Meschede. Warum wir auf die Tricks von Dieben und Betrügern immer wieder reinfallen? Dazu Polizist Oliver Milhoff aus Meschede: Er kennt die Gründe.
In einem Supermarkt wird eine Meschederin von einer Frau auf Englisch angesprochen. Während sie freundlich Auskunft zu einem Shampoo gibt, klaut ihr ein Mann das Portemonnaie aus dem Einkaufskorb. Wenige Minuten später hat das Diebes-Pärchen 1000 Euro vom Konto abgehoben. Polizeibeamter Oliver Milhoff vom Kommissariat Vorbeugung erklärt, wie Diebe es immer wieder schaffen, uns zu überrumpeln.
Wie schaffen es Diebe, uns so abzulenken und unser Vertrauen zu missbrauchen, dass wir unaufmerksam werden?
Oliver Milhoff: Diebe und Betrüger nutzen den Augenblick der Unachtsamkeit oder den kurzen Moment der Fokussierung auf ein bestimmtes Detail. In Ihrer Geschichte war es das Lenken der Aufmerksamkeit auf das Shampoo. Hinzu kommt oft, dass gerade ältere Menschen dazu erzogen sind, sich hilfsbereit, gutgläubig und höflich zu verhalten. Perfide agierende Ganoven nutzen das teils schamlos aus.
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Wie kann ich als Opfer einen Diebstahl und auch den Verlust des Vertrauens am besten verarbeiten? Wie kommt man darüber weg, dass man „versagt“ hat.
Als Opferschutzbeauftragte möchten wir den Geschädigten vermitteln, dass die Schuld allein beim Dieb oder Betrüger zu sehen ist und niemals beim Opfer. So versuchen wir das Schamgefühl der Geschädigten deutlich zu senken. Darüber hinaus gibt es etliche Menschen, die Opfer eines Betruges oder Diebstahls werden. Es handelt sich hierbei also um keinen Einzelfall und es ist auch keine Sache verminderter Intelligenz. Und uns ist es außerdem wichtig, dass das Opfer die Tat anzeigt. Jede nicht angezeigte Straftat ist grundsätzlich folgenlos für den Täter.
Für wen ist es sinnvoll, sich beim Opferschutz zu melden?
Jeder Mensch reagiert anders, falls er durch eine Straftat betroffen ist. Deshalb kann es für jeden sinnvoll sein. Der Körper reagiert unterschiedlich und zumeist natürlich auf das „unnatürliche“ Ereignis der Straftat. Hier bedarf es in der Regel lediglich etwas Zeit und Abstand zur Tat. Zumeist empfinden ältere Mitmenschen die sogenannte Kriminalitätsfurcht stärker als jüngere Menschen, auch wenn die tatsächlichen Opfer-Zahlen für die Gruppe der Senioren dieses nicht widerspiegeln. Wir vom Opferschutz vermitteln auch weiter an Hilfeeinrichtungen, wie zum Beispiel den Weißen Ring, der finanzielle und psychologische Hilfe für Kriminalitätsopfer anbietet.
Hilft Bestohlenen ein Gerichtsprozess und wenn ja, warum?
Fraglich ist, ob es aufgrund eines Taschendiebstahl zum Gerichtsprozess kommt. Die Rückmeldung an das Opfer, dass der oder die Täter ermittelt wurden, reicht vielen Geschädigten aus. Aber es wäre als Polizei unehrlich, hier zu schreiben, dass uns das in jedem Fall gelingt. Daher sind wir wirklich auf die Anzeige angewiesen. Geben Sie mit der Anzeigenerstattung der Polizei die Chance, Ermittlungen aufzunehmen!
Eigentlich kennen wir alle Warnungen und alle Tricks. Haben Sie noch Ideen, wie man die Bürger so warnt, dass sie im entscheidenden Moment auch aufmerksam sind.
Ich habe schon überlegt, mir ein Piktogramm zu besorgen, mit dem man „Achtung Taschendiebe“ auf Parkplätzen vor Discountern sprüht. Als reine Erinnerungshilfe sozusagen. Das wirkt vielleicht verstärkend zu den vielen Vorträgen, die ich zu dem Thema schon gehalten habe. Auf der anderen Seite dürfen wir die Leute mit dem Thema auch nicht überfluten. Taschendiebstahl ist ja nur ein Thema von vielen.
Für ein Piktogramm müsste man allerdings erst mal die Märkte gewinnen. Und die könnten das möglicherweise als Negativ-Meldung ablehnen.
Das mag sein. Obwohl das auch in ihrem Sinn sein müsste, die Kunden zu warnen und Taschendiebe abzuschrecken. Früher gab es ja auch in großen Kaufhäusern regelmäßig Lautsprecherdurchsagen, die vor Taschendieben warnten. Das habe ich allerdings schon lange nicht mehr gehört.
>>> Was sonst noch wichtig ist:
Was sind die wichtigsten Tipps, die man beherzigen sollte, um sich gegen Diebstahl und Betrug zu
wappnen?
• Rechnen Sie vor allem in Menschenmengen damit, dass Diebe Sie ablenken wollen, um Sie zu bestehlen. Bleiben Sie misstrauisch, wenn Sie von Unbekannten angesprochen werden - mit welchem Anliegen auch immer.
• Tragen Sie Wertsachen und Dokumente nicht in der Handtasche bei sich, sondern verteilen Sie sie in verschlossenen Innentaschen Ihrer Oberbekleidung. Empfehlenswert sind auch Brustbeutel, Gürtelinnentaschen oder Geldgürtel.
• Tragen Sie Ihre Hand- oder Umhängetasche stets verschlossen unter dem Arm geklemmt und mit dem Verschluss zum Körper. In Geschäften, Fußgängerzonen oder ähnlich belebten Bereichen sollten Sie auch Rucksäcke immer verschlossen unter dem Arm tragen.
• Verwahren Sie Wertgegenstände wie Geldbörse, Mobiltelefon und Schlüssel nicht in der Einkaufstasche, dem Einkaufskorb oder Einkaufswagen und legen Sie Ihr Portemonnaie an der Kasse nicht aus der Hand.
• Lassen Sie Gepäck und Wertsachen nie aus den Augen. Nehmen Sie Geldbörsen, Mobiltelefone, Schlüssel usw. immer aus Kleidungsstücken, die Sie an Garderoben oder über Stuhllehnen hängen. In Restaurants oder Cafés Taschen nicht an die Stuhllehne hängen, sondern auf Ihren Schoss stellen oder auf den Boden, fixiert zwischen Ihren Füßen. Legen Sie ihr Mobiltelefon nicht offen auf den Tisch, sondern behalten Sie es in einer verschlossenen Tasche.
• Führen Sie nur so viel an Bargeld mit, wie Sie brauchen.
• Notieren Sie sich die Daten Ihrer Geldkarten (Kontonummer und Bankleitzahl) und die Geräte-Nummer (IMEI) ihres Handys. Nehmen Sie die Notizen niemals mit, sondern bewahren Sie sie sicher Zuhause auf.
• Notieren Sie niemals die vierstelligen PIN-Codes von Debit- oder Kreditkarten sowie Mobiltelefonen, sondern lernen Sie diese auswendig!