Menden/Rom. Besuchergruppe aus Menden bekommt exklusiven Zugang zur Sixtinischen Kapelle. Vatikan erwartet im Heiligen Jahr Millionen von Pilgern.
Immer wieder hört man das Martinshorn von Rettungswagen. Es wird gehupt, Autofahrer ignorieren rote Ampeln, weil Polizisten den Verkehr an Kreuzungen regeln. Immer wieder schlängeln sich Motorroller durch die stehende Pkw-Kolonne. Es ist dieses Bild von Rom, das viele Menschen kennen. Die Hauptstadt Italiens ist laut, sie pulsiert Tag und Nacht, lockt Jahr für Jahr Millionen von Touristen an. 2025 dürfte der Andrang besonders groß sein – an Heiligabend hat das Heilige Jahr begonnen, als Papst Franziskus die Heilige Pforte im Petersdom geöffnet und durchschritten hat. Der Vatikan rechnet im Heiligen Jahr mit 45 Millionen Pilgern, die es ihm gleich tun wollen. Mit einer Reisegruppe aus Menden durfte ich Rom noch vor Weihnachten anders erleben – ganz intim.
Möglich gemacht hat das Ganze ein Mann, der regelmäßig in Menden zu Gast ist: Andreas Englisch gilt als echter Papst-Kenner. Im Vatikan werden ihm Türen geöffnet, die anderen Menschen verschlossen bleiben. Zahlreiche Bücher hat Andreas Englisch geschrieben und viele im Rahmen von Veranstaltungen der Buchhandlung Daub in Menden vorgestellt. Am 26. März 2025 kommt er wieder in die Heilig-Geist-Kirche, um ab 19 Uhr sein dann gerade neu erschienenes Buch „Alle Wege führen nach Rom“ vorzustellen. Das gilt in jedem Fall für die knapp 30-köpfige Reisegruppe aus Menden, der sich auch Menschen aus anderen Städten angeschlossen haben.
Andreas Englisch wird an den vier Tagen in Rom zum engen Begleiter. Das beginnt schon mit dem gemeinsamen Abendessen in einem Restaurant der Hauptstadt. Bei italienischem Wein und Wasser erzählt Andreas Englisch über persönliche Begegnungen mit mehreren Päpsten, besonders über die mit Franziskus und seinem Vorgänger Benedikt. Wie die übrigen Gäste höre ich aufmerksam zu. In einer scheinbar abgeschotteten Welt findet Andreas Englisch Wege, von denen er früher nicht glaubte, dass er sie jemals gehen würde.
Schon am zweiten Tag der Reise steht uns eine schwierige Entscheidung bevor: Sollen wir mit Andreas Englisch den sonst verschlossenen Palazzo Colonna besichtigen oder nehmen wir an der Generalaudienz beim Papst teil? Eine Terminkollision, die nicht aufzulösen ist. Das Gros der Gruppe folgt den Spuren von Andreas Englisch, ich gehöre zu der Handvoll Teilnehmer, die es zum Petersplatz zieht. Auch angesichts des hohen Alters von Papst Franziskus ahne ich, dass es für mich möglicherweise die einzige Gelegenheit sein könnte, das beliebte Oberhaupt der katholischen Kirche zu sehen.
Papst Franziskus fährt mit Papa-Mobil über den Petersplatz
Schon lange vor dem Beginn der Veranstaltung sind die meisten der aufgestellten Klappstühle besetzt. Die Menschen fiebern dem Moment entgegen, in dem sie Papst Franziskus nahe sein können. Die Präsenz von Polizei und Schweizer Garde zeigt: Hier muss ein Mann besonders geschützt werden. Als Franziskus mit dem flotten Papa-Mobil durch die Reihen fährt und den Gläubigen zuwinkt, ist der Jubel groß. Klick, klick, klick – ich möchte unbedingt ein Papst-Foto schießen. Tatsächlich lächelt er sogar in meine Richtung.
Dann fährt er mit dem Papa-Mobil in Richtung Petersdom. Die Stufen zum dort aufgestellten Stuhl für den Papst kann Franziskus nicht mehr selbst gehen. Sein Körper zeugt vom langen Leben des 88-Jährigen. Aber sein Geist ist wach. Er spricht klar und lange. Er nimmt sich viel Zeit für die Gläubigen, segnet Brautpaare und spricht mit Priestern noch lange nach der offiziellen Audienz, die in immer mehr Sprachen durchgeführt wird – natürlich auch auf Deutsch.
