Siegen. Der Siegerländer Siegfried Fietz hat das Lied „Von guten Mächten wunderbar geborgen“ vertont. Er verteidigt es vehement gegen Coronaleugner.
„Von guten Mächten wunderbar geborgen“: Wohl kaum ein Text ist so bekannt wie das Gedicht von Dietrich Bonhoeffer, das er am 19. Dezember 1944 in der Zelle eines Berliner Kellergefängnisses an seine Verlobte schrieb. Der in Hilchenbach aufgewachsene Komponist Siegfried Fietz hat es vertont – doch nun singen Querdenker es auf ihren Demonstrationen. Siegfried Fietz wehrt sich dagegen. Er hat die Videos sperren lassen und geht mit Abmahnungen gegen missbräuchliche Verwendungen vor.
Siegen: „Von guten Mächten wunderbar geborgen“ normalerweise ein Kirchenlied
Die Nazis hatten den Theologen Dietrich Bonhoeffer wegen dessen politischen Widerstands eingesperrt; er wusste ganz genau, dass das bevorstehende Weihnachtsfest sein letztes sein würde. Am 9. April 1945, rund einen Monat vor der Kapitulation Nazideutschlands, starb er im KZ Flossenbürg.
Dietrich Bonhoeffer wurde nur 39 Jahre alt. Siegfried Fietz, der aus dem Siegerland stammende und inzwischen im hessischen Greifenstein ansässige Komponist und Musiker hat 1977 den Bonhoeffer-Text vertont und damit das bekannteste zeitgenössische Kirchenlied geschaffen.
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Ein Lied, das aber auch außerhalb der Kirchenmauern gerne gesungen und gespielt wird: Bei Beerdigungen, so etwa bei der Trauerfeier des ehemaligen Bundespräsidenten Johannes Rau, der sich das ausdrücklich gewünscht hatte, in Altenheimen, bei Jugendfreizeiten, also überall dort, wo Trost und Zuversicht gerade in schwierigen Zeiten vonnöten ist. Und ganz aktuell auch am Wochenende bei Gottesdiensten in Siegen, die im Zeichen des Krieges in der Ukraine standen.
Siegen: Hartes Vorgehen gegen Querdenker mit Folgen für den Komponisten
Umso mehr waren Siegfried Fietz und seine Familie entsetzt, als sie erfuhren, dass „Von guten Mächten“ in München auf einer als Gottesdienst getarnten Veranstaltung der Querdenker gesungen wurde, ausgerechnet zu der Zeit, als die Demonstration von der Polizei wegen Abstandsverstößen aufgelöst wurde. Pikant dabei: Der ehemalige „Fernsehpastor“ Jürgen Fliege war auch dort mal wieder in der ersten Reihe dabei. Natürlich machten Videoaufzeichnungen dieser Szenen im Querdenker-Milieu die Runde, zumal sie mit der Unterschrift „Bei diesem Lied schritt die Polizei ein“ unterlegt wurden.
„Fliege-Essenz“
Der inzwischen 74-jährige Jürgen Fliege moderierte unter anderem eine nach ihm benannte Talkshow in der ARD. Ins Gerede kam er, als er eine „Fliege-Essenz“ anbot, die durch sein Handauflegen und Beten heilende Kräfte bewirken sollte. Sein weiterer Vorschlag: Corona durch Waldläufe eindämmen. Er ist inzwischen Mitglied der umstrittenen Partei „Die Basis“.
Von guten Mächten wunderbar geborgen“ ist zwar ein beliebtes Kirchenlied, dessen Textrechte inzwischen ausgelaufen sind, aber die in den Videos gesungene Melodie stammt von Siegfried Fietz. Der kann damit festlegen, an wen er die Filmnutzungsrechte vergibt und wem nicht: „Das sind Querdenker, die die Einschränkungen der Pandemie mit der Verfolgung in der NS-Zeit gleichsetzen und Menschen, die den ideologischen Gedanken dieser Zeit sogar offen zugewandt sind und denken, sie wären wie Bonhoeffer Freiheitskämpfer gegen ein Regime, das sie unterdrückt.“
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Also hat Siegfried Fietz die Sperrung der Videos durchgesetzt. Über die Folgen spricht er auch: „Man wird konfrontiert mit beleidigenden Kommentaren bei unseren Onlinekonzerten, verleumderischen Videos, absichtlich negativen Bewertungen.“ Das alles, dazu verbunden mit einem riesigen Presse- und Fernsehwirbel, geht Siegfried Fietz, seiner Familie und dem Team von Abakus-Musik unter die Haut. Doch er blickt nach vorne: „Wir sind bereit, viel in Kauf zu nehmen, um das Andenken Dietrich Bonhoeffers zu schützen.“ Und führt weiter aus: „Wir wünschen uns, dass „Von guten Mächten wunderbar geborgen“ weiterhin alle Menschen begleitet, die Trost brauchen, und dass wir das Lied bald wieder – für alle sicher – zusammen singen können.“
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