertigung von Prototypen zur Verfügung stellen.“ Grundsätzlich sei die 3D-Metalldruck-Technologie überall dort flexibel einsetzbar, wo außergewöhnliche Anforderungen an die Verschleiß-, Korrosions- und Temperaturbeständigkeit von Bauteilen gestellt werden, sagt Burggräf.

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