Beienbach. „Die müssen blind gewesen sein“: Ein Mast direkt neben dem denkmalgeschützten Backes verärgert Beienbach. Die Stadt Netphen bleibt aber dabei:
„Schandfleck“ steht auf dem Protestschild, das die Beienbacher an dem 13 Meter hohen Mast befestigt haben. Der steht seit einigen Tagen neben ihrem Backhaus, die Stadt Netphen hat dort eine Sirene installiert. „Ich habe gedacht, ich sehe nicht richtig“, erinnert sich Ortsbürgermeister Uli Brück an den späten Nachmittag, als er von seiner Arbeit als Schornsteinfegermeister nach Hause kam. „Die müssen blind gewesen sein“, sagt auch Stephan Küthe, „durch diesen Standort ist aus dem denkmalgeschützten Backhaus ein Schandfleck geworden.“ Am Montag, 28. November, überreichte Backesvorsteher Oliver Schneider eine Sammlung von 225 Unterschriften an Netphens Bürgermeister Paul Wagener: „Wir sind damit nicht einverstanden.“
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Welche Alternativen es gibt für den Mast am Beienbacher Backes gibt
Den schriftlichen Protest „gegen solche unsägliche Willkür“ versüßten die Beienbacher dem Verwaltungsvorstand am Ende der Sitzung des Stadtentwicklungsausschusses mit Weihnachtsplätzchen aus dem Backes. Viel ändern wird das aber wohl nicht – der Mast kann zum einen nicht versetzt, sondern allenfalls abgesägt und neu gebaut werden, sagt Michael Schneider, Leiter des Fachbereichs Ordnung und Bürgerservice bei der Stadt Netphen. Zum anderen wäre selbst das Ausweichen zum Dreschschuppen auf der gegenüberliegenden Straßenseite schwierig gewesen: Das Grundstück sei in Privatbesitz, der Mast stünde den Bewohnern direkt vor dem Fenster. Und mehr Spielraum gibt es nicht: Bereits Ende Dezember 2021 musste die Stadt die Sirenenstandorte mit GPS-Daten angeben, um Fördermittel des Bundes zu bekommen.
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Warum Netphen Sirenen in der Stadt aufbaut
Michael Schneider erinnert sich daran, wie das Sirenen-Thema Mitte des letzten Jahrzehnts wieder Konjunktur bekam – als bei verschiedenen Anlässen klar wurde, dass die nur elektronischen und digitalen Wege auch einmal verschlossen sein können oder das Publikum nicht erreichen. Ein paar Sirenen auf den Feuerwehrgerätehäusern waren zu diesem Zeitpunkt noch übrig, die dann zunächst einmal digitale Empfänger bekamen. Neue Sirenen wurden in Brauersdorf und Eckmannshausen gebaut: Das war 2014. Dann gab es 2017 wieder Geld, Netphen machte weiter mit dem Sirenen-Aufbau, vorrangig immer da, wo die meisten Leute erreicht werden. Auf diese Weise kamen Masten nach Salchendorf und zum Gymnasium auf die Haardt, um von dort auch das Baugebiet Rosenwäldchen und die künftige Burggraben-Siedlung abzudecken.
14 Standorte
Die neuen Sirenen werden in Werthenbach Bahnhof, Alt-Werthenbach, Oelgershausen, Beiienbach, Walpersdorf, Sohlbach, Helgersdorf und Frohnhausen aufgebaut.Herzhausen, bereits mit einer Sirene auf dem Bürgerhaus ausgestattet, bekommt einen weiteren Standort bei Hof Maustal am Ortsausgang Richtung Allenbach. Eine Sirene wird auch auf dem Lahnhof montiert, dort zum Schutz der beiden Hotels und der Wanderer auf dem Rothaarsteig.Dreis-Tiefenbach bekommt drei Sirenen: auf dem Heckersberg, auf der Blashütte und an der Kreuztaler Straße Richtung Eckmannshausen.
Wie Standorte für diese Sirenen bestimmt werden
2021, nach der Flutkatastrophe im Ahrtal, startete die große Offensive des Bundes. Von Ende September bis Jahresende hatten die Gemeinden Zeit, Standorte für Sirenen festzulegen und Fördermittel zu beantragen. Schallgutachten wurden vorher beauftragt. Sichergestellt werden sollte, dass der Empfang der einen Sirene so weit reicht, bis der Radius der nächsten beginnt. Da geht es nicht nur um Ortslagen: „Es gibt auch Leute, die sich im Wald aufhalten“, sagt Michael Schneider. Deplatziert ist eine Sirene auf jeden Fall auf einem Hügel am Ortsrand: Das Signal würde kaum gehört über das Dorf hinwegrauschen.
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Im März kam die Zusage der Fördermittel – mit der Auflage, alles bis Jahresende zu verbauen. „Wir haben uns schnell auf den Weg gemacht“, berichtet Michael Schneider. Baugenehmigungen waren nicht erforderlich. 14 Standorte wurden bestückt, die jetzt noch den Stromanschluss bekommen – alle haben auch einen Akku als Puffer – und für Lautsprecher-Durchsagen ausgestattet werden. Nur in Werthenbach wurde der neue Mast ans Bürgerhaus gesetzt, an allen anderen Orten steht er allein, in Helgersdorf direkt neben dem Mahnglockenturm. „Das war dort überhaupt kein Thema.“ Anders als eben jetzt in Beienbach, wo womöglich auch noch Schwalben von ihren Brutplätzen vertrieben werden. Für die Kolonie mit 24 Nestern am und die Wildblumenwiese vor der Backhaus habe es sogar eine Plakette vom Naturschutzbund gegeben, erinnern die Beienbacher in ihrem Protestschreiben.
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Fachbereichsleiter Michael Schneider macht den Beienbachern keine Hoffnung, dass der Sirenenmast wegkommt: Die Naturschutzbehörde hatte keine Bedenken – und die Denkmalbehörde, an die sich die Einwohner ebenfalls gewendet haben? Das ist die Stadt Netphen selbst, die sich nun einmal festgelegt hat. Trotz Weihnachtsplätzchen.
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