Menden. Mit der Nichtraucherspritze will der Mendener Heilpraktiker Olaf Preuss Rauchern helfen, vom Nikotin loszukommen. Das ist das Konzept.
Eine einzige Spritze und aus einem Raucher wird ein Nichtraucher? Nein, ganz so einfach ist es nicht, sagt Olaf Preuss. Der Heilpraktiker aus Menden behandelt Menschen, die aufhören wollen zu rauchen. So funktioniert die so genannte Nichtraucherspritze.
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Olaf Preuss behandelt nicht jeden, der sich in seiner Praxis an der Unnaer Landstraße meldet und mit dem Rauchen aufhören möchte. Der erste Schritt ist, die Motivation des Patienten zu ergründen. Kommt jemand beispielsweise in die Praxis, weil er vom Partner oder der Partnerin geschickt wurde, mache es keinen Sinn, diesem die Nichtraucherspritze zu geben, erklärt der 55-jährige Mendener. Die Motivation müsse vom Patienten selbst ausgehen.
Das erste Gespräch vor einer möglichen Behandlung ist intensiv, sagt Olaf Preuss: „Was ist die Intention? Was ist die Motivation? Ist derjenige sicher, dass er tatsächlich aufhören will?“ Wenn jemand mental für sich längst beschlossen habe, dass er aufhören wolle, sei das die optimale Voraussetzung. Wenn jemand selbst eigentlich gar nicht aufhören möchte zu rauchen, beendet der Mendener den Termin nach dem Vorgespräch: „Wenn die Motivation fehlt, dann macht das keinen Sinn.“ Das Vorgespräch sei dann auch kostenlos.
Wichtig sei es, die individuellen Trigger zu finden, betont Olaf Preuss, der seine Praxis seit 2010 an der Unnaer Landstraße betreibt: „Im Gespräch finden wir die Motivation und stärken sie.“ Manche seiner Patienten, die mit dem Rauchen aufhören möchten, spüren, dass der Nikotin-Konsum ihnen nicht guttue, andere haben eine Krankheit und wollen deshalb aufhören. „Was ich da mache, ist erstmal reine Kopfsache.“
„Nikotin belegt Stressrezeptoren. Das vegetative Nervensystem, der Parasympathikus, wird angesprochen.“
Olaf Preuss spricht mit den künftigen Nichtrauchern auch über das, was Nikotin im Körper bewirkt: „Nikotin belegt Stressrezeptoren“, sagt der Heilpraktiker. „Das vegetative Nervensystem, der Parasympathikus, wird angesprochen.“ Nikotin wirke also tatsächlich kurzfristig stressregulierend.
In welchen Situationen ist der Stress besonders groß?
Raucher, die dem Nikotin abschwören möchten, sollten sich überlegen, in welchen Situationen sie besonders stark unter Stress stehen – oder sich selbst Stress machen, sagt Olaf Preuss: „Das kann familiärer Stress sein oder Arbeitsstress, und es kann auch ein hoher Anspruch an sich selbst sein, der jemandem intensiven Stress macht.“ Etwa der Wunsch, es allen Recht machen zu wollen, Perfektionismus, nicht Nein sagen können, bei allen beliebt sein wollen. „Ich spreche das dann an, damit sich die Menschen darüber bewusst werden können“, erläutert Olaf Preuss. Er wolle hier Impulse setzen: „Jeder ist für sich selbst verantwortlich.“
Es gehe darum, nicht nur Stress, sondern auch Gewohnheiten zu durchbrechen: „Das kann am Morgen dann die Tasse Tee statt der Zigarette sein. Oder die kurze Runde um den Block vor dem ersten Kaffee.“ – Und dafür dann im besten Fall eben nicht die erste Zigarette am Morgen.
„Den Verstand kann man beim Thema Sucht vergessen.“
„Den Verstand kann man beim Thema Sucht vergessen“, sagt Olaf Preuss. Die körperliche Sucht sei nach 72 Stunden vorbei, länger dauere es, Gewohnheiten zu durchbrechen.
Sport, Meditation, Autogenes Training oder Atem-Techniken
Wichtig sei es auch, dass die künftigen Nichtraucher sich eine Alternative zum Rauchen suchen, eine Ablenkung, wenn der Suchtdruck zunimmt: „Das kann für die einen Sport sein, für die anderen Meditation oder Autogenes Training oder Atem-Techniken.“
Nach dem grundlegenden Gespräch beginnt Olaf Preuss mit der körperlichen Behandlung – und setzt die Nichtraucherspritze. Dazu sucht er vier Punkte im Ohr des Patienten, die er mittels Ohrakupunktur stimuliert. Dazu gehören auch Stoffwechsel- und Stresspunkte. Olaf Preuss verwendet hierfür keine regulären Akupunkturnadeln, sondern eine Spritze mit einer feinen Nadel. Hierdurch injiziert er in vier Akupunkturpunkte zum einen ein homöopathisches Komplex-Mittel (Fumarexin) und zum anderen Procain, ein Lokalanästhetikum, das auch in der Neuraltherapie eingesetzt wird.
