Menden. Der Markttag in Menden am Freitagmorgen war der perfekte Ort und Zeitpunkt für regionale Landwirte, um ein weiteres Zeichen in ihrer Protestwoche zu setzen.

Eine Abordnung der Landwirte hatte sich am Mendener Markttag in die Reihe der Stände eingereiht, um mit der Bevölkerung ins Gespräch zu kommen und ihre Sicht auf die Kürzungen der Bundesregierung darzustellen. 15 Bäuerinnen und Bauern fanden sich ein und präsentieren neben ihrer Meinung auch Produkte: Wurst, Käse, Eier, Kartoffeln.

Große Schilder machten die Passanten aufmerksam. „Wir ackern für Deutschland“ oder „Landwirtschaft dient allen“ war zu lesen. Tatsächlich blieben zahlreiche Besucher stehen, kamen ins Gespräch. „Ich habe manchmal das Gefühl, dass die Politiker sich im ländlichen Raum nicht auskennen“, meinte beispielsweise Fritz Deimann. „Da werden reichlich handwerkliche Fehler in Berlin gemacht, einiges wird nicht zu Ende gedacht.“    

Paul Ziemiak (CDU, MdB, links) zeigte im Gespräch mit Landwirten und Passanten seinen Standpunkt: „Es geht nicht um eine Revolution, sondern darum, unsere heimischen Bauern zu unterstützen.“
Paul Ziemiak (CDU, MdB, links) zeigte im Gespräch mit Landwirten und Passanten seinen Standpunkt: „Es geht nicht um eine Revolution, sondern darum, unsere heimischen Bauern zu unterstützen.“ © WP Menden | Peter Benedickt

„Es kommt einfach permanent etwas Neues“, Heiner Korte schüttelte nur den Kopf. Er kennt die Situation als einer der bekanntesten Bauern Mendens natürlich bestens: „Die Sache mit dem Agrardiesel war nur der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte.“ „So bringt das Wachstumschancengesetz das Gegenteil von Steuerentlastungen, bei der pauschalen Besteuerung unserer Produkte gehen innerhalb von zwei Jahren zwei Prozentpunkte verloren“, so der Mendener. „Dazu noch die vier-Prozent-Regel, die von der EU verlangt wird.“ In dieser Größenordnung soll sich die Fläche selbst begrünen, Aussaat ist ausgeschlossen, Randstreifen zu Gewässern sind einzuhalten. „Von der überhandnehmenden Bürokratie wollen wir schon nicht mehr reden“, zählte Korte auf. „Es kommen nur noch Auflagen.“

Es geht nicht darum, gegen die Ampel vorzugehen

Wilhelm Spiekermann, Vorsitzender des Landwirtschaftsverbandes Menden-Hemer, bestätigte aber, dass diese Proteste nicht den Zweck haben, gegen die Ampel vorzugehen: „Ziel ist, dass wir gehört werden, dass endlich mal Schluss ist mit den Belastungen.“

Heiner Korte freute sich, dass bei der Aktion der Landwirte am Markttag in Menden nicht nur Bauern sich den Diskussionen stellten, sondern auch Bäuerinnen sich sehr aktiv zeigten. 
Heiner Korte freute sich, dass bei der Aktion der Landwirte am Markttag in Menden nicht nur Bauern sich den Diskussionen stellten, sondern auch Bäuerinnen sich sehr aktiv zeigten.  © Menden | Peter Benedickt

Paul Ziemiak, Bundestagsabgeordneter der CDU, hatte sich mit Referentin Yasmin Fischer eingefunden, um seinen und den Standpunkt der Christdemokraten zu formulieren. Dabei vergaß er nicht zu erwähnen, dass auch seine Partei Versäumnisse in der langen Zeit an der Spitze des Landwirtschaftsministeriums gemacht habe.

Was fehlt ist klar, die Planungssicherheit fehlt

Er positionierte sich klar auf der Seite der demonstrierenden Landwirte: „Was fehlt ist eindeutig Planungssicherheit, bevor noch ein Darlehen abgezahlt ist, kommt schon die nächste Regelung.“ Spiekermann präzisierte: „Viele Höfe erleben gerade den Generationenwechsel, zahlreiche junge Leute sind verunsichert, ob es für sie der richtige Weg ist, wenn es da solche Unwägbarkeiten gibt. Da ist es kein Wunder, wenn es zu Schließungen kommt.“ Und wo geschlossen wird, befürchtet er, wird auch nicht mehr aufgemacht.

„Von der überhandnehmenden Bürokratie wollen wir schon nicht mehr reden“,“

Heiner Korte
Landwirt

Der Bundestagsabgeordnete warnte ebenfalls eindringlich davor, die landwirtschaftlichen Unternehmen so zu belasten, dass am Ende sich niemand mehr für diese Tätigkeit interessiert: „Wir haben doch alle nichts davon, wenn die Hälfte der Höfe kaputt ist. Klar können die Verbraucher sagen, dann importieren wir. Aber hier gibt es die höchsten Standards, nirgends wird gerade bei Lebensmitteln so genau hingeschaut.“

Heimische Abgeordnete haben einen Brief aufgesetzt

Hans Georg Ammelt, Mendener Ortslandwirt, weist auf bedrohliche Zahlen hin, die er in der Verbandszeitschrift gefunden hat: „Bereits 60 Prozent der Ackerflächen gehören inzwischen nicht mehr den Landwirten oder landwirtschaftlichen Investoren. Die Felder sind verkauft, die Neigung zu spekulativen Tendenzen groß, Gewinne stehen im Vordergrund. Damit ist aber die Ackerstruktur gefährdet, wenn der Bauer nicht mehr Herr auf seinem Boden ist.“

„Wir haben doch alle nichts davon, wenn die Hälfte der Höfe kaputt ist“

Paul Ziemiak
Mitglied des Bundestages

Gemeinsam mit Landtagsmitglied Matthias Eggers haben heimische Abgeordnete einen Brief aufgesetzt, der an Bundeskanzler Olaf Scholz und die zuständigen Minister Robert Habeck, Christian Lindner und Cem Özdemir ging: „Da zeigen wir zehn Punkte, mit denen die Ampel die Produktion heimischer Lebensmittel ausbremst und das Überleben der Landwirtschaft gefährdet.“     

Allerdings ging er zudem auf „schwarze Schafe“ ein: „Es geht nicht, dass ein betrunkener Traktorfahrer wie in Siegen Absperrungen durchbrechen will und auch die Aktion, als ein Minister nicht an Land durfte, war mehr als fragwürdig. Davon müsst ihr euch klar abgrenzen.“

Am Ende baten die Landwirte bei den Passanten um Verständnis: „Wir protestieren doch nicht, weil wir mehr haben wollen, wir wollen doch nur, dass alles so bleibt.“