Geisweid. Wer gute Mitarbeiter will, muss ihnen auch etwas bieten. Ein wichtiger Punkt: Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Ein Unternehmer gibt Einblick.
Das Rezept für ein familienfreundliches Unternehmen sei „am Ende ganz einfach“, sagt Markus Weber, Geschäftsführer der Dokuworks GmbH: „Zuhören. Und es geht nur, wenn man Interesse an den Menschen hat.“ Bei ihm im Betrieb scheint das zu funktionieren: Seit 2018 ist Dokuworks von der Regionalagentur der Kreise Siegen-Wittgenstein und Olpe bereits drei Mal als „Familienfreundliches Unternehmen“ zertifiziert worden.
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Die Firma startete vor etwa 40 Jahren als Service-Dienstleister für Drucker, Kopierer und Dokumentenmanagement. 2015 ist die Option hinzugekommen, „Akten in Software abzubilden“, sagt Markus Weber, 2018 noch der Bereich „Sicherheit, Datenschutz, Compliance“. Dokuworks sei derzeit für rund 350 Kunden externer Datenschutz- beziehungsweise Informationsschutzbeauftragter und betreibt eine 24-Stunden-Hotline für Ziele von Cyberangriffen. Die Familienfreundlichkeit war dabei keine Maßnahme, um das Zertifikat zu erhalten, wie im Gespräch mit dem Chef klar wird. Es war andersherum: „Erst haben wir etwas getan, dann kam das Zertifikat“ – denn es passte zu dem, was das Unternehmen ohnehin schon machte.
„Familienfreundlichkeit bedeutet für mich, den Mitarbeiter da abzuholen, wo er steht.“
Siegen: Familienfreundliches Unternehmen – bei Dokuworks ist mobiles Arbeiten seit Jahren möglich
„Ich bin ein Familienmensch“, sagt der 39-Jährige. Er seit mit 25 Unternehmer geworden, in einer Lebensphase, in der Familienfragen im Vordergrund gestanden hätten – und damit die Überlegung „Wie kann ich das mit dem Job unter einen Hut bekommen?“. Dokuworks hat seinen Sitz in der Birlenbacher Straße in Geisweid. Die Räume sind hell, freundlich, es gibt eine Kaffee-Ecke und einen Kickertisch, Aufenthaltsbereiche. Schon seit 2013 ist mobiles Arbeiten möglich, wie der Geschäftsführer berichtet. Die 35 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter können auch spontan entscheiden, ihre Aufgaben von zuhause zu erledigen. Sie dürfen außerdem, wenn es mit der Betreuung sonst nicht klappt, die Kinder auch mal mit ins Büro bringen.
Engagement würdigen
Die Regionalagentur der Kreise Siegen-Wittgenstein und Olpe zeichnet mit dem Zertifikat „Familienfreundliches Unternehmen“ heimische Betriebe aus, „die sich in diesem Bereich besonders engagieren“, wie in einer Mitteilung des Kreises Siegen-Wittgenstein erläutert ist. Dem „Netzwerk familienfreundliche Unternehmen“ gehören inzwischen rund 50 Firmen an.
Unternehmen, die sich für das Zertifikat interessieren, können sich auf regional-agentur.de/vereinbarkeit-von-familie-und-beruf oder telefonisch bei Melanie Schreier, Telefon 0271/333-1191 informieren.
Die Dokuworks GmbH bereitet derzeit ihren Umzug nach Wilnsdorf vor. Für die neuen Räume wurden die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nach ihren Gestaltungswünschen und -vorschlägen gefragt.
„Familienfreundlichkeit bedeutet für mich, den Mitarbeiter da abzuholen, wo er steht“, erklärt Markus Weber. Die meisten Leute würden bei dem Begriff zunächst lediglich an Menschen mit Kindern denken. Doch es gehe viel weiter, betont der 39-Jährige: Pflegende Angehörige seien schließlich ebenfalls familiär eingebunden und deshalb mitunter auch längerfristig aufs Homeoffice angewiesen. Und der Unternehmer hat noch diverse weitere Beispiele: Jemandem vom Team habe es bei einem Unwetter ins Haus geregnet – da vermittelte Markus Weber kurzfristig einen befreundeten Dachdecker. Andere würden gelegentlich den Hund mit ins Büro bringen. Alle Kolleginnen und Kollegen aus dem Führungsteam hätte ein offenes Ohr, würden Dinge mitkriegen, Hilfe anbieten. Dokuworks sei auch dem Unternehmensservice der Caritas beigetreten: Mitarbeitende, die etwa Kita-Plätze für die Kinder oder einen Platz im Pflegeheim für ältere Angehörige benötigten, können sich dort melden und haben Ansprechpartnerinnen und -partner. Dokuworks bezahlt für den Service, denn „ich will als Arbeitgeber ja helfen“, unterstreicht Markus Weber.
„Mitarbeiter halten ist teuer. Aber Mitarbeiter finden und neu einarbeiten ist teurer.“
Siegen: Familienfreundlich arbeiten – auch der Chef nutzt die Optionen
Diktieren lasse sich Familienfreundlichkeit nicht, ist er überzeugt. Es gelte, im Betrieb eine entsprechende „Kultur zu prägen, und das muss ich als Unternehmer als meine Aufgabe sehen“. Die Firma habe davon ebenfalls Nutzen. Einerseits bilde sich eine „Ich helfe Dir, hilf Du mir“-Mentalität heraus. Wenn der Arbeitgeber den Angestellten in schwierigen Phasen entgegenkommt und unter die Arme greift, dann werden diese umgekehrt auch eher bereit sein, sich mit mehr Zeitaufwand einzubringen, wenn die Lage im Büro es erfordert. „Das geht aber nur, wenn ich das vorlebe“, sagt Markus Weber. „Ich möchte da in Vorleistung gehen.“ Er selbst handhabe es ebenso, wie er es dem Team ermöglichen möchte. Er sei Unternehmer, da könne es durchaus vorkommen, dass er auch mal 60 Stunden in der Woche arbeiten müsse. „Es gibt aber auch Wochen, da fordert mich meine Familie mehr.“
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Die Familienfreundlichkeit bietet ihm außerdem den Vorteil, „dass sie mir eine große Bandbreite an Bewerbern öffnet“. Den Fachkräftemangel spüre auch er. „Natürlich kann ich jammern. Aber ich kann auch einfach etwas für die Bewerber tun, die ich bekommen will.“ Viele Unternehmen hätten das erkannt und würden sich mittlerweile entsprechend positionieren. „Es ist keine Frage der Unternehmensgröße und des Budgets“, sagt er. Seinem Eindruck nach würden zwar vor allem kleinere Unternehmen mitunter argumentieren, dass ihnen die Zeit für solche Modelle fehle. „Aber ich kriege die Zeit ja zurück. Ja, das ist Arbeit: Aber das, was man gerne tut – dafür nimmt man sich auch gerne Zeit.“ Zudem gebe es noch einen ganz wesentlichen Aspekt: „Mitarbeiter halten ist teuer. Aber Mitarbeiter finden und neu einarbeiten ist teurer.“
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