„Die ganze Therapie funktioniert im Kopf. Die innere Einstellung ist wichtig.“
Die Nichtraucherspritze allein reiche in der Regel nicht aus, sagt Olaf Preuss. „Die ganze Therapie funktioniert im Kopf. Die innere Einstellung ist wichtig.“ Und wenn ein Rückfall in alte Muster droht, könne der Hinweis helfen, dass der akute Suchtdruck oft nach zwei, drei Minuten wieder sinke, macht Olaf Preuss Rauchern, die aufhören möchten, Mut. Es gehe also darum, dem Verlangen nicht sofort nachzugeben. Darüber hinaus bekommen Patienten ein homöopathisches Mittel, das sie für unterwegs mitnehmen sollen.
Bei Notfällen über Handy erreichbar
Und für Notfälle gibt Olaf Preuss den frischgebackenen Nichtrauchern seine Handynummer mit dem Angebot, dass sie ihn jederzeit anrufen oder ihm eine WhatsApp-Nachricht schicken können, bevor sie zur Zigarette greifen. In den zehn Jahren, die Olaf Preuss die Nichtraucherspitze verabreicht, habe sich nur ein einziger Patient tatsächlich bei ihm deshalb gemeldet.
Kosten für die Nichtraucherspritze liegen bei 150 Euro
„Grundsätzlich schließt der Gesetzgeber die Kostenübernahme von Arzneimitteln zur Rauchentwöhnung explizit aus.“
Die Kosten für die Nichtraucherspritze inklusive Vorgespräch liegen bei 150 Euro. Gesetzliche Krankenkassen übernehmen die Kosten hierfür nicht. „Grundsätzlich schließt der Gesetzgeber die Kostenübernahme von Arzneimitteln zur Rauchentwöhnung explizit aus“, erläutert Jens Ofiera, Pressereferent aus dem Stabsbereich Kommunikation des GKV-Spitzenverbandes, der zentralen Interessenvertretung der gesetzlichen Kranken- und Pflegekassen. „Das heißt, im Regelfall dürfen die Krankenkassen hier keine Kosten übernehmen.“
Gesundheitsrisiken minimieren
Allerdings seien die Krankenkassen stark im präventiven Bereich engagiert: Rauchen sei der bedeutendste einzelne individuell vermeidbare Risikofaktor für mehr als 40 meist chronische Krankheiten wie Herz-Kreislauf- und Atemwegserkrankungen, Diabetes sowie viele Krebserkrankungen. „Neben dem persönlichen Gesundheitsrisiko werden Nichtraucher durch das Passivrauchen belastet und einer Gesundheitsgefährdung ausgesetzt“, erklärt Jens Ofiera. „Ein konsequenter Rauchverzicht trägt entscheidend dazu bei, solche Gesundheitsrisiken zu vermindern.“
Die gesetzliche Krankenversicherung fördere daher seit jeher Maßnahmen, die ihre betroffenen Versicherten beim Rauch-Stopp und der Reduzierung des Zigarettenkonsums unterstützen. „Unser Ansatzpunkt: Damit aus einem Raucher ein Nichtraucher wird, muss sich sein Verhalten ändern.“ Die gesetzliche Krankenversicherung setze daher mit ihren Präventionsangeboten auf ein Gesamtsetting aus psychologischer Beratung, Bewegung, Ernährung.“
„Im März 2022 hat der Gemeinsame Bundesausschuss eine Überprüfung der Verordnungsfähigkeit verschiedener Wirkstoffe und Arzneimittel zur Raucherentwöhnung angekündigt und das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen beauftragt, vier in Deutschland zugelassene Wirkstoffe zu bewerten.“
Eine fachliche Einordnung der Nichtraucherspritze könne derzeit nicht vorgenommen werden, „da es an evidenzbasiertem Datenmaterial mangelt“, erklärt Ann-Christin Eul, Referentin für Gesundheitspolitik bei der Barmer. Die Frage, ob die Nichtraucherspritze eine adäquate Unterstützung bei der Raucherentwöhnung darstelle oder nicht, werde derzeit untersucht. „Im März 2022 hat der Gemeinsame Bundesausschuss eine Überprüfung der Verordnungsfähigkeit verschiedener Wirkstoffe und Arzneimittel zur Raucherentwöhnung angekündigt und das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) beauftragt, vier in Deutschland zugelassene Wirkstoffe zu bewerten“, erläutert Ann-Christin Eul. „Zum aktuellen Zeitpunkt liegt noch kein Ergebnis vor.“
„Das ist eine Erfahrungsheilkunde.“
Die Erfolgsquote bei ihm in der Praxis liege bei 70 Prozent, erläutert Olaf Preuss. In der Wissenschaft sind randomisierte kontrollierte Studien, die in der Regel doppelt verblindet sind, Goldstandard. Derartige wissenschaftliche Daten gebe es noch nicht zur Nichtraucherspritze, sagt der Heilpraktiker: „Das ist eine Erfahrungsheilkunde.“