Menden. Angeblich stehen in Menden mehr als 1200 Wohnungen leer, tatsächlich wohl nur 277. Könnten sie mit Geflüchteten belegt werden?
Wie viele Wohnungen in Menden stehen wirklich leer? Und wie könnte die Stadt Menden womöglich Zugriff darauf erlangen, um geflüchtete Menschen darin unterzubringen? Mit dieser Frage befassten sich Politikerinnen und Politiker in der jüngsten Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses. Anlass war ein Antrag der Fraktion USF/UWG an den Bürgermeister, der die Einführung einer sogenannten „Zweckentfremdungssatzung“ in Menden prüfen lassen soll.
USF/UWG: Statt teuren Neubaus Leerstände zu belegen, wäre günstiger
Im Antrag der Unabhängigen heißt es dazu wörtlich: „Wie der neuesten Erhebung zu entnehmen war, gibt es in Menden 1229 Wohnungsleerstande.“ Diese aktuelle Zahl habe aber offenbar keine Beachtung im Wohnraum-Entwicklungskonzept mehr finden können. Hierzu sei nun auch die Unterbringung von Flüchtlingen zu betrachten. Denn: Bevor die Stadt Menden viel Geld für den Neubau einer bereits angekündigten weiteren Übergangseinrichtung ausgebe, solle die Möglichkeit der Anmietung von leerstehenden Wohnungen über eine Zweckentfremdungssatzung untersucht werden.
Bürgermeister: Zahl der tatsächlichen Leerstände liegt viel niedriger
Im jüngsten Hauptausschuss erklärte Bürgermeister Dr. Roland Schröder dazu, dass die Zahl 1229 die wahre Lage nicht wiedergebe. Sie sei vielmehr nur eine Momentaufnahme: „Von diesen Wohnungen stehen nach unseren Erhebungen nur 277 tatsächlich ,aus unbekannten Gründen‘ leer.“ Die weitaus größere Zahl der angeblich freien Wohnungen werde entweder gerade renoviert und umgebaut, oder die Wohnungen stünden unmittelbar vor einer Instandsetzung oder Vermietung.
Erhebung zeigt vor allem: In Menden „kein angespannter Wohnungsmarkt“
Detlef Albrecht zog für die Unabhängigen die Angaben der Eigentümer in Zweifel: Man dürfe sich schon fragen, ob es tatsächlich in jedem Fall stimme, dass gerade jetzt ein Einzug bevorstehe. Worauf der Bürgermeister entgegnete: „Selbst wenn jemand seine Wohnung aus welchen Gründen auch immer für eine Weile leerstehen lassen will, dann darf der das.“ Die jüngste Erhebung habe aus seiner Sicht vielmehr eine Erkenntnis bestätigt, die kürzlich schon in einem anderen Zusammenhang offenkundig wurde: „Wir haben in Menden keinen angespannten Wohnungsmarkt.“
„Selbst wenn jemand seine Wohnung aus welchen Gründen auch immer für eine Weile leerstehen lassen will, dann darf der das.“
Grüne: Andere Möglichkeiten suchen als Eingriff in Eigentumsrechte
Für die Grünen erklärte deren Fraktionssprecher Peter Köhler, dass auch 277 freie Wohnungen durchaus der Rede wert seien. Immerhin könnten darin mehrere hundert Menschen untergebracht werden. Sollte mit der Zweckentfremdungssatzung ein Eingriff in die Eigentumsrechte gemeint sein, dann halte er dies für „sehr drastisch“. Aber es könne doch interessant sein zu fragen, welche anderen, verträglicheren Möglichkeiten die Stadt haben könnte, um an leerstehenden Wohnraum zu kommen.
„Zweckentfremdung“ von Wohnraum bedeutet Nutzung für Beruf oder Gewerbe
Wie die „Zweckentfremdung“ vom Gesetzgeber offenbar gemeint ist, googelte der Jurist Markus Kisler (Grüne) noch während der Sitzung, um sich dann zu Wort zu melden: „Das sieht hier so aus, als ginge es darum, dass die Stadt mit einer Satzung eingreifen kann, wenn eine Wohnung nicht zum Wohnen, sondern überwiegend zu gewerblichen oder beruflichen oder irgendwelchen anderen Zwecken genutzt oder überlassen wird. Das sage ich jetzt unter Vorbehalt. Aber sollte es so sein, dann wäre die Satzung mit Blick auf die Unterbringung von Flüchtlingen für uns eher keine Hilfe.“
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