Geisweid. Am Mittwoch wird auch in Siegen-Geisweid abgestimmt: Für den Verzicht auf Kündigungen werden von der Belegschaft Zugeständnisse verlangt.

Kurz vor den Betriebsferien ist die Kuh offenbar vom Eis. Monatelang wurde bei den Deutschen Edelstahlwerken (DEW) darüber verhandelt, wie der kriselnde Konzern saniert werden kann. Nun ist eine Einigung erzielt worden, die den Beschäftigten abermals schmerzhafte Einschnitte abverlangt, das Unternehmen insgesamt aber zukunftsfähig machen und verschlanken soll. Am Mittwoch stimmen die 4000 Mitarbeitenden an allen fünf Standorten in NRW, darunter auch in Geisweid, über den erzielten Kompromiss ab.

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Dass an einer erneuten „Restrukturierung“ mit entsprechenden Einsparungen kein Weg vorbeiführt, war für alle Beteiligten klar. Allerdings wollte gerade die Arbeitnehmerseite nicht „die gleichen Fehler“ wie früher machen. Da wurde unter Verweis auf die schlechte Konjunktur verzichtet, ohne dass sich aber grundlegend etwas veränderte. „Wir gehen jetzt an die strukturellen Probleme ran, mit dem Ziel, uns krisensicher aufzustellen“, sagt Gesamtbetriebsratsvorsitzender Burak Bilal (35).

„Die Stimme der Belegschaft ist entscheidend“: DEW-Gesamtbetriebsratsvorsitzender Burak Bilal hebt das Votum der Beschäftigten über das Sanierungsprogramm am Mittwoch hervor.
„Die Stimme der Belegschaft ist entscheidend“: DEW-Gesamtbetriebsratsvorsitzender Burak Bilal hebt das Votum der Beschäftigten über das Sanierungsprogramm am Mittwoch hervor. © FUNKE Foto Services | Barbara Zabka

Er hebt hervor, dass IG Metall und Betriebsrat ein Verhandlungsmandat der Beschäftigten bekommen hätten und vorab sämtliche Zahlen und mögliche Maßnahmen von dem gewerkschaftsnahen Wirtschaftsprofessor Heinz-Josef Bontrup geprüft worden seien. Nun sei das Votum der Beschäftigten entscheidend. Bilal: „Die Stimme der Belegschaft zählt.“

Der Konzern konnte laut Arbeitnehmerseite seine Forderung nach einer 40-Stunden-Woche nicht durchsetzen. Dafür werden die Mitarbeiter wieder auf Sonderzahlungen wie Weihnachtsgeld verzichten müssen: 2023 komplett, 2024 werden sie auf 45 Prozent abgesenkt. Das geht aus einem Flugblatt („Stahl-Nachrichten“) des IG-Metall-Vorstandes hervor.

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Die nächste Tariferhöhung verschiebt sich demzufolge um sechs Monate, übertarifliche Zulagen werden reduziert. Personal wird sozialverträglich abgebaut. Zuletzt war immer von 400 Stellen die Rede. Gerade die Verwaltung soll betroffen sein. Im Gegenzug gibt es bis Ende 2024 keine betriebsbedingten Kündigungen. Betriebsratschef Burak Bilal betont, dass der Beitrag der Arbeitnehmer nicht dem Verlustausgleich diene, sondern in den Betrieb investiert werde. „Wir verschenken nichts wie in der Vergangenheit.“ In den letzten drei Jahren waren gerade bei Sonderzahlungen schon Abstriche gemacht worden.

In dem Flugblatt ist von 37 Millionen Euro die Rede, die DEW investieren müsse – „deutlich mehr als geplant“. Dabei handele es sich um die Summe, „die durch den Arbeitnehmerbeitrag zusammenkommt. Es gilt: Jeder Euro, den die Beschäftigten geben, soll in die Zukunft des Unternehmens fließen.“

Swiss Steel begrüßt Einigung

Ein Verkauf der Karrierewerkstatt (hier die letzte Ausbildungsmesse im Juni) konnte laut Betriebsrat abgewendet werden.
Ein Verkauf der Karrierewerkstatt (hier die letzte Ausbildungsmesse im Juni) konnte laut Betriebsrat abgewendet werden. © FUNKE Foto Services | Walter Fischer

Die Konzernmutter – die Swiss Steel Group – begrüßt die erzielte Einigung. Das Programm „Zukunft DEW 2025“ solle die wirtschaftlich seit Jahren nicht erfolgreichen Deutschen Edelstahlwerke wieder auf die Erfolgsspur bringen, heißt es in einer Mitteilung. Früheren Berichten zufolge sah die Restrukturierung Einsparungen in Höhe von insgesamt 130 Millionen Euro in drei Jahren vor.

Weiter heißt es in der Erklärung von Swiss Steel: „Die Verhandlungen waren von allen Seiten von dem konstruktiven Geist geprägt, die Erhaltung der Arbeitsplätze in den Mittelpunkt zu stellen und Zukunft der DEW mitzugestalten. Unter dieser Prämisse fand man einen für alle Seiten tragbaren Kompromiss, der von den jeweiligen Gremien noch bestätigt werden muss.“

Gesamtbetriebsratsvorsitzender Bilal drängt auf eine schnelle Umsetzung der Maßnahmen, um schnell einen Effekt zu erzielen. Die Arbeitnehmerseite verbucht für sich, dass auch Teilschließungen von Betriebsteilen vom Tisch seien. Das gelte auch für die Karrierewerkstatt, die laut Bilal verkauft werden sollte. Im Übrigen werde es eine mit Vertretern der Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite besetzte Kontrollkommission geben, die die Umsetzung des Sanierungskonzeptes in den kommenden 18 Monaten regelmäßig überprüfen werde.

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