Olpe. Coach Paul Imhäuser teilt seine Erfahrungen zur Führung in schwierigen Zeiten. Was ein Unternehmen mit einem Schnellboot gemeinsam haben sollte.

Ein Familienunternehmen zu führen, ist niemals eine einfache Aufgabe. Doch die aktuelle wirtschaftliche Lage macht es zu einer echten Herausforderung. Wie steuere ich meine Firma durch die Krise? Was sind die größten Stolperfallen? Paul Imhäuser aus Olpe hat einst die Metallwerke auf der Olper Hütte vor dem Aus bewahrt. Heute begleitet er als Coach Geschäftsführer auf ihrem Erfolgsweg. Zusammen mit seiner Geschäftspartnerin Dagmar Langenhan erzählt er im Interview, worauf Geschäftsführer jetzt besonders achten müssen.

Die Krise in der Wirtschaft scheint allgegenwärtig. Man spricht von den größten Herausforderungen seit Jahrzehnten. Warum ist das so? 

Dagmar Langenhan: Das hat unterschiedliche Gründe. Die wirtschaftliche Situation ist angespannt aufgrund von politischen Gegebenheiten, auch weltwirtschaftlich. Wir blicken da vor allem auf die USA, Donald Trump, der angekündigt hat, Zölle einzuführen. Dann unsere Automobilindustrie, die aufgrund der Internationalisierung und Veränderung vor großen Herausforderungen steht.

Paul Imhäuser: Zudem kommt hinzu, dass die Wirtschaft immer gewissen Schwankungen unterliegt. Es geht nicht immer nur bergauf und es geht nicht immer nur bergab. Wirtschaft heißt auch, Schwankungen zu akzeptieren und die nicht nur hinzunehmen, sondern entsprechend drauf vorbereitet zu sein. Wir sehen häufig, dass die Unternehmer nicht gut vorbereitet sind – und dagegen kann man eben früh genug etwas tun.

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Ist es also mehr ein Gefühl, dass die Krise derzeit besonders groß ist?

Paul Imhäuser: Die Krise ist nicht von der Hand zu weisen, sie ist tatsächlich da. Und die Gründe sind mannigfaltig. Wir merken nur, dass unsere Kunden völlig unterschiedlich davon betroffen sind. Wir haben Kunden, die sind stark betroffen, hier spreche ich von Umsatzeinbrüchen größer als 25 Prozent. Dann gibt es Kunden, die nur einen leichten Rückgang zwischen 5 und 15 Prozent haben. Und es gibt Kunden, die sind überhaupt nicht betroffen. Dann es gibt welche, die ihre Chance nutzen und sogar profitieren. 

Liegt es an der Branche oder machen diese Kunden, die gar nicht betroffen sind, irgendwas „besonders richtig“?

Paul Imhäuser: Sowohl als auch. Das kann an der Branche liegen. Es gibt aber auch Firmen, die sind einfach gut vorbereitet. Da steht von vornherein fest, wie sie reagieren, wenn sie es mit Auftragsrückgängen zu tun haben. Die sagen zum Beispiel, wir wollen nur ein gewisses Volumen abliefern, ansonsten verlängern sich unsere Lieferzeiten. Und wenn der Markt dann um 10 bis 15 Prozent nachlässt, dann sind sie immer noch gut ausgelastet. Das bedeutet auch, dass sie nicht immer am obersten Limit produzieren.

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Das heißt, Vorbereitung ist alles? Mit dem Schlimmsten rechnen, um nicht überrascht zu werden?

Dagmar Langenhan: Das Wichtigste ist, dass ich als Geschäftsführer den Ist-Zustand meines Unternehmens kenne. Wenn sich irgendwas verändert, sei es ein Absatzrückgang oder fehlende Fachkräfte, dann weiß ich, was ich verändern muss. Ob ich aktiv auf meine Kunden zugehe, den Austausch suche und sage, ich muss meine Lieferzeiten verlängern, zum Beispiel im Fall von fehlenden Fachkräften. Das heißt, ich gehe proaktiv damit um.

