Freienohl/Oeventrop. Anwohner sind in Aufregung, seit erste Pläne für das Mega-Gewerbegebiet zwischen Oeventrop und Freienohl bekannt wurden. Ihre Bedenken.

Carsten Rose hat in den vergangenen Tagen mit vielen Bürgern gesprochen. Dass es Pläne gibt, zwischen Oeventrop und Freienohl ein Mega-Baugebiet zu erschließen, beunruhigt die Menschen, aber nur wenige hätten wirklich realisiert, was da auf sie zukommt, sagt der Mitinhaber von Rose-Handwerk.

Oeventroper Panoramarundweg

Der Freienohler steht mit Vivien Brüggemann und Friedo Volpert auf dem Oeventroper Panoramarundweg, der direkt hinter dem Betrieb seiner Familie liegt und blickt ins Ruhrtal. „Ganz rechts sieht man Glösingen, dann kommt Dinschede und weiter links die Eggesiedlung von Oeventrop. Sie alle werden zukünftig direkt auf das Gewerbegebiet blicken.“ Ihm ist es unverständlich, dass man ein neues, interkommunales Gewerbegebiet erschließt, obwohl doch im Gebiet Wildshausen, das seit 20 Jahren erschlossen sei, noch jede Menge Grundstücke brach lägen. „Dort gebe es sogar einen Bahnanschluss aus den Zeiten der Zellstoff AG“, wirft Friedo Volpert ein. Und dass der Investor des alten Klosters ein Gesundheitszentrum plant und Oeventrop dafür zum Luftkurort machen will, weiß Vivien Brüggemann. Das passe doch nicht.

Meschede Gewerbegebiet Brumlingsen
Die Karte zeigt die Dimensionen des geplanten Gewerbegebiets bei Brumlingsen und Wildshausen. Mescheder und Arnsberger Flächen würden hier für ein interkommunales Gewerbegebiet vereint © WP Meschede | Manuela Nossutta/Funkegrafik NRW

„Wir haben hier ein Gefälle, das an manchen Stellen eher an eine schwarze Skipiste erinnert.“

Carsten Rose
Rose-Handwerk

Massive Erdarbeiten

Aber vor allem erfordere der Ausbau massive Erdarbeiten. „Wir haben hier ein Gefälle, das an manchen Stellen eher an eine schwarze Skipiste erinnert.“ Um das auszugleichen, so hieß es in den Planungen der Stadt, sollen die Wiesen zum Teil terrassiert werden. Carsten Rose sieht dadurch massive Kosten auf beide Kommunen zukommen, die diese gar nicht allein bewältigen könnten. „Das ist nur finanzierbar, wenn entsprechende Subventionen der EU genutzt werden“, sagt der Kaufmann. „Diese ganze Logik erschließt sich mir nicht.“

Oeventroper stärker betroffen

Und er erklärt, warum er in Freienohl mit wesentlich weniger Kritik rechnet als im Nachbarort: „Die meisten Freienohler verlieren zwar ein Naherholungsgebiet, aber die Oeventroper gucken direkt auf die Betriebe.“

Gewerbegebiet zwischen Freienohl und Oeventrop
Vivien Brüggemann geht fast täglich mit ihrem Hund dort spazieren, wo in Zukunft produzierendes Gewerbe geplant ist. © Funke Medien NRW | Ute Tolksdorf

Eine davon ist Vivien Brüggemann. Sie nutzt die Wiesen als Spazierweg mit ihrem Hund Ben. „Ich bin täglich hier“, sagt sie. Im Sinne der Nachhaltigkeit sollten keine weiteren Flächen versiegelt werden, findet sie. „Wir sollten vorhandene Flächen und Gebäude nutzen, bevor wir den Tieren weiteren Lebensraum wegnehmen.“ Auf ihren Wanderungen sieht sie regelmäßig Rehe, Hasen und Füchse, besonders schützenswert sei der Rotmilan. „Und laut Auskunft eines Jägers gibt es hier auch ein Luchs-Pärchen.“

Zufällig kommt Karin Neuling mit dem Hund vorbei. Auch die Frau aus der Rümmecke - „Ich bin vor allem Tierschützerin!“ - sieht nicht ein, dass Geld für ein solches Riesengewerbegebiet locker gemacht werden soll, wo es doch sonst an allen Ecken und Enden fehle. Einig ist sie sich mit Friedo Volpert, der ebenfalls zu den Kritikern gehört, dass das Geld besser in Schulen und Kitas investiert werden sollte.

