Siegen. Bierdosen, Kaffeebecher, Zigarettenstummel: Der Siegener Sauberkeitspate Gerold Heider sammelt viel Müll auf. Statt meckern, möchte er anpacken.
In Ruhe spazieren gehen kann Gerold Heider nicht mehr. Wenn er unterwegs ist, hat er häufig Handschuhe, eine Greifzange aus Holz und mindestens einen Müllbeutel dabei. Andauernd stoppt der Siegener, um den herumliegenden Verpackungsmüll am Straßenrand aufzuheben. Gerold Heider ist ehrenamtlicher Sauberkeitspate der Stadt Siegen.
Vor etwa drei Jahren hat er angefangen, den weggeworfenen Müll am Bäumchenweg in Weidenau und einem Teilstück an der Giersbergstraße aufzusammeln. „Ich habe mich über die Leute geärgert, die das machen. Aber wenn man sich nur ärgert, passiert nichts, der Müll liegt dann immer noch da“, betont Gerold Heider.
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Sauberkeitspaten in Siegen sammeln weggeworfenen Müll an Straßengräben auf
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Doch weil der Abfall mit der Zeit zu viel wurde, habe er sich wegen des Problems an die Stadt Siegen gewandt. Die Stadtreinigung bot ihm dann die Patenschaft für die beiden Routen an, die Gerold Heider 2018 offiziell übernahm: „Aus dem ehemaligen Spazierengehen ist dann wirklich ein Müllsammeln geworden“, erzählt der Siegener. Nach Angaben der Stadt engagieren sich mehr als 140 Sauberkeitspaten in der Initiative „Siegen ist sauber“. Auch Vereine und Firmen können eine Patenschaft übernehmen.
Den Bäumchenweg teilt sich Gerold Heider mit zwei anderen ehrenamtlichen Helfern. Ein Mal in der Woche, in der Regel am Sonntag, begibt sich der 57-Jährige auf Müllsuche - etwa fünf Kilometer weit. Seit die Stadt an dem Weg Mülleimer aufgestellt habe, sei der Müll weniger geworden, lobt er. „Ohne die Mülleimer hatte ich sonntags manchmal zwei Haushaltsmüllbeutel à 15 Liter voll“, verdeutlicht er, „das war viel, aber jetzt ist es wesentlich besser.“
Sauberkeitspate unterwegs an der Oberen Dorfstraße zwischen Weidenau und Bürbach
Wenn er unterwegs ist, bedankten sich einige Fußgänger bei ihm, aber einige schauten auch weg. Ein Problem beim Aufsammeln sei der viele Hundekot, den die Besitzer nicht mitnehmen würden. Selten spreche er die Menschen darauf an, macht er es doch an, seien diese dann aber verärgert. Dass dies aber immer nur ein kleiner Teil der Mitbürger sei, möchte Gerold Heider betonen: „Die meisten sind anständig, sonst gingen wir im Müll unter.“ Von der Stadt wünsche er sich klare Vorgaben.
An diesem Tag ist der 57-Jährige an der Oberen Dorfstraße zwischen Weidenau und Bürbach unterwegs. Autos rauschen an ihm vorbei. Kaugummi- und Bierdosen, Capri-Sonnen-Verpackungen, Zigarettenschachteln und unzählige Kippenstummel haben sich im Straßengraben angesammelt. Seit der Supermarkt am Giersberg eröffnet habe, gebe es mehr Verpackungsreste, so Gerold Heider. „Es wird eingekauft und unterwegs entledigt.“
Kaffeebecher zum Mitnehmen werden aus dem Auto geworfen
Er könne den Müll auch den verschiedenen Altersgruppen zuordnen: „Jüngere werfen mehr Verpackungen von Süßigkeiten weg, die Älteren ihren Kaffeebecher zum Mitnehmen.“ Alles findet sich auch an diesem Tag am Straßenrand wieder.
Nach zehn Minuten ist der 60-Liter-Müllbeutel schon zu einem Drittel voll. Später findet Gerold Heider noch einen Drucker. Nach mehr als einer Stunde ist er fertig.
Siegener Sauberkeitspate sammelt auch auf dem Arbeitsweg Müll auf
Weil das Grünflächenamt zuvor abstehendes Gras am Straßenrand gemäht hat, wurde auch viel Müll zerkleinert, der sich nun im Boden festsetzt. „Wir hinterlassen unseren Kindern eine Welt, die dermaßen plastikverseucht ist. Darüber mache ich mir sehr viele Gedanken“, so Gerold Heider. Er könne sich zum Beispiel ein Pfandsystem für Dosen vorstellen. Er selbst merke aber auch, wie schwer es ist, Lebensmittel ohne Verpackung zu kaufen. Hier müsse die Politik stärker eingreifen. „Ich denke schon, dass wir bestimmte Dinge ändern müssen. Es kommt jedes Jahr immer mehr Müll dazu.“
Seit drei Jahren verzichtet Gerold Heider auf ein Auto. Der Elektriker fährt täglich 45 Kilometer mit dem E-Bike zur Arbeit und zurück. Dass die Herstellung der Akkus umweltschädlich sei, bezeichnet er als „seine kleine Sünde“. Manchmal sammle er auf der Fahrt Müll auf. Sein skurrilster Fund: ein pinkfarbener Dildo.