Schmallenberg/Kiew. Nadja Hochstein ist Schmallenbergerin. Aber gebürtig kommt sie aus der Ukraine. Sie hat Angst um ihre Verwandten in Kiew.
Nadija Hochstein telefoniert in diesen Tagen sehr viel mit ihren Verwandten, weil sie sich große Sorgen um sie und ihre Heimat macht. Sie ist halb Ukrainerin, halb Russin und kommt aus Kiew aber wohnt seit 1985 im Schmallenberger Stadtgebiet. Im Interview erzählt sie, wie sie Kontakt zu ihren Verwandten hält und wie die Menschen vor Ort die Kriegsgeschehnisse wahrnehmen.
Wie geht es Ihren Verwandten in der Ukraine?
Nadija Hochstein: Eine meiner Cousinen wohnt direkt in Kiew. Sie und ihre Familie sind jetzt zur Zeit in einem Haus am Stadtrand und halten sich größtenteils im Keller auf. Ich habe jeden Tag Kontakt zu ihnen. Meine Cousine und ihre Familie sind sehr mutig und tapfer. Sie haben Hoffnung, dass der Krieg bald vorbei sein wird. Ich schicke ihnen ab und zu Fotos von den Demonstrationen und Friedenskundgebungen hier aus Deutschland zu. Diese Solidarität schenkt meiner Familie in der Ukraine viel Kraft.
Wie erlebt ihre Familie die derzeitige Situation in der Ukraine?
Die Ukrainer sind ein stolzes Volk. Viele von ihnen sind mutig und wollen kämpfen bis zum letzten Mann. Ich habe noch eine andere Cousine, sie wohnt in Odessa. Sie sucht mit Ihrer Familie wie viele andere Menschen in diesen Tagen Schutz in U-Bahnstationen. Diese werden als Luftschutzbunker genutzt. Sie arbeitet in einem Kinderkrankenhaus und geht auch in diesen Tagen dort arbeiten. Viele Ukrainer gehen weiterhin arbeiten. Sie wollen ihren Alltag so gut es geht fortführen.
Also trotz Angst auch ganz viel Mut.
Ja, das stimmt. Übrigens, mein Name Nadija heißt auf ukrainisch Hoffnung. Und die ist ganz wichtig in dieser Zeit
Wie geht es Ihnen, wenn Sie Fotos von Ihrer zerstörten Heimatstadt sehen?
Ich kenne dort jedes Haus. Ich war zuletzt 2019 in Kiew, um meine Familie zu besuchen. Wenn ich die Bilder jetzt im Fernseher sehe, habe ich meine eigene kleine Karte im Kopf. Ich überlege, ob ich Leute kenne, die in den gezeigten Häusern wohnen. Das ist sehr belastend.
Wie nehmen Ihre Verwandten vor Ort die Angriffe wahr?
Meine Familie hat mir erzählt, dass das russische Militär nicht gut vorbereitet wirkt. Die Soldaten sind nicht gut verpflegt. Sie plündern sogar Häuser. Putin dachte vermutlich, dass Kiew in 24 Stunden eingenommen ist und es damit erledigt gewesen wäre. Ich glaube, er hat nicht mit einem solchen Widerstand gerechnet. Sonst sind meine Verwandten sehr gefasst. Wenn es einen Alarm gibt, gehen sie in ihre Keller oder die U-Bahn-Stationen. Sie sitzen die Kriegssituation aus.
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Wie geht es Ihnen?
Ich denke jede Minute nur an den Krieg. Die Situation vor Ort kann sich jede Sekunde verändern. Ich bin sehr angespannt. Noch kann ich alle meine Verwandten gut per Telefon erreichen, das freut mich. Aber natürlich mache ich mir um meine Familie und alle Ukrainer große Sorgen. Wenn dort jemand verletzt wird, hoffe ich dass sie medizinisch versorgt werden können. Es gibt es schon Versorgungsprobleme. Gerade was Medikamente, Verbandsmaterial und Lebensmittel angeht.
Viele Menschen hier aus Schmallenberg wollen helfen. Was würden Sie sagen kann man tun, um zu helfen?
Im Moment nicht viel. Ich wurde schon vermehrt angesprochen, wo man Spenden hinschicken könnte. Zur Zeit braucht die Ukraine militärische Unterstützung. Alle Sachspenden kommen derzeit gar nicht in Kiew direkt an, die Stadt ist umstellt von der Russischen Armee. Wenn man die Möglichkeit hat, Kleidung, Medikamente oder Lebensmittel nach Polen an die Grenze zu schicken, ist das im Moment glaube ich schon sinnvoll. Dort kommen viele Flüchtlinge an. Später beim Wiederaufbau wird dann in der Ukraine viel Hilfe nötig sein, aber so weit sind wir leider noch nicht.