Siegen. Der 28-jährige Angeklagte machte seine Geschäfte über eine Art „WhatsApp für Kriminelle“. Auf ihn könnten zehn Jahre Haft zukommen.
Meistens geht es in den Drogenverfahren des Siegener Landgerichts um überschaubare Summen, wenn über Einkauf und den späteren Handel gesprochen wird. Da fällt es schon auf, wenn einem Angeklagten der illegale Gewinn von 865.830 Euro als einziehungsfähig vorgerechnet wird. Rund 250.000 Euro wurden zudem neben kleineren Drogenmengen in seiner Siegener Wohnung sichergestellt.
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Kiloweise Marihuana und Cannabis
Der 28-jährige Mann ohne Staatsangehörigkeit ist im Rahmen der Ermittlungen rund um EncroChat in den Blick der Behörden geraten, Das war eine in Europa entwickelte Kommunikations-App mit besonders sicherer Verschlüsselung, die vornehmlich auf spanischen Endgeräten installiert war. Das Betreiberunternehmen wurde 2020 geschlossen, nachdem umfangreiche Fahndungsarbeit Hinweise gab, dass überwiegend Kriminelle zu den Kunden gehört hatten. Danach wurden unzählige Chats aus dieser „WhatsApp für Kriminelle“ ausgewertet, mit der Folge zahlreicher Verfahren auch in ganz Deutschland.
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Der junge Mann aus Siegen soll zwischen Mitte April 2020 und Anfang Juni 2021 mehrfach kiloweise Marihuana und Cannabis in Holland gekauft und mittels eines noch unbekannten Kuriers nach Siegen bringen lassen haben. Die Drogen verkaufte er dann gemäß der Anklage vor Ort selbst. Einige Male saß er auch selbst am Steuer, ohne einen gültigen Führerschein zu haben. Allerdings wurden verschiedene Pässe und Fahrerlaubnisse aus Spanien und Polen bei ihm sichergestellt. Die Strafkammer hat zunächst einmal acht weitere Termine bis in den Februar im Kalender.
Bei Geständnis acht bis zehn Jahre Haft
Allerdings kommt es gleich nach der Anklageverlesung zu einem ersten Rechtsgespräch zwischen Staatsanwaltschaft, Gericht und den Verteidigern. Angeregt hat dies Anwalt Andreas Trode in einem Telefonat mit der Staatsanwältin, um eingangs die Positionen auszuloten. Tabea Schneider liest einen von ihr dazu gefertigten Aktenvermerk vor. Sie hat acht bis zehn Jahre Haft in Aussicht gestellt, die untere Zahl bei einem Geständnis.
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Trodes Kollege Leis ist mit einer damit verbundenen Einigung noch sehr vorsichtig, kündigt an, der Mandant werde sich „zunächst schweigend verteidigen“, will sich aber Gesprächen auch nicht verweigern. Allerdings weist er auf einen Streit ein, der in Deutschland über die Verwertbarkeit der Ermittlungsdaten in inländischen Strafverfahren existiere. Er sehe da zumindest Probleme, wenngleich mehrere Oberlandesgerichte ein Beweisverwertungsverbot abgelehnt hätten. Daneben weiche die Darstellung seines Mandanten in einigen Bereichen deutlich von der Anklage ab. Fortgesetzt wird zunächst am 14. Dezember, dann geht es erst im Januar weiter.
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