Kirchhundem/Kreuztal. Tim Kiefer ist 29 Jahre alt und stammt aus Kirchhundem. Er gilt als Deutschlands bester Baugeräteführer. Was ihn auszeichnet.

„Es war ein schöner Moment, aber auf Dauer möchte ich nicht so Rampenlicht stehen“, sagt Tim Kiefer. Viel lieber ist der 29-Jährige da, wo seine Bagger und Krane sind. Da kennt er sich bestens aus und fühlt sich an den Steuerhebeln im Führerhaus wohler als auf der riesigen Bühne des ECC Estrel Congress Centers in Berlin. Doch der Trip in die Bundeshauptstadt blieb dem gebürtigen Kirchhundemer nicht erspart, denn Tim Kiefer ist Deutschlands bester Baugeräteführer, und dafür wurde er jetzt in Berlin ausgezeichnet. 

Mehr zum Thema

Zwei Mal 1,0 lauteten Kiefers Traum-Noten in der theoretischen und der praktischen Abschlussprüfung, hier schaffte er 98 von 100 Punkten. Wahnsinn!  „Das hat top geklappt, es war auch ein bisschen Glück dabei“, sagt der sympathische Sauerländer. Eine Prüfungsaufgabe war unter anderem, mit einem Bagger eine Baugrube gemäß einer Zeichnung punktgenau auszuheben, Abweichungstoleranz: plus/minus zwei Zentimeter. Unweigerlich denkt man bei einer solchen der Aufgabe an die „Bagger-Wetten“ in der TV-Sendung „Wetten, dass…?“. Keine Frage: Mit Tim Kiefer am Bagger würde jede Wette gewonnen.

Bagger in allen Größen und Variationen zu bewegen bzw. beherrschen ist aber nur ein Teil des Aufgabenspektrums. Baugeräteführer müssen alle motorgetriebenen Baumaschinen bedienen können, also auch Krane in allen Variationen, Teleskoplader, Radlader, Raupen, Walzen, Verdichter etc. Bei Tim Kiefer kommen weitere Spezialgeräte aus dem Bahnbau dazu, denn sein Arbeitgeber ist die KAF Falkenhahn Bau AG in Kreuztal, die fast ausschließlich für die Deutsche Bahn und andere Bahnunternehmen tätig ist. „Ich fahre alles, vom 1,7-Tonnen-Minibagger bis zum 35 Tonnen-Sennebogen-Bagger“, sagt Tim Kiefer. Sogar riesige Autokrane mit mehreren hundert Tonnen Tragkraft darf er nach technischer Einweisung fahren. Baugeräteführer müssen die Geräte aber nicht nur bedienen, sondern auch warten und kleinere Reparaturen selbst durchführen können – sind also universell und flexibel einsetzbare Spezialisten.

Tim Kiefer
Tim Kiefer auf einem Rail-Bagger seines Arbeitgebers, der KAF Falkenhahn Bau AG in Kreuztal. Die Maschine fährt auf Bahngleisen.   © privat | Privat

Die „Liebe zum Baugerät“ fand Tim Kiefer erst auf den zweiten Blick. Nach dem Hauptschulabschluss in Kirchhundem absolvierte er zunächst eine Ausbildung zum Zerspanungsmechaniker in einem Metallbetrieb und arbeitete neun Jahre in dem Beruf. „Der Job hat mir Spaß gemacht, aber dann habe ich gemerkt, dass ich eine neue Herausforderung brauche“, blickt er zurück. Schon in seiner Jugend hatte er sich für Baumaschinen interessiert, per Internetrecherche stieß er 2022 auf das Berufsbild „Baugeräteführer“ und die Firma Falkenhahn, die mit dem Programm „25plus“ für ältere Azubis das passende Ausbildungspaket im Angebot hatte. „Dadurch war es ihm möglich, die Ausbildung unter für ihn auch passenden Rahmenbedingungen zu absolvieren. Nach so vielen Berufsjahren hat man ja einen gewachsenen Lebensstandard und Verpflichtungen, die man nicht gänzlich aufgeben möchte“, so Jan Stöcker, Leiter Personal-Management bei Falkenhahn.

Die WESTFALENPOST im Kreis Olpe ist auch bei WhatsApp. Jetzt hier abonnieren.

Folgen Sie uns auch auf Facebook.

Bestellen Sie hier unseren Newsletter aus dem Kreis Olpe.

Alle News aufs Handy? Jetzt die neue WP-App testen.

Die WP im Kreis Olpe ist jetzt auch bei Instagram.

Die duale Ausbildung mit Theorieblöcken am Hans-Schwier-Berufs-Kolleg in Gelsenkirchen und der Praxisausbildung am Ausbildungszentrum (ABZ) in Oberhausen dauert normalerweise drei Jahre, Tim Kiefer verkürzte um ein Jahr und schloss seine Prüfung als Landesbester ab. „Ich dachte, in meinem Alter mache ich das so schnell wie möglich“, so der Baumaschinen-Experte, der heute in Grafschaft wohnt und in seiner Freizeit gern wandert. „Für mehr Hobbys habe ich keine Zeit, ich arbeite halt viel“, sagt er. Oftmals – wenn die Baustellen nicht gerade vor der Haustür sind – ist er die gesamte Woche unterwegs.

Minister Habeck überreicht Urkunde

Seine Ausbildung zum Baugeräteführer absolvierte Tim Kiefer bei der KAF Falkenhahn Bau AG Kreuztal, die zur Unternehmensgruppe KAF Falkenhahn gehört (380 Mitarbeiter). An dem Festakt zur Ehrung der Spitzen-Azubis mit den besten Abschlussprüfungen aus den IHK-Berufen nahmen rund 900 Gäste teil, darunter Angehörige, Vertreter der Ausbildungsbetriebe, Bundestagsabgeordnete und Vertreter der IHKn. 

Die Auszeichnung nahmen in Berlin Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck sowie Peter Adrian, Präsident der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK), vor. Alle Bundessieger erhielten eine Urkunde und eine Glasskulptur. Tim Kiefer nahm zusammen mit seiner Freundin und seinen Chefs Alexander Falkenhahn und Andreas Heck an der Ehrungsfeier teil.  

Keine Frage: Tim Kiefer hat seinen Traumberuf gefunden. Er weiß aber auch um die große Verantwortung in seinem Job. „Man muss zu jeder Zeit wissen, wie welches Gerät reagiert.“ Gerade das Wechseln zwischen mehreren Geräten erfordere hohe Konzentrationsfähigkeit und Feingefühl in den Händen. Denn schon ein kleiner falscher Zug an einem der Bedienhebel kann zu einer kritischen Situation führen. „Dann hilft der Popometer, man merkt, wenn der Bagger hinten hochkommt“, lacht er. Dafür brauche man Erfahrung. Genau die will er in der nächsten Zeit erweitern, bevor irgendwann vielleicht die Meisterprüfung ansteht. Doch daran denkt er heute noch nicht. „Bester Baugeräteführermeister Deutschlands“ vielleicht?  Zuzutrauen wäre es ihm.