Gewerbegebiet zwischen Freienohl und Oeventrop
Friedo Volpert hat sich einen Rückzugsort geschaffen. Käme das Gewerbegebiet, gehört auch sein 3000 Quadratmeter großes Gelände dazu. © Funke Medien NRW | Ute Tolksdorf

Rückzugsort in Brumlingsen

Volpert hat vor Jahren ein Grundstück, angrenzend ans Autohaus Schmidt im Gewerbegebiet Brumlingsen, gekauft und sich dort auf 3000 Quadratmetern einen Rückzugsort geschaffen. „Früher waren das hier Kleingärten für die Menschen in der Rümmecke“, berichtet er. „Die alten Leute sind gestorben und die jungen wollten das nicht mehr machen.“ Volpert pflanzt Kartoffeln und Obstbäume und lässt ansonsten der Natur ihren Lauf. Sein Grundstück läge direkt im neuen Gewerbegebiet. „Ich verkaufe nicht“, betont er. Aber er weiß: Direkt vor seinem Garteneingang könnten große Lagerhallen entstehen.

Gewerbegebiet zwischen Freienohl und Oeventrop
Die Gewerbegebiete Wildshausen und Brumlingsen sollen massiv vergrößert werden. © Funke Medien NRW | Ute Tolksdorf

Kaum noch produzierendes Gewerbe

Carsten Rose hält die Entwicklung grundsätzlich für fragwürdig. Das Gewerbegebiet sei vor allem vorgesehen für produzierendes Gewerbe, „aber Deutschland verliert besonders hier die Wettbewerbsfähigkeit“, sagt er: „Wo und wann hat sich hier denn zuletzt produzierendes Gewerbe angesiedelt?“ Er findet, es gäbe neben den freien Flächen in Wildshausen auch sonst noch ausreichend Leerstände im Mescheder Stadtgebiet, die erst mal vermarktet werden müssten: vom geplanten und nicht realisierten Autohof mit Burger-King in Enste, über Leerstände wie Pfiff Reitsport und Wofi-Leuchten in Freienohl, bis zu Flächen neben der A46, die von Solarenergie besetzt würden, statt die Paneele auf die Dächer von Industriebauten zu setzen.

Gewerbegebiet zwischen Freienohl und Oeventrop
Vivien Brüggemann, Friedo Volpert und Carsten Rose blicken auf das geplante Mega-Gewerbegebiet zwischen Freienohl und Oeventrop. Sie beklagen den Verlust der Natur und ärgern sich über massive Geldverschwendung, die vor allem für die Erdbewegungen nötig wären, um den Großteil des Geländes zu terrassieren. © Funke Medien NRW | Ute Tolksdorf

Unterschiedliche Interessen

Ihm ist klar, dass es insgesamt viele unterschiedliche Interessen gibt: Menschen, die hoffen, durch den Verkauf der Grundstücke Gewinn zu erzielen, andere, die auf Befindlichkeiten von Nachbarn Rücksicht nehmen oder sich dem Fraktionszwang unterworfen haben. Rose ist es wichtig, dass die Auswirkungen, die ein solches Gewerbegebiet hat, frühzeitig bei den Bürgern ankommen und dort auch diskutiert werden. „Dann soll sich jeder seine Meinung bilden. Die Menschen sollten jetzt verstehen, worum es geht. Nicht, wenn es zu spät ist.“

Gewerbegebiet zwischen Freienohl und Oeventrop
Fotos von Vivien Brüggemann zeigen die Tierwelt, die sie auf ihren Spaziergängen entdeckt hat.  © Funke Medien NRW | Vivien Brüggemann

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Hintergrund

Das Baugebiet soll die wirtschaftliche Zukunft der Städte Meschede und Arnsberg sichern. Allein Meschede steuert 30 Hektar bei. Die Anbindung soll über eine noch zu bauende Straße direkt an der Autobahn-Anschlussstelle an der Scherse erfolgen.

Aktuell laufen die ersten Vorplanungen über ein Dortmunder Ingenieurbüro. Es kann aber laut Stadtverwaltung noch fünf bis zehn Jahre dauern, bis die ersten Bagger rollen.

Es gibt 38 betroffene Eigentümer. 46 Prozent der gesamten Flächen liegen laut Stadt in der Hand von zwei Eigentümern. Ein Vorkaufsrecht für die Städte soll verhindern, dass mit Flächen spekuliert wird.

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