Also konstant beobachten und kontinuierlich handeln?

Dagmar Langenhan: Richtig. Das kann ich natürlich sehr gut machen, zum Beispiel, wenn ich ein entsprechendes Kennzahlensystem in meinem Unternehmen etabliert habe. Entweder kann ich mir meine Zahlen mit Blick auf den Stichtag anschauen oder spätestens monatlich. Und ich weiß, sobald es Abweichungen gibt, was zu tun ist.

Dementsprechend ist es ein Fehler, zu lange zu warten, bevor ich handele?

Paul Imhäuser: In jedem Fall. Das erleben wir sehr häufig. In 70 bis 80 Prozent der Fälle ist ein solches Kennzahlensystem nicht vorhanden. Ein Eckpfeiler unseres Coachings ist, dass wir für jedes Unternehmen ein individuelles Kennzahlensystem entwickeln, das der Geschäftsführer auch versteht, wo er mit arbeiten kann und selber erkennt, wo Handlungsbedarf ist. Aber Handeln heißt eben Veränderung und es besteht häufig Angst vor dieser Veränderung.

Das heißt, Geschäftsführer tun sich oftmals mit Veränderungen schwer?

Dagmar Langenhan: Definitiv. Wenn der Unternehmer merkt, dass seine Umsätze zurückgehen, gerät er in Sorge. Der ein oder andere verfällt in eine Art Starre. Aus Furcht, einen Fehler zu begehen, machen sie dann nichts.

Steckbrief: Dagmar Langenhan

Dagmar Langenhan ist 44 Jahre alt, kommt aus Olpe, ist verheiratet. Sie hat BWL an der Uni Siegen studiert mit den Schwerpunktfächern Personalmanagement und Controlling. Sie hat beim Statistischen Landesamt Rheinland-Pfalz gearbeitet und hat das Organisationsreferat geleitet. 2009 ist sie ins Familienunternehmen Laso in Olpe eingestiegen. Ab 2015 hat sie den Bereich Vertrieb übernommen, seit 2016 war sie in der Geschäftsführung. Ende 2023 ist sie ausgeschieden. Aktuell hospitiert sie bei Paul Imhäuser Inhaberstrategien. Ab Januar startet sie als geschäftsführende Gesellschafterin.

Und halten dann lieber an bewährten Mustern fest.

Dagmar Langenhan: Genau. Diese verlorene Zeit, in der man hätte proaktiv agieren können, ist dann leider nur schwer aufzuholen.

Also Proaktivität ist ein Schlüssel zum Erfolg. Was noch?

Paul Imhäuser: Ich kann die Krise als Chance nutzen. Ich habe die Gelegenheit, meine Produktpalette anzusehen. Mit welchen Produkten erziele ich welche Deckungsbeiträge? Welche Produkte bringen mir tatsächlich Geld ins Haus? Warum ist das eine Produkt so gut und warum kann ich den Erfolg nicht auf das andere Produkt adaptieren? Das gilt nicht nur für die Produkte, sondern auch für die Kunden. Ein Kundenverhältnis ist nur dann gut, wenn der Kunde und der Unternehmer zufrieden sind.

Stärken und Schwächen analysieren und daraus Schlüsse ziehen. Was noch?

Paul Imhäuser: Eine offene Kommunikation mit Mitarbeitern und Kunden spielt eine entscheidende Rolle. Nicht kommunizieren lässt Raum für Gerüchte und Fehlinterpretationen. Wenn ich meinen Mitarbeitern aber reinen Wein einschenke, wie sicher sein Arbeitsplatz aktuell ist und erkläre, warum ich welche Maßnahme ergreifen muss, ist das ein unglaublich wertvoller Aspekt. Meine Erfahrung ist, dass die Mitarbeiter dann auch mitgehen.

Also alle mitnehmen.