„Papst Franziskus hat gesagt, dass er nicht wie seine Vorgänger im Petersdom bestattet werden will, sondern in der römischen Papstbasilika Santa Maria Maggiore.“
Keine Frage: Für mich als Katholiken ist dieser Moment bewegend. Doch es sollen weitere Höhepunkte folgen. Am nächsten Tag steht eine Führung durch den Petersdom an. Wieder dabei ist Andreas Englisch. Er könnte wohl zu jedem einzelnen Papst etwas sagen, der im Petersdom bestattet worden ist. Und er spricht auch über den Tod von Papst Franziskus. „Papst Franziskus hat gesagt, dass er nicht wie seine Vorgänger im Petersdom bestattet werden will, sondern in der römischen Papstbasilika Santa Maria Maggiore“, weiß Andreas Englisch. Dieser Papst ist in vieler Hinsicht eigen – das zeigt sich auch mit Blick auf dessen Lebensende. Ob er wie Benedikt vorzeitig aus seinem Amt ausscheiden könnte? Das sei reine Spekulation, sagt Englisch.
Das Museum schließt – und die Führung beginnt
Der Dom-Besichtigung soll der ganz große Höhepunkt dieser Reise noch folgen. Spätabends empfängt Andreas Englisch unsere Gruppe vor den Vatikanischen Museen. Die schließen gerade. Sechs Millionen Menschen pro Jahr besichtigen die kirchlichen Schätze, es ist damit eines der meistbesuchten Museen der Welt. Die meisten fiebern wohl besonders dem Besuch der Sixtinischen Kapelle entgegen, die vor allem bekannt ist, weil dort das Konklave einen neuen Papst wählt, wenn das Amt des Kirchenführers neu besetzt werden muss.
Wir dürfen die Museen besichtigen, während nur noch Wach- und Servicepersonal außer uns anwesend ist. In unserer Gruppe sind Menschen, die schon einmal hier waren. „Da habe ich vor lauter Menschen den Fußboden gar nicht gesehen“, erinnert sich eine Frau. Das ist jetzt anders. Wir können immer wieder lange stehen bleiben, Kunstwerke besichtigen und fotografieren. Der lange Gang, der durch mehrere Räume in Richtung der Sixtinischen Kapelle führt, ist völlig leer. Ich kann kaum fassen, dass ich hier sein kann. Es ist ein Privileg, das nur wenigen Menschen zuteil wird.
Dann endlich ist es soweit: Ein paar Stufen, ein kleiner Vorraum, dann geht es in die Sixtinische Kapelle. Wir bekommen viel Zeit, können auf den Bänken an beiden Längsseiten Platz nehmen und die Kunst an Wänden und am Gewölbe bewundern. Es ist ein ergreifendes Gefühl, an diesem vor allem für die katholische Kirche so bedeutenden Ort zu sein und hier zu verweilen. Die Ehrfurcht vor diesem Platz ist greifbar, es ist mucksmäuschenstill. Wer durch den Raum geht, um die Seite zu wechseln, macht das leise. Andreas Englisch gibt einige Erläuterungen, auch für ihn ist dies ein besonderer Ort.
Ein Erlebnis, das es für Pilger nicht geben wird
Irgendwann müssen wir aber doch aufbrechen. Der Verkaufsbereich, kurz vor dem Ausgang, ist geschlossen – mit uns will hier niemand Geld verdienen. Das macht den nächtlichen Museumsbesuch noch einzigartiger. Als wir die Headsets wieder abgegeben haben, vor die große Tür treten und uns die kalte römische Luft empfängt, staunen wir immer noch. Einige Teilnehmer tauschen sich begeistert aus, andere lassen dieses besondere Erlebnis noch still auf sich wirken. Ein Erlebnis, das den vielen Pilgern im Heiligen Jahr verwehrt bleiben wird.
Der Autor dieses Textes hat die Reise privat in seinem Urlaub unternommen und in keiner Weise von etwaigen Vergünstigungen profitiert. Zwei weitere Reisen sind vom 3. bis 6. März und vom 16. bis 19. November 2025 geplant. Infos dazu gibt es in der Buchhandlung Daub, Tel. 02373 / 3065.