Wehrstapel. Ein Idyll am Rande von Wehrstapel: Wie es ein Dortmunder Paar dorthin verschlagen hat und wie es hier zu Selbstversorgern werden möchte.

Im Garten von Pia Gaudecki und ihrem Mann Kevin geht es wild zu. Vor allem wenn die 24-Jährige mit dem Futtereimer ums Eck biegt. Dann kommen Puten und Hühner aus Sträuchern und Hecken herangesprintet und holen sich ihre Portion Körner ab. In diesem kleinen Idyll am Waldesrand in Wehrstapel sind die beiden gebürtigen Dortmunder seit gut anderthalb Jahren dabei, sich den Traum der Selbstversorgung zu erfüllen. Und sie befinden sich auf einem guten Weg.

Durch Zufall in Wehrstapel gelandet

Ein Haus im Grünen sollte es sein, wo man Tiere halten sowie Obst und Gemüse anpflanzen kann. Um fündig zu werden, hat Pia Gaudecki damals willkürlich einen gewissen Radius von ihrer Dortmunder Wohnung aus in einem Online-Immobilienportal eingestellt. Und ist aus purem Zufall auf das kleine Häuschen am Rande von Wehrstapel gestoßen. Pünktlich zum ersten Lockdown im Frühjahr 2020 ist sie mit ihrem heutigen Ehemann, Katzen und Hund nach Meschede gezogen. „Das Timing war grundsätzlich super, wir haben hier natürlich viel mehr Platz, was für die Lockdown-Zeit viele Vorteile hatte. Nur was den Umzug anging hatte ich Sorge, dass uns niemand helfen darf aufgrund der Kontaktbeschränkungen. Letztlich hat aber alles gut funktioniert“, erzählt die Neu-Meschederin vom Start ihres großen Abenteuers.

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Eier in drei verschiedenen Farben: Die sind nicht gefärbt, sondern werden so von Pia Gaudeckis Hühnern gelegt.
Eier in drei verschiedenen Farben: Die sind nicht gefärbt, sondern werden so von Pia Gaudeckis Hühnern gelegt. © Unbekannt | Christina Schröer

Während ihr Mann als Informatiker ohnehin stets im Homeoffice arbeitet, hat sie sich seither ihr eigenes kleines Paradies im großzügigen Garten geschaffen. Auf der großen Holzterrasse erinnert ein letzter weißer Papier-Bommel daran, dass die beiden hier in diesem Sommer nicht nur an ihrem Selbstversorger-Plan gearbeitet haben, sondern auch ihre Hochzeit mit Familie und Freunden zelebriert wurde. „Normalerweise verbringen hier aber die Hühner und Puten viel Zeit, weil der Holzboden so schön warm wird, wenn die Sonne scheint“, sagt Pia Gaudecki, die vor Corona in der Gastronomie tätig war und sich heute ganz auf ihre Mini-Landwirtschaft konzentriert.

Denn neben dem selbst angebauten Gemüse, den Eiern, dem Honig und dem Fleisch der Hühner für den Eigenbedarf, verkauft sie auch einen kleinen Teil dessen, was sie sie erntet. In die Hühnerzucht hat die 24-Jährige sich in den vergangenen Jahren eingelesen und aus ihren eigenen Erfahrungen gelernt. Inzwischen wachsen bei ihr vom Brutei bis zum ausgewachsenen Tier ganz besondere Rassen auf, die auch spezielle Kenntnisse erfordern. Die wohl exotischsten Mitbewohner sind die Ayam Cemani Hühner. „Die kommen ursprünglich aus Indonesien und gelten dort als Delikatesse und Aphrodisiakum. Ihr Gefieder, ihr Fleisch und ihre Knochen sind schwarz. Die Eier hingegen sind komplett weiss“, erklärt Pia Gaudecki.

Grün-blaue Eier sind besonders beliebt

Blau-grünliche Eier legen hingegen ihre Araucana-Hühner, die aus Südamerika stammen, sich aber offensichtlich auch in Wehrstapel pudelwohl fühlen und dort fleißig Eier legen. Hinzu kommen noch die schwedischen Blumenhühner, die in den gemütlichen, mit Stroh ausgelegten Brutstätten, cremefarbene Eier beisteuern. Wenn man am kleinen Eierstand ganz oben in der Straße Am Mühlenloh vorbeischaut, um frische Eier auf Vertrauensbasis zu kaufen, hat man also im wahrsten Sinne die bunte Auswahl. „Die grünen Eier sind tatsächlich sehr beliebt oft am schnellsten vergriffen“, berichtet Pia Gaudecki. Geschmacklich tun sich die drei Sorten aber nichts. Lediglich Farbe und Größe variieren.

Pia Gaudecki bietet Eier an einem kleinen Verkaufsstand in ihrer Straße „Am Mühlenloh“ in Wehrstapel an.
Pia Gaudecki bietet Eier an einem kleinen Verkaufsstand in ihrer Straße „Am Mühlenloh“ in Wehrstapel an. © Unbekannt | Christina Schröer

Puten-Polizei sorgt für Ordnung

Um die Hühner vor Angreifern aus der Luft, wie Habichten und Milanen, zu schützen, hat die 25-Jährige vor einem halben Jahr ihre gefiederte Familie um Puten erweitert. „Die Puten geben bei Gefahr Klickgeräusche von sich und warnen damit Hühner, die sich dann wiederum in Hecken und Büschen verstecken. Da es unmöglich ist, das ganze Grundstück mit einem Netz abzuhängen, ist das eine gute Schutzmöglichkeit“, berichtet sie, dass die Puten auch bei fremden Zweibeinern recht aufmerksam sind und im Gegensatz zu Hütehündin Hailey, die ebenfalls zu Familie gehört, nicht jeden aufs Grundstück lassen und zur Begrüßung erst einmal ein Rad schlagen, um die vermeintlichen Feinde abzuwehren.

Durch den Schutz der wachsamen Puten-Polizei können die Hühner nun in Frieden und Sicherheit ihr Leben auf dem großzügigen Grundstück genießen und ihren Teil dazu beitragen, dass Pia Gaudecki und ihr Mann sich vielleicht schon bald voll und ganz selbst versorgen können.

Bunte Eier aus Wehrstapel:

  • Pia Gaudecki bietet Eier an einem kleinen Verkaufsstand in ihrer Straße „Am Mühlenloh“ in Wehrstapel an. Ein Ei kostet aktuell 30 Cent, bezahlt wird auf Vertrauensbasis. Meist stellt sie sonntags frische Eier bereit.
  • Wer die werdende Wehrstapler Selbstversorgerin und ihre Tiere gern verfolgen möchte, kann ihr bei Instagram folgen. Unter dem Namen „Backyard_farm_de“ findet man ihren Account mit spannenden Eindrücken aus Pflanzen- und Tierwelt.