Meschede. Blumen und Friedenstauben haben Unbekannte vor dem Mix-Max-Geschäft in Meschede abgelegt. Der Inhaber erlebt in diesen Tagen Ungewöhnliches.
Im Mix-Max-Markt von Viktor Hepner am Galiläaer Weg in Meschede liegen ukrainische neben russischen Waren, polnische Pierogi neben Pelmeni aus Russland. Russische Limonade steht in den Regalen, die in Deutschland hergestellt wird. Eingelegte Heringe aus Belgien und Trockenfleisch aus Norwegen liegen in der Fisch- und Fleischtheke. Dazu kommen Artikel aus Litauen, Rumänien und Moldawien. „Wir bieten Produkte aus vielen Ländern“, sagt der Inhaber, „vor allem aber aus Osteuropa“. In seinem Geschäft will er vor allem eins: Dass Frieden herrscht. Doch das ist nicht so einfach in diesen Tagen. Manch einer sieht hier eine Art russisches Zentrum und leitet daraus die unterschiedlichsten Sorgen und Anschuldigungen ab.
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Vor 32 Jahren aus Omsk in Sibirien nach Meschede
Die Familie Hepner kam vor 32 Jahren aus Omsk in Sibirien nach Deutschland. „Wir sind Russlanddeutsche“, sagt Viktor Hepner. „Zu Hause wurde nur Deutsch gesprochen. Meine Mutter konnte nicht ein Wort Russisch schreiben.“ Geboren wurde sie jedoch in der Ukraine und dann unter Stalin als Kind nach Sibirien verschleppt. Vielleicht kommt daher auch seine Nähe zu dem Land, in dem jetzt Krieg herrscht. Er habe viele Bekannte in Kiew. Doch letztlich sei für ihn ein Mensch so viel wert wie der andere, solange er sich an Recht und Gesetz halte und den Frieden wahre.
Seine Kunden sind Deutsche, Russlanddeutsche, Polen, Rumänen, Bulgaren und auch Syrer. Sie decken sich hier mit Lebensmitteln ein, die nach Heimat und Kindheit schmecken. Manche sehen das Geschäft aber offenbar auch als zentralen Anlaufpunkt, für den Kontakt zu Russland und der Ukraine. Sie versuchen Frieden zu stiften und ihn zu finden.
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Blumen vor der Tür und eine Friedenstaube
„Wir hatten schon Blumen vor der Tür liegen und eine Friedenstaube“, erzählt Hepner. Eine ältere Dame, die er nicht kannte, stand in seinem Laden und sah sich um. Als er zu ihr ging, ihr die Hand auf die Schulter legte und sagte: „Es ist schön, dass Sie hier sind“, sah sie ihn an und sagte . „Wir müssen doch alle friedlich zusammenleben.“ Viktor Hepner stimmte ihr zu. „Ich hatte mir schon gedacht, dass das ihr Beweggrund war, in den Laden zu kommen“, sagt der gläubige Christ, der zur Kreuzkirchengemeinde im Schwarzen Bruch gehört. Auch ein älterer Mann habe sich offenbar solidarisch zeigen wollen: Man dürfe nicht alle Menschen nach ihren Anführern beurteilen, sagte er im Geschäft. Und: „Das war in Deutschland nach Hitler für uns auch schwer.“
Mit manchen dieser Menschen und ihren Beweggründe kann Viktor Hepner gut umgehen. Andere machen ihm Sorgen. Deutschlandweit gab es schon Schmierereien und eingeschlagene Scheiben an russischen Läden. Er betont: „Ich bin Deutscher, auch wenn ich russisch sprechen kann.“
Baptisten sind eher unpolitisch
Auch im Geschäft ist der Krieg in diesen Tagen Thema unter den Kunden. Die Baptisten vom nahen Hainberg wollten vor allem, dass Frieden herrscht, sie seien aber unpolitisch und sprächen sich für keine Seite aus, beobachtet der Geschäftsinhaber. Schwierig sei es mit Menschen, die ausschließlich russisches Fernsehen gucken. Die würden oftmals nur eine Seite kennen und gelten lassen: die des russischen Präsidenten Putin.
Hepner hat seit den ersten Kriegstagen ukrainische Flüchtlinge durch Meschede und den deutschen Behördendschungel gelotst und für sie Wohnungen organisiert. „Ich habe Freunde und Bekannte in Russland und in der Ukraine. Ich helfe da, wo Not am Mann ist. Ich würde mir auch wünschen, dass man mir und meinen Kindern in einer ähnlichen Situation hilft.“ Politisch werde er sich nicht auf eine Seite schlagen, „aber menschlich stehe ich auf der Seite, auf der die Kinder sterben.“
Hintergrund
Bei Getreideprodukten herrscht auch im Mix-Max gähnende Leere. Die Produkte kommen zu 70 bis 80 Prozent aus der Ukraine.
Bei Produkten, die direkt aus Russland kommen greifen die EU-Sanktionen. Das gelte allerdings nur für wenige Angebote.