Menden/Düsseldorf. Frank und Viviane Oberkampf sind Camping-Fans. Jetzt verbaute der Mendener seine Liebe zu den 70ern in einem Gespann. Bis ins Detail.
Frank Oberkampf nennt sich selber einen Caravan-Verrückten, und seine Frau Viviane würde das wohl jederzeit unterschreiben. Der jüngste Coup des Hardcore-Campers, sein neuer alter Daimler „Strich 8“ in Himmelblau, stand jetzt eine gute Woche lang neben einem Tabbert-Wohnwagen als Siebziger-Gespann auf der Campingmesse in Düsseldorf. „Viele, die vorbeigekommen sind, haben geschmunzelt und neugierig durch alle Fenster geguckt“, freut sich der Mendener.
Historischen Hänger aus einem Vorgarten gerettet und restauriert
Den 220er-Diesel, Baujahr 1970, hat er erst vor ein paar Monaten von einem Rentner-Ehepaar in Dortmund erstanden. Den Wohnwagen mit Erstzulassung 1973 kaufte Oberkampf vor ein paar Jahren bei einer Mendener Bekannten, wo der historische Hänger als überdimensionaler Blumenpott nur noch im Garten herumstand. Praktischerweise repariert und restauriert Oberkampfs Cousin hochbetagte Wohnwagen, und siehe da: Mit neuer Elektrik, neuen Polstern und weiteren Neuerungen stand da plötzlich wieder ein gebrauchsfähiger Wohnwagen, mit dem es für das Ehepaar probeweise gleich mal in die Niederlande ging. Viviane Oberkampf campt ihrerseits gerne, „aber diese Siebziger-Jahre-Spinnerei ist ganz allein mein Ding“, lacht Gatte Frank.
Der Daimler „Strich 8“ rollte einst 30 Jahre lang durch Südfrankreich
Einen „Strich 8“ habe er immer schon mal haben wollen, und weil der historische Tabbert ein adäquates Zugpferd bekommen sollte, war es vor kurzem so weit: „Man hat gemerkt, dass sich die Dortmunder unglaublich ungern von diesem Auto getrennt haben, aber sie wollten nach Griechenland ziehen“, berichtet der Mendener von seinem schicken Schnäppchen. Das Himmelblau ist zwar nachlackiert, aber eine Original-Daimlerfarbe. Das Dortmunder Pärchen besaß den Wagen schon 20 Jahre, davor rollte er 30 Jahre lang durch Südfrankreich. Die original französischen Kennzeichen gab‘s noch dazu. Neu indes ist die Anhängerkupplung für den Tabbert, nahezu original dann wieder die wegen des Wohnwagens verlängerten Rückspiegel. „Alles retro!“
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Klappliege im Blümchen-Design: Die Liebe liegt im Detail
Wer aber glaubt, dass es damit getan sei, der kennt den Fimmel von Frank Oberkampf nicht, über den er zum Glück selber am meisten scherzt. „Natürlich musste jetzt wirklich alles aus den Siebzigern sein.“ Dazu nur ein kleiner Ausriss der Besorgungen: Von einem befreundeten Orthopäden bekam er gut 50 Jahre alte Klappliegen, die, einmal aufgearbeitet, auch wieder tadellose Auflagen im damals hippen orange-gelben Blümchen-Design aufwiesen. Über Ebay-Kleinanzeigen besorgte sich Frank Oberkampf ein Autogramm von Kanzler Willy Brandt. In der Familie gab es aus den Siebzigern noch einen Kochtopf, von der Omma hatten die Oberkampfs die samtbezogenen Kleiderbügel geerbt.
Überzeugter Nichtraucher besorgt sogar HB-Schachteln für den Tabbert
Geschirr mit Tassen besorgte er ebenso wie passende Deckchen, einen alten Wecker mit klappbaren Digi-Zahlen, das Nordmende-Radio und Cola-Gläser aus jener Zeit. Weil die Zigarettenmarke HB mit dem gleichnamigen, leicht reizbaren Männchen für ihn untrennbar mit seiner Lieblingszeit verbunden ist, marschierte der überzeugte Nichtraucher Frank Oberkampf auch noch zu Tabak Semer: „Da habe ich dann die ersten Zigarettenschachteln meines Lebens erstanden. Ganz ehrlich: Ich hab‘ Zigaretten nicht ein Mal probiert.“ Aber im Wohnwagen machen sie sich gut.
Rowenta-Feuerzeug, Nordmende-Radio, dazu Schnäuzer und Koteletten
Ein Rowenta-Feuerzeug kam hinzu, ebenso die Siebziger-Campingküche. Um den Look perfekt zu machen, ließ sich Oberkampf drei Wochen lang einen Bart stehen, der dann wieder runterkam – bis auf den Schnäuzer und die stilechten Koteletten. So ging es dann erstmals mit dem kompletten Gespann am 17. und 18. August zur „Zeitblende“ ins Freilichtmuseum nach Kommern. Dort ist vor allem zu bestaunen, dass es noch viel mehr Menschen wie Frank Oberkampf gibt: In Kommern soll tagelang alles so aussehen wie vor exakt 50 Jahren, diesmal also wie 1974. Mehr als zweihundert Oldtimer, die 1974 schon im Straßenbild zu sehen waren, rollten jetzt im Korso über das Museumsgelände. Auch der historische Campingplatz wird von Jahr zu Jahr vielfältiger. „Bei der Zeitblende 1975 im nächsten Jahr“, strahlt Frank Oberkampf, „bin ich selber 50. Dann war ich immerhin bei allem, was dort ausgestellt ist, schon selber auf der Welt!“
Ein echter Hingucker auf der Caravan-Messe in Düsseldorf
Auf den großen Caravan-Salon in Düsseldorf kam Oberkampfs Gespann dann auch wieder, weil die „Vintage-Camper“ ein kleiner Kreis von Verrückten sind. Sein Bekannter Michael Maurer ist gelernter Schreiner, der Wohnwagen längst zu seinem Beruf gemacht hat und Tabbert-Caravan-Treffen organisiert. „Der rief mich an und fragte, ob ich mein Exemplar mitsamt dem Auto nicht in der Tabbert-Halle in Düsseldorf ausstellen könnte. Natürlich mit allen Utensilien.“
Retro-Highlight einer Messe, die vor Neuheiten nur so strotzt
Und wie das unter lauter positiv Verrückten so ist: Am Mittwoch vorvergangener Woche stand Frank Oberkampf vor der Halle parat, samt Daimler und Tabbert. Jetzt, am Sonntag, holt er seine beiden Schätzchen abends wieder ab. Sie zählten zu den Retro-Highlights einer Messe, die ansonsten vor rollenden Neuheiten nur so strotzt.
Für die Oberkampfs dagegen ist jede Fahrt mit ihrem Gespann eine kleine Reise in die Siebziger. Sie rollen nicht zurück in die Zukunft, sondern voran in die Vergangenheit. Und lieben genau das.