Finnentrop. Die SL Windenergie plant ein großes Repowering-Projekt nördlich von Schöndelt in Finnentrop. Und zwar in einem Schutzgebiet. Warum geht das?
Aufgrund der optisch bedrängenden Wirkung hat die Gemeinde Finnentrop ihr Einvernehmen für das große Repowering-Vorhaben der SL Windenergie aus Gladbeck versagt. Das Windkraft-Unternehmen aus dem Ruhrgebiet will seine beiden bestehenden Anlagen nördlich von Schöndelt, die mittlerweile mehr als 20 Jahre auf dem Buckel haben, sowie das Windrad eines privaten Betreibers abbauen und auf Finnentroper Gebiet durch drei moderne Anlagen ersetzen. Die neuen Windräder vom Hersteller Enercon sollen knapp 250 Meter in den Himmel ragen und somit etwa 150 Meter höher sein als die bestehenden Anlagen. Zudem sollen sie nur etwas mehr als 500 Meter von der Ortschaft Schöndelt entfernt gebaut werden und somit deutlich den mittlerweile vom Land NRW wieder gekippten 1000-Meter-Mindestabstand zu Wohnsiedlungen unterschreiten.
Forderung: Austritt aus der EEBE
Die Fraktion der Freien Wähler Finnentrop fordern, dass die Gemeinde aus der Erneuerbare Energien Entwicklungs- und Beteiligungsgesellschaft (EEBE) austritt. Die EEBE, der bis auf Attendorn alle Kommunen des Kreises Olpe angehören, hat es sich zur Aufgabe gemacht, unter anderem den Windkraftausbau im Kreisgebiet voranzutreiben. „Diese Gesellschaft hat spätestens nach dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Münster zum Windkraftausbau, welches einen Wildwuchs von Windenergieanlagen ermöglicht, für die Gemeinde Finnentrop ihren Sinn verloren. Oder will man dem Windkraft-Hotspot Finnentrop noch mehr Anlagen zumuten?“, erklärte Fraktionschef Christian Vollmert zuletzt in seiner Haushaltsrede für 2025. Seine Forderung, die Mitgliedschaft in der EEBE zu beenden, fand allerdings keine Mehrheit im Gemeinderat
Einen entsprechenden Antrag zwecks Genehmigung nach Bundesimmissionsschutzgesetz hatte die Firma SL bereits Ende 2023 beim Kreis Olpe eingereicht. Eine Entscheidung des Fachdienstes Umwelt sorgt nun für Stirnrunzeln nicht nur bei den Freien Wählern, die sich grundsätzlich gegen einen Wildwuchs von Windkraftanlagen zur Wehr setzen und äußerst kritisch auf die aktuellen Entwicklungen schauen. Der Kreis hatte am Samstag auf seiner Internetseite öffentlich bekanntgegeben, dass keine umfassende Umweltverträglichkeitsprüfung für das Repowering-Projekt nötig sei. Und das, obwohl die drei Anlagen in einem Trinkwasserschutzgebiet gebaut werden sollen, mit entsprechendem Eingriff in die Natur.
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Der Kreis erklärt dieses Vorgehen damit, dass es eine allgemeine Vorprüfung gegeben habe mit dem Ergebnis, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung nicht erforderlich sei. Denn: „Von dem Vorhaben sind keine erheblichen nachteiligen Umweltauswirkungen zu erwarten“, heißt es in der Bekanntgabe. Dazu muss man wissen, dass die drei Anlagen zwar in einem Trinkwasserschutzgebiet gebaut werden sollen, jedoch in einer sogenannten Schutzzone III. Laut Kreis sind Bauwerke in solchen Bereichen nicht verboten, sondern lediglich genehmigungspflichtig, wenn auf den Schutzzweck ausreichend Rücksicht genommen werde. Kreis-Pressesprecherin Stefanie Gerlach: „Einer Umweltverträglichkeitsprüfung bedarf es daher in diesem Fall nicht zusätzlich zu den vorzunehmenden umfangreichen Prüfungen in Sachen Immissionsschutz, Wasser-, Bau-, Natur- und Artenschutz und so weiter.“
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Diese Argumentation stößt den Freien Wählern sauer auf. „Warum der Kreis Olpe auf eine Umweltverträglichkeitsprüfung verzichtet, bleibt ein Rätsel. 250 Meter hohe Windanlagen in nur 530 Meter Abstand zu Schöndelt und dann auch noch im Wasserschutzgebiet – da fragt man sich, wo die Prioritäten liegen“, ärgert sich Fraktions-Mitglied Dieter Bitter. Er ergänzt: „Offensichtlich hat der grüne Fortschritt Vorrang vor dem Schutz der Umwelt, der Trinkwasserqualität und der Gesundheit der Anwohner. Oder hat man einfach nur Bedenken, das man bei einer Umweltverträglichkeitsprüfung etwas findet, was die Bauvorhaben behindert? Die Erlaubnis zum Bau einer Jagdhütte im Wald ist vermutlich unwahrscheinlicher als die Genehmigung für Windindustrieanlagen.“
Neben dem Repowering-Vorhaben plant die SL Windenergie den Bau von fünf weiteren Anlagen im Frettertal. Alle fünf Anlagen sind mittlerweile vom Kreis Olpe genehmigt. Laut Klaus Schulze Langenhorst, Geschäftsführer der SL Windenergie, soll die Umspannanlage, über die der Strom eingespeist wird, voraussichtlich im Jahr 2026 gebaut werden, parallel dazu sollen die Windräder aufgestellt werden. Frühestens im Jahr 2027, so der Geschäftsführer, werden dann auch die Anlagen, die die alten Anlagen bei Schöndelt ersetzen, ans Netz gehen. Trotz der Bedenken der Freien Wähler.