Eslohe. Die Türen sind offen, aber die Kundenzahl ist überschaubar. Reinhold Hesse vom Tintenfass in Eslohe über das Corona-Hickhack von Land und Bund.

Eigentlich, so sollte man meinen, müsste Reinhold Hesse allen Grund zu Freude haben. Immerhin darf er als Buchhändler endlich wieder Kunden in sein Geschäft lassen. Grundsätzlich freue er sich darüber selbstverständlich auch, so sagt er. Getrübt wird seine Freude allerdings durch das Corona-Hick-Hack, das Bund und Länder in den vergangenen Wochen und Monaten angerichtet haben. Denn die Folgen bekommt Hesse, wie viele seiner Kolleginnen und Kollegen, in seinem „Tintenfass“ momentan deutlich zu spüren. „Die Menschen haben schlicht und ergreifend den Überblick verloren, was erlaubt ist und was nicht“, sagt er.

Fast alles erlaubt

Um es voranzustellen: In den Buchhandlungen ist wieder alles erlaubt. Zumindest fast alles. Die Türen des Tintenfasses sind werktags wie gewohnt von 9 bis 12.30 Uhr und von 14.30 Uhr bis 18 Uhr und an den Samstagen von 9 bis 12.30 Uhr für die Kundschaft geöffnet. Wer hinein möchte, braucht auch keinen Corona-Test. Einzige Einschränkung: Pro angefangenen 40 Quadratmetern darf nur ein Kunde in den Laden. Das aber stelle kein großes Problem dar, sagt Hesse.

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Unter anderem momentan auch deshalb nicht, weil die Kunden-Frequenz erschreckend gering sei. Aktuell, so schätzt er, komme er auf rund ein Viertel der Kundschaft, die in normalen Zeiten Tag für Tag seinen Laden besuchen. Und das liege nicht daran, dass die Menschen dem Einzelhandel den Rücken kehren. Im Gegenteil: Unter anderem anhand der gestiegen Zahlen seines eigenen Online-Shops habe er festgestellt, dass die Menschen eher ganz bewusst verstärkt auf die Unterstützung des Handels vor Ort setzen und eben nicht bei den bekannten Online-Riesen bestellen.

Resignation bei den Menschen

Dass aktuell nur wenige Kunden den Weg in seinen Laden finden, liege zum einen daran, dass viele gar nicht wüssten, dass die Buchhandlungen wieder normal geöffnet sind. Zum anderen spüre er aber auch eine deutliche Resignation bei den Menschen. „Weil kaum jemand mehr Lust hat, sich in die immer verzwickter werdenden Corona-Regeln mit all ihren Details aus Ausnahmen einzulesen, sitzen die Leute die Pandemie vielfach aus und warten darauf, dass das Ganze endlich ein Ende nimmt“, sagt Hesse.

Er sehe sehr wohl, dass die Politik in der Corona-Krise schwierige Aufgaben zu bewältigen habe. Dass man trotzdem manchmal einen gewissen Aktionismus der Politik vermuten könne, sei immer wieder Thema im Laden. Und zwar nicht, weil er die Kunden darauf anspreche, sondern weil die Kunden von sich aus darauf zu sprechen kommen. Ebenso wie sie, wünsche auch er sich einheitliche Regeln.

Zu der herrschenden Unsicherheit passt auch eine weitere Zahl, die Hesse in diesem Zusammenhang nennt. „Rund 80 Prozent der Kunden kommen sehr zögerlich in den Laden und erkundigen sich erstmal, ob sie rein dürfen und was sie dürfen“, sagt der Esloher Buchhändler. „Oder sie rufen sogar vorher an und wollen wissen, ob wir überhaupt geöffnet haben.“

Entscheidung zur Unzeit

Bei all den Änderungen, die es innerhalb des Lockdowns seit Ende des Jahres gegeben hat, hat Hesse inzwischen selbst fast den Überblick verloren, was wann erlaubt war. Erst galt „Click and Collect“, dann durften Buchhandlungen im März unter bestimmten Auflagen wieder öffnen - bis der Media-Markt vor dem Hintergrund einer Ungleichbehandlung „erfolgreich“ gegen die Ausnahmeregelungen geklagt hat. Ergebnis: Um Gleichberechtigung herzustellen, entschied das Land, dass die Buchhandlungen wieder schließen müssen. „Diese Entscheidung kam für uns zu einer Unzeit“, sagt Hesse.

Denn kurz zuvor hatte er voller Optimismus die Ware für das Osterfest und die Kommunion bestellt. Auf der sei er weitgehend sitzen geblieben. Zwischendurch sei dann irgendwann auch mal „Click and Meet“ erlaubt gewesen. Das aber habe unterm Strich so gut wie gar nichts gebracht, weil Kunden dafür einen negativen Corona-Test vorlegen mussten. „Das macht natürlich kein Mensch, wenn er sich nur ein Buch kaufen möchte“, sagt Hesse. Und das könne er auch verstehen.

Optimismus nicht verloren

Dabei sind es seit der „Wiedereröffnung“ Ende März vor allem die Bücher, die in seinem Laden nachgefragt werden. „Vor allem die Belletristik läuft gut“, sagt Hesse. „Weil die Leute ja viel Zeit zum Lesen haben.“ Was ebenfalls gut geht: Schullektüre. Hier habe es wegen des Homeschoolings eine ganze Menge Bestellungen gegeben.

Bei allen Problemen, die die Krise mit sich bringt, ist Reinhold Hesse bis heute stets optimistisch geblieben. Er gebe die Hoffnung nicht auf, dass sich die Lage bald endlich wieder normalisiere.

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Seit dem 1. Februar 2014 betreibt Reinhold Hesse das „Tintenfass“ an der Hauptstraße in Eslohe. Zuvor war Hesse zwölf Jahre lang als Niederlassungs- und Vertriebsleiter einer österreichischen Backwarenfirma in Neheim-Hüsten tätig.

Wie viele andere Buchhändler hat sich Hesse bereits vor geraumer Zeit einem so genannten „White Label Shop“ angeschlossen. Bedeutet: Kunden, die auf der Internetseite des Tintenfasses unterwegs sind, finden dort auch einen Bereich, auf dem sie Bücher, Spiele, CDs, DVDs und viele andere Dinge bestellen können.

Zu einer Besonderheit des Tintenfasses in Eslohe zählt eine ganz eigene Kartenserie. Reinhold Hesse hat als begabter Hobbyfotograf Postkarten und Klappkarten mit Motiven aus der Region selbst gestaltet.

Mittlerweile ist daraus eine eigene und exklusive Sauerlandserie unter anderem mit Magneten, Tassen, Schlüsselanhängern und Holzbrettchen geworden.