Paul Imhäuser: Alle mitnehmen. Je kleiner ein Unternehmen letztendlich ist, umso mehr muss ich alle enger an mich und an das Unternehmen binden. Das ist ja der große Unterschied und Vorteil von Familienunternehmen zu großen Kapitalgesellschaften. Familienunternehmen arbeiten auf Generationen. Ihr maßgebliches Ziel ist, Werte für die nächste Generation zu schaffen. Bei großen Kapitalgesellschaften geht es nur darum, wie ich das nächste Quartal gerettet kriege.

Steckbrief: Paul Imhäuser

Paul Imhäuser ist 68 Jahre alt, kommt aus Olpe, ist verheiratet und hat drei Töchter. 25 Jahre war er geschäftsführender Gesellschafter der Metallwerke in Olpe. Vor zehn Jahren hat er Paul Imhäuser Inhaberstrategien gegründet. Ziel ist es, Geschäftsführer von Familienunternehmen dabei zu unterstützen, die richtigen Entscheidungen zu treffen, um ihre Ziele zu erreichen.

Gehen Familienunternehmen deswegen grundsätzlich leichter durch die Krise?

Paul Imhäuser: Nicht unbedingt leichter, aber sie haben eine riesige Motivation für das Warum. Es geht nicht um den schnellen Gewinn, sondern um den nachhaltigen Gewinn. Diesen Trieb, etwas für die nachfolgenden Generationen zu erschaffen, haben Kapitalgesellschaften nicht. Familienunternehmen sind im Prinzip ein Schnellboot.

Ein Schnellboot?

Paul Imhäuser: Ein Schnellboot. Es kann sich durch manche Hürden manövrieren. Entscheidungen sind schnell getroffen. Und diese Agilität müssen wir uns zunutze machen und dann auch handeln. Große Unternehmen sind ein Tanker. Bis der sich mal umgedreht hat, dauert das.

Kann Familie denn auch ein Nachteil sein?

Paul Imhäuser: Na klar. Der große Nachteil von Familienunternehmen ist Uneinigkeit in der Geschäftsführung oder unter den Gesellschaftern, weil die Interessen völlig unterschiedlich sein können. Da scheitern manchmal auch Familienunternehmer dran, weil sie allein keine Lösung finden.

Kurz und knapp

Bier oder Wein?
Paul Imhäuser: Bier.
Dagmar Langenhan: Wein
Berge oder Meer?
Dagmar Langenhan: Berge
Paul Imhäuser: Meer
Fahrrad, Auto oder zu Fuß?
Dagmar Langenhan: zu Fuß
Paul Imhäuser: Auto
Schützenfest oder Karneval?
Dagmar Langenhan: Schützenfest
Paul Imhäuser (lacht) und verweigert die Antwort
Kino oder Theater
Dagmar Langenhan: Kino
Paul Imhäuser: Konzert

Dagmar Langenhan: Da hilft dann der neutrale Blick von außen. Die Familie ist natürlich mit Emotionen dabei, sodass man vor lauter Bäumen den Wald oft nicht sieht.

Emotionen können demnach eine Hürde auf dem Erfolgsweg sein.

Paul Imhäuser: Ja. Und die Angst vorm Versagen. Es geht ja schließlich um das Werk der Vorfahren.

Wie würden Sie die sechs wichtigsten Tipps für den Erfolgsweg zusammenfassen?

Paul Imhäuser: Ein aussagefähiges Kennzahlensystem muss vorhanden sein. Jede Krise bietet auch eine Chance, um eine detaillierte Produktanalyse durchzuführen und auch Verbesserungspotenziale zu identifizieren. Man sollte die Verkaufspreise stabil halten und sichern und nicht gleich mit Preiszugeständnissen um sich werfen. Wir alle wissen, wie schwer es ist, die Preise sonst auf ein normales Niveau zu kriegen. Wir brauchen die offene und regelmäßige Kommunikation mit Mitarbeitern und Kunden. Wir müssen zusätzlich Vertrieb neu denken. Viele unserer Kunden haben überhaupt keinen Vertrieb in dem Sinne. Und: Auch mal den Mut haben, antizyklisch zu handeln. Gerade in Zeiten der Krise. Wenn ich jetzt investiere, habe ich oft Vorteile, als wenn wieder alle auf den Zug aufgesprungen sind.