Meschede. Das Kreisgesundheitsamt plant eine Kampagne für die Masern-Impfung. Bevor es teuer wird, setzen die Organisatorinnen auf Aufklärung.

Masern sind wieder auf dem Vormarsch. In diesem Jahr sind bundesweit schon jetzt die Fallzahlen erreicht, die 2023 bis Ende Dezember gezählt wurden. Dabei gibt es eine Impfpflicht. Andrea Gerbracht, Sachgebietsleiterin Kinder-, Jugend- und Zahngesundheit im HSK-Gesundheitsamt in Meschede, und die medizinische Leiterin des Sachgebiets, die Ärztin Heba Awwad, erläutern, warum die Erkrankung so gefährlich ist und was die Behörde plant, um die Impfpflicht auch durchzusetzen.

Wie viele Masernfälle gab es 2023?

Heba Awwad: Wir hatten im HSK 2023 keinen Masernfall, in diesem Jahr neun Erkrankungen. Bundesweit ist das Ausmaß deutlicher: 139 Fälle gab es 2023, bis Juni 2024 waren es 333.

Was droht, wenn man sich nicht gegen Masern impfen lässt – und erkrankt?

Heba Awwad: Masern sind eine häufige schwer verlaufende Krankheit, anfällig dafür sind besonders Kinder unter fünf Jahren und Erwachsenen über 20 Jahren. Sie gehören zu den ansteckenden Infektionskrankheiten und verbreiten sich über Tröpfcheninfektion sowie durch Kontakt mit infektiösen Sekreten aus Nase oder Rachen. Es beginnt wie eine Erkältung 8 bis 10 Tage nach der Ansteckung mit Fieber, Schnupfen, Husten und eine Bindehautentzündung.Erst nach etwa 14 Tagen zeigt sich der Ausschlag. Ansteckungsgefahr besteht bereits 4 Tage vor Auftreten des Hautausschlags bis 4 Tage danach . Das Problem ist: Masern schwächen das Immunsystem, sodass man über Monate oder Jahre anfällig für weitere Erkrankungen bleibt. Sie können Lungenentzündungen, Mittelohrentzündungen sowie schwere Bindehautentzündungen auslösen. Seltener können Komplikationen wie eine Gehirnentzündung auftreten. Treten Masern in frühen Kindesalter auf, besteht ein erhöhtes Risiko für die seltene, stets tödliche verlaufende Gehirnerkrankung SSPE. Dabei wäre das alles durch die Impfung vermeidbar.

Es gibt seit 2020 die Masern-Impfpflicht, wegen Corona wurde sie ausgesetzt. Doch jetzt müssen Kitas und Schulen die Impfung kontrollieren. Wie läuft das?

Andrea Gerbracht: Schulen und Kitas fordern den Impfnachweis von Mitarbeitern, die nach 1970 geboren wurden und den Eltern der Kinder ein. Das kann über den Impfausweis erfolgen sowie über den ärztlichen Titer-Nachweis. Wer sich aus medizinischen Gründen nicht impfen lassen darf, braucht ein Attest. Es ist auch möglich, dass eine Kita, den Nachweis formlos an die Grundschule oder die Grundschule ihn an die weiterführende Schule meldet.

Gibt es da auch schon mal Ärger? Und welche restriktiven Maßnahmen sind dann möglich?

Andrea Gerbracht: Es gibt Impfverweigerer, ja, aber Respektlosigkeiten oder Beschimpfungen wie bei Corona gab es bisher nicht. Allerdings gab es bisher auch noch keine Restriktionen. Die werden aber aktuell landesweit erarbeitet. Für Erzieherinnen und Lehrer und medizinisches Personal bedeutet das in letzter Konsequenz ein Tätigkeitsverbot. Da haben wir im HSK einzelne Fälle. Bei den Kindern ist das schwieriger. Da steht die Schulpflicht über der Impfpflicht. Möglich sind allerdings der Ausschluss von der Ganztagsbetreuung oder ein Bußgeld. Aber wir setzen hier auf Akzeptanz durch Aufklärung und machen da vor allem im direkten Gespräch gute Erfolge. Für manche Zuwanderer ist die Hürde zu groß, ein Schreiben zu lesen und sich dann online einen Termin zu machen. In Schmallenberg findet daher jetzt beispielsweise ein dezentraler Impftermin in einer Grundschule statt.

Über welche Zahlen reden wir hier eigentlich?

Andrea Gerbracht: Wir haben im Frühjahr 300 Eltern angeschrieben, deren Kinder noch nicht geimpft waren. Dabei haben einige Schulen ihre Zahlen bisher noch gar nicht gemeldet. Und wir sprechen auch immer wieder Eltern bei der Schuleingangsuntersuchung an. Die Impftermine in Arnsberg und Meschede sind schon fast ausgebucht. In Brilon gab es kaum Anmeldungen.

Wer verweigert sich und welche Argumente hören Sie dann?

Andrea Gerbracht: Impfschäden in der Familie sind ein häufiges Argument und religiöse Gründe. In diesen Gruppen wird oft auch das Beratungsgespräch abgelehnt.

Sich nicht gegen Masern zu impfen, sei unsolidarisch, heißt es oft. Würden Sie das unterstreichen?

Heba Awwad: Um Masern auszurotten, brauchen wir die Herdenimmunität. Wir Geimpfte schützen dann die Schwächsten, Säuglinge, alte Menschen und die, die sich nicht impfen lassen können, vor einer Infektion. Da es sich um eine Dreifachimpfung handelt, kümmern wir uns gleichzeitig um Mumps und Röteln. Und der Impfstoff ist seit 40 Jahren erprobt, man muss keine Angst vor Impfschäden haben.

Die Mitarbeiterinnen des Gesundheitsamtes, Hedi Maier-Dessureault und Miriam Schneider, impfen gegen Masern. 
Die Mitarbeiterinnen des Gesundheitsamtes, Hedi Maier-Dessureault und Miriam Schneider, impfen gegen Masern.  © Funke Medien NRW | HSK

>>> Hintergrund

Der Kinder- und Jugendärztliche Dienst des HSK-Gesundheitsamtes bietet drei Impftermine in den Kreishäusern Meschede, Brilon und Arnsberg an. Dabei folgt das Gesundheitsamt der Empfehlung der Ständigen Impfkommission (STIKO) und verwendet den Dreifachimpfstoff gegen Mumps, Masern und Röteln (MMR).

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Termine sind, jeweils vormittags: Arnsberg (Eichholzstraße 9): Dienstag, 18. Juni, Meschede (Steinstraße 27): Mittwoch, 19. Juni, Brilon (Am Rothaarsteig 1): Donnerstag, 20. Juni. Es können online Termine gebucht werden. Sollte Interesse an einer wohnortnahen Impfung bestehen bzw. in der Schule, bittet das Gesundheitsamt um Rückmeldung. Bei der Impfung der Kinder/Jugendlichen muss mindestens ein Sorgeberechtigter des Kindes anwesend sein. Außerdem sollte der Impfausweis mitgebracht werden.

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