Nuttlar. Die Nuttlarer Talbrücke wurde auf erste Schäden geprüft. Ein Brückenprüfer erzählt von seiner Arbeit an der höchsten Autobahnbrücke in NRW.
In 115 Metern Höhe in einem Metallkorb, der an vier Stahlseilen hängt. In diesem Korb befindet sich Max Gruschke. Was sich anhört nach einer Freizeitaktivität mit dem extra Adrenalinkick, ist harte Arbeit. Max Gruschke und seine Kollegen vom Bauwerksmanagement prüfen die Nuttlarer Talbrücke in Bestwig. Eigentlich ein Routineeingriff, aber an der höchsten Brücke NRWs eben doch auch für die Brückenprüfer ein ganz besonderer Arbeitstag:
Sie sind noch nicht allzu lange dabei, wie kamen Sie auf die Idee Brückenprüfer zu werden?
Max Gruschke: Ich arbeite erst seit März als Brückenprüfer bei der Autobahn Westfalen. Vorher war ich Laborleiter einer Betonfirma. Ich bin gelernter Baustoffprüfer. Da war der Schritt zum Brückenprüfer nicht mehr allzu groß. Mich faszinieren Autobahnbrücken schon seit meiner Kindheit. Es sind große Bauwerke, die eine hohe Ingenieurleistung fordern.
Ist es etwas Besonderes für Sie gewesen, an der Nuttlarer Brücke zu arbeiten?
Auf jeden Fall. Ich habe vorher schon an einer 90 Meter hohen Brücke gearbeitet. Aber natürlich ist es auch einfach etwas Besonderes, an der höchsten Brücke NRWs arbeiten zu dürfen.
Hatten Sie mit der Höhe keine Probleme?
Ach Quatsch. Natürlich ist einem die ersten Minuten dort oben, in 115 Metern Höhe, ein bisschen komisch im Bauch, aber an das Gefühl gewöhnt man sich dann auch ganz schnell. Wenn man dann losarbeitet, ist man sowieso sehr fokussiert und vergisst die Höhe etwas. Und beim Pfeilerwechsel hatte ich dann sogar kurz Zeit, die Aussicht zu genießen.
Was genau ist eigentlich eine Brückenprüfung?
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Die Prüfung in Nuttlar war eine Hauptprüfung. Die findet alle sechs Jahre statt und ist die umfassendste aller Brückenprüfungen. Drei Jahre nach der Hauptprüfung erfolgt die einfache Prüfung der Brücke, eine sogenannte Sichtprüfung. Da wird etwas grober geschaut, ob alles in Ordnung ist. Außerdem findet in den Jahren ohne Prüfung eine ausführliche Besichtigung der zuständigen Autobahnmeisterei statt. An der Nuttlarer Brücke haben wir jetzt keine Schäden feststellen können – es ist alles in bester Ordnung.
Und was genau machen Sie bei einer Hauptprüfung?
Erst begehen wir die Fahrbahn, gucken nach Rissen, dann geht es in den Brückenhohlkasten, da wird auch noch mal geschaut, ob alles in Ordnung ist. Den Beton der Brücke prüfen wir, indem wir auf einer Plattform stehend mit einem Hammer von unten gegen die Brücke klopfen. Dadurch können wir kleine Risse im Beton hören. Und und dann fahren wir noch die Pfeiler in einem Metallkasten ab. Da sind dann immer zwei Kollegen drin, er ist ganz schön eng. Aber Angst hat man keine, man muss sich eben auf seine Kollegen und vertraut ihnen.
Ein Job, den nicht jeder machen kann. Sind sie auch privat ein Adrenalin-Junkie?
(lacht) Ja, tatsächlich ist das so. Ich gehe gerne mit meiner Freundin in den Kletterwald. Bin auch schon auf dem Burj Khalifa (Anm. d. Redaktion: ein 828 Meter hoher Wolkenkratzer) in Dubai gewesen. Ich habe auch schon einen Fallschirmsprung gemacht, ja, ich glaube man kann sagen, dass ich Nervenkitzel mag.
Hintergrund
Nuttlarer Brücke ist ein „Paradebeispiel“
Die Autobahn Westfalen hat mit 2,9 Millionen Quadratmetern die höchste Brückenfläche aller Niederlassungen in ganz Deutschland.
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Torsten Ziolek, ebenfalls Brückprüfer und im Einsatz an der Nuttlarer Talbrücke gewesen, weiß, dass jede Brücke eine Patientenakte hat, in der jeder kleine Schaden festgehalten wird. „ Die Akte der Nuttlarer Brücke ist aber noch dünn“, sagt er. „Selbst von den jungen Brücken ist Nuttlar ein Paradebeispiel. Die Brücke wurde sauber verarbeitet, wir waren damals sehr zufrieden mit der Baufirma, und das sieht man auch jetzt noch am Produkt.“
Vor den Brückenprüfarbeiten wird der Wetterbericht gründlich gecheckt, da Windböen die Arbeit unter einer Brücke sehr gefährlich machen können. Somit musste auch die Arbeiten am 14. Juli, dem Tag des großen Unwetters, verlegt werden.