Siegen. Adrian Serbans „Herztrost“ erzeugt Nähe ohne Bühnenpublikum. Wie das gelingt, zeigt die Online-Premiere des Jungen Theaters Siegen auf YouTube.
Ein weißes Telefon. Zwei Menschen: Er, sie – ebenfalls ganz in weiß – barfuß im Schneidersitz. Viel mehr nicht. Das Theaterstück „Herztrost“ konzentriert sich auf seine Protagonisten. So viel verrät der vorab vom Jungen Theater Siegen veröffentlichte Youtube-Trailer. Wegen Corona findet auch die Premiere online statt. Für den jungen Regisseur Adrian Serban eine Herausforderung. Der 18-Jährige hatte das Stück vor der Pandemie geschrieben – und ursprünglich eine besondere Publikums-Inszenierung vorgesehen.
Die Inszenierung
Die Zuschauenden hätten sich eigentlich in einem Raum des Geisweider Jugendtreffs einfinden sollen – nur nicht frontal vor der Bühne, wie sonst üblich. Stattdessen wären die Stühle im Kreis angeordnet gewesen, „um das Hauptobjekt des Stücks herum“, so Adrian Serban – um das Telefon. „Der ganze Raum hätte die Bühne sein sollen.“
Weil wegen Corona eine solche Aufführung nicht möglich war, fiel die Entscheidung, das Ganze aufzuzeichnen. „Ich hatte erst die Sorge, dass dem Stück der Spirit verloren geht, den ich ihm eigentlich hatte geben wollen – dadurch, dass es für die Videoaufnahme jetzt doch nach dem Guck-Kasten-Prinzip funktionieren musste.“ Die Idee hinter der eigentlichen Kreis-Inszenierung: „Das Gefühl zu erzeugen, die Figuren anfassen zu können, richtig einzutauchen in die Geschichte.“
Vor der Pandemie hatte er das Stück als Bühnenfassung des Jugendromans „So lonely“ von Per Nilsson geschrieben. Doch dann schmiss Serban alles um: „Im ersten Lockdown hab ich mich noch mal hingesetzt und es umgeschrieben. Dabei ist fast ein komplett neues Stück rausgekommen, das hat mit der Vorlage nichts mehr zu tun.“ Inhaltlich hätte ihm vieles nicht mehr gefallen – die Erzählstrukturen im Buch seien ihm plötzlich zu vorhersehbar erschienen. Nur von einem Motiv trennte er sich nicht: „Dass sich die beiden im Bus treffen, weil: Es geht neben Liebe in dem Stück auch um diese Zufälligkeit im Leben, um Schicksal.“
Die Regiearbeit
An den beiden Darstellern Anna Lena Schmidt und Kevin Sprenger lag es dann, die Nähe dieser beiden Verliebten zu transportieren. Was eigentlich durch die Inszenierung inmitten des Publikums hätte verstärkt werden sollen, musste nun einmal mehr über das Schauspiel transportiert werden.
Zum Glück kann Adrian Serban, was seine Regie-Anweisungen angeht, auf eigene Schauspielerfahrung zurückblicken. Seit der fünften Klasse spielt er – erst in der Theater-AG in der Schule, dann am Jungen Theater Siegen. In Theater-Fortbildungen, die er neben der Schule belegte, lernte er Methoden: „Und auf die kommt es an, die brauch ein Schauspieler genauso, wie ein Handwerker sein Werkzeug.“
Die Online-Premiere
Das Theaterstück „Herztrost“ feiert wegen Corona seine Premiere auf dem YouTube-Kanal des Jungen Theaters Siegen – am 26. Mai live um 19 Uhr.Mit diesem Link gelangen Sie zur Videopremiere: https://www.youtube.com/watch?v=sifdDrseDuo
Zu Beginn seien die beiden Hauptdarsteller beispielsweise zu verkopft gewesen. Adrian Serbans Anweisung lautete dann: „Mach mal die Augen zu, versuch zu atmen, sieh’ es aus der Perspektive der Rolle.“ Die Atmung sei „das A und O“, wenn man darauf achte, sei es viel leichter Gefühle von innen nach außen zu transportieren. Oft helfe es auch, „die Fäuste zu ballen, bis Abdrücke der Fingernägel entstehen und in dieses Gefühl rein zu atmen, um Wut zu erzeugen.“ Generell mache die Körpersprache viel aus: „Es ist ein Unterscheid, ob man mit der Nase voran geht, oder mit der Hüfte.“
Insgesamt sei Adrian Serban sehr zufrieden mit dem Stück: „Es hat viele liebevolle Details, jeder der schonmal verliebt war, wird sich darin wiedererkennen.“ Er arbeite bereits an einem nächsten Stück. Es soll „Aprikose“ heißen und vom Sinn des Lebens handeln. Der junge Regisseur verarbeitet darin viel Privates: Stress in der Schule und wie seine Freundin ihn verlassen habe. „Wäre die Pandemie nicht, würde ich schon in den nächsten Proben stecken.“
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