Meschede.. 100 Mal war die Meschederin Else Garske schon in Israel. „Wir müssen Kontakt halten“, sagt sie. Über die Gründe spricht sie im ausführlichen Interview.


Seit 40 Jahren reist Else Garske nach Israel. Insgesamt war sie mehr als 100 Mal dort. Erst fuhr sie privat, später organisierte sie offiziell Austausche im Auftrag des Kolpingwerkes und des Hochsauerlandkreises. Der HSK unterhält seit 26 Jahren eine Partnerschaft zur israelischen Region Megiddo in Galiläa. „Mit Leben füllen“ soll diese Partnerschaft der Freundeskreis Megiddo. Else Garske ist seit 21 Jahren seine Geschäftsführerin.

100 mal waren sie in Israel – was fasziniert Sie an dem Land?


Else Garske: Das Land selbst, die Natur, die Menschen, die Geschichte. Israel ist eigentlich winzig: nur 20 990 Quadratkilometer groß. Es ist nur 400 Kilometer lang und hat an der breitesten Stelle 90 und schmalsten Stelle nur 6 Kilometer. Es ist damit kleiner als Hessen. Doch die Landschaft ist unglaublich vielseitig. Man kann tatsächlich morgens auf dem 3000 Meter hohen Berg Hermon Skilaufen und nachmittags im Roten Meer schwimmen. Am Toten Meer beginnt die Wüste, am See Genezareth dagegen ist die Landschaft eher lieblich. Und in der Region Megiddo sieht es aus wie im Sauerland.

Und die Menschen?

Ja, die sind besonders herzlich und gastfreundlich, Juden wie Araber. Dabei werden wir Deutschen besonders freundlich empfangen - trotz unserer Geschichte. Die Juden sind dankbar, dass wir uns als einziges Land in Europa zu unserer Vergangenheit bekennen. Auch bei den Austauschen haben die deutschen Teilnehmer immer wieder bestätigt, dass sie sich in Israel sehr schnell zu Hause gefühlt haben. Heute leben in Israel acht Millionen Einwohner aus allen Teilen der Welt. 20 Prozent sind Nichtjuden. Die Menschen haben dort unter unglaublichen klimatischen Bedingungen angefangen, ihr Land zu kultivieren. Davor habe ich große Hochachtung.

Doch das Land ist auch zerrissen. Was schmerzt Sie?

Petrusfische am See Genezareth: Das in den Stein gekratzte Fischmotiv bringt die Mescheder die Meschederin gern als Geschenk mit.
Petrusfische am See Genezareth: Das in den Stein gekratzte Fischmotiv bringt die Mescheder die Meschederin gern als Geschenk mit. © Ute Tolksdorf | WP

Dass beide Seiten nicht bereit sind, aufeinander zuzugehen. Im Kleinen klappt es, aber die Politik trägt ihre Machtspiele auf dem Rücken der Menschen aus. Am Verfahrensten ist die Situation in Jerusalem. Da tun Araber wie Juden völlig verrückte Dinge. Auch die Siedlungspolitik ist von außen schwer nachzuvollziehen. Eigentlich haben beide Seiten recht und beide Seiten tun unrecht. Wenn man die politische Situation aber auf den Einzelnen herunterbricht, dann findet man unter Juden und Arabern Menschen, die in Frieden leben und arbeiten und für ihre Kinder das Beste wollen.




Aber die Situation scheint hoffnungslos verfahren. Welche Rolle spielen da Religion und Geschichte?

Ich denke, letztlich wird die Religion von der Politik instrumentalisiert. Man muss aber sehen, dass das jüdische Volk über 2000 Jahre eine Geschichte von Verfolgung und Vertreibung erlebt hat – von der babylonischen Gefangenschaft über die Kreuzritter und die Judenpogrome im Mittelalter bis zum Holocaust. Diese Erfahrung ist sehr präsent.

Sehen Sie eine Lösung? Was ist mit der Teilung in zwei Staaten?

Das kann ich mir persönlich nur schwer vorstellen. In den heutigen palästinensischen Gebieten fehlt die entsprechende Infrastruktur. Tausende Palästinenser leben in den Nachbarländern immer noch in Lagern. Auch in vielen israelischen Gegenden gibt es keine klare Trennlinie. Da leben Araber und Juden quasi Tür an Tür und doch völlig getrennt. Das fängt bei den eigenen Schulen an. Man mag sich nicht, hasst sich vielleicht sogar, aber kennt sich gar nicht. Ich glaube, beide Völker müssen miteinander in einem Staat auskommen. Da hilft nur miteinander zu reden. Und auch dafür gibt es gute Ansätze.

Welche?

Givat Haviva, eine Friedensinitiative, beispielsweise. Da leben arabische und jüdische Jugendliche in einem Camp zusammen. Beim Austausch über ihr normales Leben merken sie, dass sie ähnliche Interessen, Sorgen und Freuden haben. Darüber wächst das Verständnis. Wenn man Jugendliche, die gegen die andere Seite wettern, fragt, wen kennt ihr denn persönlich, müssen sie oft zugeben, dass da niemand ist. Seit zwei bis drei Jahren gibt es auch Städte-Kontakte. Megiddo zum Beispiel – der Partnerkreis des HSK - ist nur drei Kilometer von der nächsten arabischen Siedlung entfernt.

Was können speziell Deutsche tun?

Wir müssen Kontakt halten. Deshalb sind die Austausche so wichtig. Und wir sollten auch berichten über das, was gut läuft. Wir sehen immer nur das Negative. Aber wir müssen auch dem unterschwelligen Antisemitismus in unserem Land, den es bis heute immer wieder gibt, mutig begegnen. Und wir können Verständnis wecken. Die jüdische Geschichte darf keine Entschuldigung sein für Dinge, die falsch laufen, aber sie haben das Volk geprägt.

Sind Reisen nach Israel gefährlich?

Nein. Es gibt nicht wie in Ägypten die Moslembruderschaft, eine Gruppe, die gezielt gegen Touristen hetzt. In Israel wissen Juden und Araber, dass sie Touristen brauchen.

Private Einladung vor 40d Jahren

Else Garske ist verheiratet, hat zwei Kinder und drei Enkel. Die studierte Sozialpädagogin ist heute 68 Jahre alt.

Ihre erste Israelreise fand 1977, vor genau 40 Jahren, aufgrund einer privaten Einladung statt. Seit 1996 begleitet sie regelmäßig Reisegruppen nach Israel, Ägypten und Jordanien. Sie hat Austausche für Chöre, Tanzgruppen und Orchester organisiert.

Die nächste Reise für das Kolping-Bildungswerk Paderborn leitet sie im kommenden Frühjahr vom 26. April bis zum 8. Mai. Anmeldungen sind noch möglich. Info: else.garske@gmx.de.

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