Welschen Ennest. Ein Autokran hat am Mittwoch eine neue Brücke über den Rahrbach bei Welschen Ennest eingehoben. Wann die Ruhr-Sieg-Strecke wieder befahrbar wird.

Ein halbes Jahr fristete die „EÜ Rahrbach“, wie die neue Eisenbahnüberführung auf der Ruhr-Sieg-Strecke im offiziellen Bahnjargon heißt, ein unbeachtetes Dasein – doch dann ging alles ganz schnell. Innerhalb von 24 Stunden bauten Mitarbeiter der Firma KAF Falkenhan aus Kreuztal die sieben Segmente der Betonbrücke in das Bachbett ein und schufen für die rund 150 Züge, die täglich über die Ruhr-Sieg-Strecke rollen, eine neue, sichere Überfahrt. „Das ging bis jetzt schneller als erwartet“, freute sich am Mittwochmorgen Projektleiter Andreas Tecklenburg von der DB InfraGO AG (früher DB Netz AG), die das Fünf-Millionen-Euro-Projekt geplant hat.

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Am Dienstagabend um 17 Uhr hob der 700-Tonnen-Autokran das erste von sieben Betonsegmenten an und hievte es vorsichtig an Ort und Stelle im Bachbett der Rahrbach. Der Kran, extra aus München angereist, hatte mit dem 63,8 Tonnen schweren Außenteil der Brücke am Haken kein Problem. Die ganze Nacht durch das gleiche Prozedere, die 60 Falkenhan-Mitarbeiter wechseln sich im Drei-Schicht-Rhythmus, 20 Mann pro Schicht, ab. Am Mittwochmorgen um 10 Uhr ist bereits Segment Nummer 6, eines der drei Innenteile und „nur“ 44,3 Tonnen schwer an der Reihe. An der richtigen Stelle angelangt werden die Einzelteile der Brücke mit einem Spezial-Kleber, der auf die Klebestellen aufgetragen wird, zusammengefügt und mit Spannankern zusammengedrückt. Später kommen noch Stahlanker dazu, stählerne Stangen, die durch alle sieben Brückensegmente führen und an den Außenflanken auf Spannung verschraubt werden. Zum Schluss werden die beiden Brückenköpfe aufgesetzt und fertig ist die 15,50 Meter lange und 11,60 Meter breite Brücke, die dem Bach eine Durchflussbreite von 5,60 Metern bietet.  Routiniert gehen die Falkenhan-Arbeit zu Werke, die Kommunikation mit dem Kranfahrer über Funk klappt hervorragend, alles sieht spielerisch einfach aus.

Mitarbeiter der Firma KAF tragen den Spezialkleber an den „Schnittkanten“ auf.
Mitarbeiter der Firma KAF tragen den Spezialkleber an den „Schnittkanten“ auf.

Der Eindruck täuscht jedoch. „Das Risiko bei solchen Projekten ist immer der Boden. Man weiß nicht, wie gut die Spundwände reingehen. Wir sind hier auch auf Fels gestoßen, aber es hat funktioniert“, erklärt der Projektleiter. Mit den Spundwänden wird das Wasser aus dem Baugrund herausgehalten. Zweites Problem: „Das Grundwasser ist hier ziemlich hoch und die Gründungssohle für die Brücke liegt unter dem Grundwasserspiegel“, so Tecklenburg. Am Freitagabend hätte beinahe „Wasser von oben“ das Projekt gestoppt. „Wenn das Regenwetter am Freitag noch ein bisschen schlimmer gewesen wäre, hätten wir gar nicht angefangen“, erklärt Michael Kern, Bauleiter von KAF.

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Schon einmal kam das Projekt zum Erliegen. Der Einhub der neuen Brücke war ursprünglich für Herbst 2023 geplant. Doch wenige Tage vor der Endmontage wurden die Bauarbeiten gestoppt. Damals wurde die Bahnstrecke Siegen-Köln durch einen Erdrutsch blockiert und die Bahn wollte in der Region mit der Ruhr-Sieg-Strecke nicht parallel eine zweite wichtige Verbindung kappen. Also blieben die fertigen Teile neben der Bahntrasse stehen und das Warten auf die nächste Sperrpause begann.    

Der spektakuläre Brückeneinhub ist nur der finale Akt dieses Großprojekts. Der Auftrag an das Projektteam wurde bereits 2020 erteilt. Dann begannen die Vorarbeiten. „Auch hier gab es Schlingnattern, die 2022 in ein Ersatzhabitat umgesiedelt wurden“, so Andreas Tecklenburg. Der Verbleib dort werde weiterhin überwacht. Weil die Bachauen als Biotop gelten, wurde der gesamte Oberboden im Baustellenbereich abgetragen und am Bahnhof in Welschen Ennest zwischengelagert. Um die Versiegelung des Unterbodens durch die schweren Maschinen und Traglasten zu verringern, wurde ein Tragschicht aus Schotter eingebaut, der später komplett wieder entfernt werden muss. So sieht es das Bundesnaturgesetz vor. Der Bachlauf wurde im Brückenbereich komplett verrohrt und abgedeckt. Zudem wurde bachaufwärts eine Barriere für Fische gebaut, damit diese nicht in die Baustelle schwimmen. Nach dem Brückeneinhub beginnen in den nächsten Wochen die Rekultivierungsarbeiten. „In zwei Jahren wird hier wieder alles im Urzustand sein“, so Sara Sajid von der Projektleitung.  

Vorsichtig wird Brückenteil Nummer 6 neben Segment Nummer 5 gehievt und dann dort verklebt.
Vorsichtig wird Brückenteil Nummer 6 neben Segment Nummer 5 gehievt und dann dort verklebt. © Volker Eberts | Volker Eberts

Doch zunächst gilt es in den nächsten Tagen die Ruhr-Sieg-Strecke wieder befahrbar zu machen. Dazu müssen unter anderem die Spundwände entfernt werden, dann müssen die Gleisbauer ran. Denn der Zeitplan muss eingehalten werden. Andreas Tecklenburg: „Am Montagmorgen um 5 Uhr fährt hier der erste Zug über die neue Brücke.“