Kreuztal. 16 Amerikaner sind auf der Suche nach ihren Ahnen im Siegerland. Ihre Vorfahren wurden im 17. Jahrhundert von Siegen nach Virginia geholt.
10.000 Kilometer haben sie auf sich genommen: Eine amerikanische Reisegruppe ist auf den Spuren ihrer Verwandten, die vor 300 Jahren aus dem Siegerland nach Amerika ausgewandert sind. Vorbei an Eichen, Birken, den heute schwindenden Buchen im Historischen Hauberg in Fellinghausen kann die amerikanische Besuchergruppe Germanna Foundation aus dem US-amerikanischen Virginia sehen, wie die Haubergsarbeit im Siegerland früher funktioniert hat. Waldgenossen haben Holz zu einem Meiler aufgeschichtet, in dem Holzkohle entstehen wird. So war es über Jahrhunderte im Siegerländer Hauberg Übung.
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„Wenn kein Baum mehr stand, zogen sie weiter“, erklärt Försterin Uta Birkhölzer bei der Haubergsbesichtigung mit der Reisegruppe. „Die Siegener haben ein besonderes Regelwerk für die Haubergswirtschaft über Jahrzehnte entwickelt.“ Damals gründeten sich Genossenschaften, die den Wald gemeinsam bewirtschafteten. Auf einer Fläche waren sie ein Jahr beschäftigt, dann zogen sie weiter zur nächsten. Nach 20 Jahren schloss sich der Kreis, junge Bäume waren nachgewachsen, aus Samen oder Wurzelstöcken alter Bäume. Die Gewinnung von Holzkohle mit Kohlenmeilern hat Tradition. Auch im Historischen Hauberg Fellinghausen qualmt es ordentlich.
Den Vorfahren auf der Spur – Tradition seit mehr als 20 Jahren
Die Gemeinde Trupbach und die Germanna-Foundation im US-amerikanischen Virginia haben seit vielen Jahren eine besondere Freundschaft. Vom 10. bis 20. Juni taucht die 16-köpfige Gruppe aus Amerika in die Vergangenheit der Vorfahren in Deutschland ab. Einmal im Jahr besuchen die Nachfahren der Auswanderer aus Trupbach, Müsen, Oberschelden, Niederfischbach die Orte im Siegerland. Ihre Vorfahren sind im frühen 18. Jahrhundert nach Amerika ausgereist. Dort haben sie als Experten bei dem Bergbau geholfen. 42 Siegerländer verließen damals ihre Heimat. 1714 gründeten sie in Virginia das Fort Germanna. 1953 wurde die Stiftung Germanna Foundation gegründet. Der Staat Virginia unterstützt die Ausgrabungen, damit die früheren Spuren der Siegerländer Berg- und Hüttenleute im Orange County erforscht werden können. Seit 2003 besuchen die Amerikaner ihre Siegerländer Familien, die 1714 ausgewandert sind.
Die amerikanische Reiseleitung liegt in den Händen der Ahnenforscherin Barbara Price, die selbst einige Vorfahren im Siegerland hat. Sie hat ihren Familienstammbaum über Jahrhunderte zurückverfolgt. „Ich liebe das Siegerland. Es ist jedes Jahr aufs Neue wieder eine tolle Reise. Die Führung in der Ausgrabungsstätte Gerhardsseifen war mein absolutes Highlight.“ Von den Auswanderern ist noch einiges erhalten geblieben, wie etwa die Trupbacher Kapellenschule oder auch die Siegener Nikolaikirche. Weitere Stationen waren: der Alte Flecken in Freudenberg, die katholische Barockkirche in Friesenhagen und der Heimatverein Oberschelden. „Ich bin begeistert von den vielen Heimatvereinen im Westen Deutschlands“, erzählt Reiseleiterin Barbara Price weiter.
Amerikaner besichtigt Haus seiner Vorfahren in Oberschelden
David Spielmanns Familie verließ damals Oberschelden. Das Wohnhaus seiner Vorfahren nach drei Jahrhunderten ist noch in Oberschelden vorhanden. Der gelernte US Coast Guard aus Massachusetts konnte das erste Mal das Wohnhaus von innen betrachten. „In einem Fachwerkhaus das erste Mal zu sein, war beeindruckend. Ich habe diesen architektonischen Stil nur bisher von außen gesehen, aber so ein Haus bisher noch nicht betreten.“ Der jetzige Hausbesitzer hätte zu ihm aus dem Fenster gerufen: „Kommen Sie doch rein.“ Das wollte sich David Spielmann natürlich nicht entgehen lassen. Im Vereinshaus in Oberschelden konnte David Spielmann Einträge seiner Vorfahren in Kirchenbüchern finden. Seit dem 17. Jahrhundert wurden die Kirchenbücher im Siegerland geführt. David Spielmann ist besonders begeistert von der Haubergswirtschaft. „So etwas haben wir nicht in den USA.“ Es gebe viele Gemeinsamkeiten zwischen Virginia und dem Siegerland, sagt David Spielmann weiter. „Aber nicht den Hauberg.“ Die Delegation der Germanna Foundation organisiert sich in der „Memorial Foundation of the Germanna Colonies in Virginia“. In Deutschland organisiert die Deutsch-Amerikanische Gesellschaft Siegerland-Wittgenstein das jährliche Treffen.
Alida Matthey von der Deutsch-Amerikanischen-Gesellschaft (DAG) hatte die Idee zu der Haubergsbesichtigung in Fellinghausen. 2014, anlässlich des 300-jährigen Bestehens, hat sie selbst die Siedlung Germanna im US-Ostküstenbundesstaat Virginia besucht. „Ich muss sagen, die Amerikaner sind sehr interessiert an der Ahnenforschung.“ Jedes Jahr veranstalten der Heimatverein Trupbach, die DAG und die Germanna Foundation eine Begegnung, bei der die Amerikaner nach Siegen kommen können. Die Teilnehmerzahl lag zu Hochzeiten mal bei 40 Amerikanern, sagt Alida Matthey. In diesem Jahr sind es 16 Personen, die Nachforschungen anstellen. „Aber nicht nur ältere Teilnehmer sind dabei, auch Enkelin und Enkel kommen schon mal mit ins Siegerland. Drei Generationen waren schon bei den Führungen dabei“, erzählt Alida Matthey.
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Im letzten Jahr habe die Deutsch-Amerikanische-Gesellschaft zwei Geschwistern aus Trupbach ein archäologisches Praktikum in Virginia ermöglicht. Unterstützt wurde das Geschwisterpaar von dem Heimatverein Trupbach, erzählt Alida Matthey.
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Bevor die Reisegruppe nach Süddeutschland reist, treffen sie noch den CDU-Bundestagsabgeordneten Volkmar Klein in Siegen. „Wir finden es auch wichtig, deutsche Politiker zu kennen.“ Der Meinung ist auch David Spielmann: „Ähnlich wie bei uns in Amerika, nimmt in Deutschland, aber auch in anderen Ländern, der Rechtsruck zu.“ Doch über Politik wollen sie bei der Haubergsbesichtigung nicht reden, lieber über den Bergbau und ihre Vorfahren, natürlich.