Oberkirchen. In Schmallenberg kämpfen Bürger gegen den zunehmenden Motorradlärm. Sie fordern für ihre Region das „Tiroler Modell“.
Die Wut der Schmallenberger gegen die Motorradfahrer nimmt zu. In Oberkirchen hatte Hubertus Dohle jetzt zu einer Bürgerversammlung gegen den Lärm der Zweiräder eingeladen. 40 Schmallenberger kamen. Ihr Fazit: „Wir müssen jetzt dranbleiben und uns weiter überregional vernetzen.“
Das letzte Wochenende war wieder einmal typisch, herrliches Sommerwetter, Zeit für die Erholung auf der Terrasse oder im Garten. In Oberkirchen ist das für die Anwohner aber kaum möglich. Da fahren Samstag und Sonntag die Motorradfahrer. Und das nicht leise tuckernd, sondern richtig laut.
„Lärm macht krank“, das weiß auch Hubertus Dohle. Er hat sich schon manches Mal an die Straße gestellt und sich symbolisch die Ohren zugehalten, damit die Motorradfahrer die Hand vom Gas nehmen. „Was passiert?“, ärgert sich Dohle. „Sie drehen noch mal richtig auf." Dabei sind es nicht wenige. Und gern fahren sie auch in Gruppen zu viert oder zu zehnt.
2000 Kräder am Wochenende
An einem Wochenende im vergangenen September waren es allein 2000 Motorräder, die bei einer Zählung der Stadt zusammenkamen, erklärt er. Kein Wunder: Die Zahl der in Deutschland zugelassenen Motorräder hat gerade wieder einen neuen Höchstwert erreicht: Am 1. Januar des Jahres 2021 belief sich der Kraftradbestand in der Bundesrepublik auf rund 4,66 Millionen. Der höchste Bestand seit 2008, damals fielen vorübergehend angemeldete Krafträder aus der Statistik. „Es sagt ja keiner was, wenn hier mal 200 durchfahren“, erklärt Dohle, aber 2000 sei einfach zu viel.
Und es komme noch weiterer Verkehrslärm hinzu. Auch Sportwagen, Schwerlastzüge und normale Lkw belasten mit ihrem Lärm die Anwohner. So wurden 1240 Lastzüge in zehn Tagen in Oberkirchen gezählt.
Dohle weiß, dass er nicht allein betroffen ist. Das Thema Lärm, und da vor allem der Motorradlärm, betreffe das gesamte Lenne- und Sorpetal. Und die Maßnahmen - egal ob Geschwindigkeitsbeschränkung oder Verbote - greife nicht. Er wünscht sich das Tiroler Modell, das bereits in einigen Landkreisen in Deutschland geprüft wird.
Das Tiroler Modell
Erstmals in der Saison 2020 und erneut in diesem Jahr gilt auf einigen Strecken in Österreich ein Fahrverbot für Motorräder mit einem Standgeräusch über 95 dB(A). Wer das Verbot ignoriert, muss mit einem Bußgeld von 220 Euro rechnen und wird zurückgeschickt. Dohle würde am liebsten noch weiter gehen: „Fahrzeuge, die zu laut sind, werden direkt aus dem Verkehr gezogen und stillgelegt.“
So einfach ist das aber nicht. Die Motorradverbände laufen Sturm gegen die Regel. Der Landrat hat Dohle erklärt, er habe Verständnis, aber keine Handhabe.
Der CDU-Landtagsabgeordnete Matthias Kerkhoff hat immerhin versprochen sich zu kümmern. Das Thema stehe auf der Agenda. „Wir sind den Motorradfahren ausgeliefert und brauchen jetzt eine Lösung.“ Die könne das Tiroler Modell bieten. Denn an eine vorher festgelegte Lautstärkeregelung könne sich ja wirklich jeder halten.
Andere aber verweisen auf die Motorradfahrer als Wirtschaftsfaktor. Das sieht Dohle nicht. „Die fahren hier doch nur durch. Motorradfahrer sind hier keine Touristen.“ Schon gar nicht die, so findet er, die die Strecke als Nürburgring nutzten. „Und selbst dort gibt es eine Mittagspause.“
>>> HINTERGRUND
Letztlich geht es der Bürgerinitiative nicht darum, weitere Strecken zeitweise zu sperren, weil sich dann nur Ausweichverkehre entwickeln.
Sie will, dass grundsätzlich alle Motorradfahrer, die zu laut sind, ein Fahrverbot erhalten.
Eine Regelung, die nicht nur lokal gedacht werden soll, sondern bundesweit und auf europäischer Ebene geregelt werden muss.
Dafür werden ab sofort Unterschriften in Oberkirchen und auch in Westfeld-Nordenau gesammelt. Die Listen liegen zum Teil auch in den Geschäften aus.