Bühl. Verein „Augen auf“ aus Bühl unterstreicht beim Ortstermin die Schönheit des Ischeroths – als Argument gegen ein Gewerbegebiet Wilhelmshöhe-Nord.

Ein Stückchen Flatterband, eng um einen Baumstamm gebunden, zeigt an, wo es losgehen wird. Beziehungsweise, wo Schluss sein wird; Schluss mit dem Wald am Ischeroth, weil das Gewerbegebiet Wilhelmshöhe-Nord beginnt. Gegner des Projekts haben die Markierung angebracht, damit Wanderer sehen, was sie alles nicht mehr sehen werden, wenn das Gewerbegebiet Realität wird.

Sie hätten bewusst die politische Sommerpause für ihren Informationsabend gewählt, sagt Jennifer Wachsmuth vom Verein „Augen auf“. „Wir wollen zeigen, dass wir am Ball bleiben.“ Rund 30 Bürgerinnen und Bürger haben sich am Aussichtspunkt am Ischeroth eingefunden. Gemeinsam mit Vertretern von Naturschutzverbänden möchte der Büschergrunder Verein, der sich Anfang des Jahres als zweite Interessenvertretung neben der Bühler Initiative „Den Ischeroth nicht zerstören“ gegründet hat, seine Anliegen untermauern. „Wir möchten einmal mehr darauf hinweisen, was für eine schöne Landschaft das hier ist“, sagt Jennifer Wachsmuth.

Ischeroth: beispielhafte Biodiversität

Über die Lichtung, über Wiesen, Bäume, Täler, Dörfer und einige einzelne Gebäude reicht der Blick bis zu weit entfernten Waldhängen. Dieser Punkt wird – optisch – unangetastet bleiben, sagt Jennifer Wachsmuth, denn das Gewerbegebiet soll erst hinter dem Eintritt in den Waldbereich liegen. Mit der Ruhe, so fürchtet sie aber, wird es nach Ansiedlung der Industriebetriebe hier oben vorbei sein.

Gerhard Bottenberg von der Naturschutzinitiative, Büro Nordrhein-Westfalen, führt unter anderem auch noch Lichtverschmutzung an – von einem Gewerbegebiet ausgehendes Kunstlicht, dass natürliche Hell-Dunkel-Phasen konterkariert und so vor allen Dingen Tiere irritiert und stört. Der Diplom-Agraringenieur findet deutliche Worte, um seinen Standpunkt zu den Wilhelmshöhe-Nord-Plänen zu formulieren. Der Ischeroth sei ein besonderer Fleck Natur, „es lohnt sich, das hier zu erhalten“; und es sei „verlogen“, betont Gerhard Bottenberg, wenn in der öffentlichen Diskussion einerseits der Erhalt von Biodiversität gefordert wird, andererseits aber ein Lebensraum, in dem genau diese gegeben sei, zerstört werden solle.

Appell an die Waldgenossen

Ulrich Banken (rechts, stehend) vom BUND erläutert Besonderheiten des Waldes am Ischeroth. Rund 30 Menschen nehmen am Rundgang teil.
Ulrich Banken (rechts, stehend) vom BUND erläutert Besonderheiten des Waldes am Ischeroth. Rund 30 Menschen nehmen am Rundgang teil. © Unbekannt | Florian Adam

Die Gruppe, bunt gemischt vom Kleinkind bis zu Menschen fortgeschrittenen Alters, folgt dem Wanderweg. Dichter Wald, links und rechts durchbrochen von kleinen Lücken, in die sich das Sonnenlicht über einzelne Sträucher ergießt; oder von Lichtungen, die den Blick in die Ferne eröffnen. Die A 45 wird zunehmend hör-, aber nicht sichtbar.

Die Gruppe hält an einem Gefällestück an. „Es wird gegen Ziele verstoßen – Ziele aus dem Regionalplan und aus dem Landesentwicklungsplan“, führt Ulrich Banken von der BUND Kreisgruppe Siegen-Wittgenstein aus. Es gehe um wesentliche Punkte wie „Walderhaltung“ und „Erhalt landesweit bedeutsamer Kulturlandschaftsbereiche“, denen die Pläne entgegenstünden. Und was ein Gewerbegebiet „für die Naherholung bedeutet, da müssen wir gar nicht erst drüber reden“.

Appell an die Waldgenossen

Das Areal gehört den Waldgenossen, betroffen sind die Waldgenossenschaften Bühl und Büschergrund. Von ihnen werde abhängen, ob das Gewerbegebiet kommt oder nicht. „Lassen Sie sich nicht erschüttern“, appelliert Ulrich Banken an die Gegner des Projekts, „und halten Sie zusammen!“

Die Waldgenossen sollten sich nicht unter Druck setzen lassen, unterstreicht auch Gerhard Bottenberg. Die Möglichkeit einer Enteignung halte er für ausgeschlossen. Zwar stehe die Stadt Freudenberg hinter den Gewerbegebietsplänen. Eine Enteignung sei in Deutschland aber nur vorgesehen, wenn es um Projekte wie öffentlichen Straßenbau gehe.

Bei einem Gewerbegebiet liege die Sache seiner Einschätzung nach anders, weil die Flächen im Endeffekt an Firmen verkauft würden – und das Instrument nicht dazu diene, dass die öffentliche Hand von einem Privateigentümer etwas erhalte, das dann einem anderen Eigentümer verkauft werde.


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