Kreis Olpe. Nachrichten überschlagen sich: Bundeskanzler Olaf Scholz wirft Bundesfinanzminister Christian Lindner raus. Reaktionen im Kreis Olpe im Ticker.
Der Schock sitzt tief. Am späten Mittwochabend überschlagen sich die Nachrichten. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) entlässt Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP). Der Ruf nach Neuwahlen wird laut. Kurz danach verkündet Volker Wissing, dass er aus der FDP austritt und Verkehrsminister bleibt. Ereignisse, die auch im Kreis Olpe für Reaktionen sorgen. Was sagen unsere Bundestags- und Landtagsabgeordneten (wir aktualisieren laufend)?
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Florian Müller (CDU)
Nach dem Bruch der Ampel-Koalition fordert der heimische Bundestagsabgeordnete Florian Müller aus Drolshagen in einem ersten Statement am Donnerstagmorgen ein schnelles Ende der aktuellen Regierungskrise und drängt auf unverzügliche Neuwahlen. Deutschland könne sich eine Hängepartie nicht leisten. „Wir brauchen Stabilität durch Klarheit, keine politische Insolvenzverschleppung.“ Eine rot-grüne Minderheitsregierung im Schwebezustand sei für die anstehenden Herausforderungen völlig ungeeignet. „Deutschland verdient eine handlungsfähige Regierung, die schnell agiert und den Blick auf das Wesentliche richtet. Unser Wirtschaftsstandort braucht so schnell wie möglich eine Bundesregierung mit einer klaren Mehrheit im Parlament. Statt aus parteitaktischen Gründen verantwortungslos weiter Zeit zu schinden, muss Scholz die Vertrauensfrage sofort stellen und den Weg für Neuwahlen freimachen“, so Müller, der bereits als Kandidat seiner Partei für die nächste Bundestagswahl nominiert wurde.
Dr. Gregor Kaiser (Bündnis 90/Die Grünen)
Landtagsabgeordneter und Co-Kreisvorsitzender seiner Partei: Der Oberelsper sieht die Entwicklungen aus zwei Perspektiven. „Dass das Konstrukt zerbrechlich war, war ja klar. Und dass es ein ,Herbst der Entscheidungen‘ wird, hatte Christian Lindner schon angekündigt. Aber so früh hätte ich nicht mit einem Bruch gerechnet.“ Einerseits sei die Trump-Wahl ein Ereignis, das Stabilität gefordert hätte, andererseits sei es wohl aber auch der Auslöser gewesen: „Wir müssen nun als Deutschland der Ukraine weiterhin Unterstützung gewähren, und da hat Lindner weiter auf seiner ideologischen Bremse gestanden.“ Scholz‘ Fahrplan sei für ihn nachvollziehbar: „Neuwahlen im Januar fände ich zu früh, die Parteien müssen sich ja erstmal aufstellen. Bis dahin kann noch einiges umgesetzt werden, wenn Scholz, wie er angekündigt hat, die Opposition mitnehmen will.“ Ein Erstarken rechtsextremer Kräfte durch eine vorgezogene Neuwahl befürchtet Kaiser nicht, ganz im Gegenteil: „Dass Hass, Hetze und Fehlinformationen auch in Deutschland Relevanz haben, ändert sich durch Neuwahlen nicht. Aber die Bevölkerung hat jetzt gesehen, dass Scholz auch handlungsfähig sein kann. Eine Neuwahl gibt neue Perspektiven und man kann der AfD damit das Wasser abgraben.“ Durch die kürzlich erfolgte Nominierung des Olpers Matthias Koch als Bundestagskandidat seien die Grünen gut aufgestellt für den nun wohl früher einsetzenden Wahlkampf.
Christin-Marie Stamm (SPD)
Die Spannungen seien ja zuletzt unübersehbar, erklärt Christin-Marie Stamm (MdL) auf Anfrage unserer Redaktion. „Ich billige allen Beteiligten zu, dass sie zu einer Einigung kommen wollten. Aber zulasten der Rentner die Steuern für Reiche senken zu wollen ist kein Wirtschaftsturbo, sondern schlicht Umverteilung von unten nach oben und mit der SPD nicht zu machen“, betont die Altenkleusheimerin. Insofern sei die Trennung am Ende unvermeidlich gewesen. Stamm weiter: „Bis Weihnachten müssen wegweisende Entscheidungen getroffen werden. Die Vertrauensfrage im Januar kann dann den Weg zu Neuwahlen freimachen, falls der Bundestag sich dazu entscheidet.“ Auf die Frage, ob das nun eine Chance für Rechts sei, antwortet die Landtagsabgeordnete: „Die Menschen in unserem Land wollen keinen Dauerstreit, sondern konstruktive Sacharbeit mit tragfähigen Lösungen. Das können Rechtsextremisten ihnen nicht bieten. Darum bin ich zuversichtlich, dass die AfD davon nicht profitiert.“ Christin-Marie Stamm ist sich sicher, wenn jetzt Neuwahlen wären, dann würde eine kämpferische Sozialdemokratie klarmachen, worauf sich die Menschen bei ihr verlassen können: Verantwortung, Sicherheit, Zusammenhalt.
Jochen Ritter (CDU)
Jochen Ritter aus Olpe ist Kreisvorsitzender der CDU und als direkt gewählter Landtagsabgeordneter derzeit Mitglied einer Regierungskoalition. Er kommentiert die Entwicklungen in Berlin so: „Nachdem der Bundesfinanzminister einen Haushaltsentwurf mit einer Milliardenlücke vorlegt hat und seinen Partnern nichts anderes eingefallen ist, als diese mit Schulden zu schließen, hat mich das nicht überrascht.“ Er hofft auf schnelle Schritte, was das weitere Vorgehen im Bundestag angeht: „Nach der Wahl in den USA können wir uns keine ,lame duck‘ an der politischen Spitze unseres Landes leisten, sondern brauchen schnell einen ernstzunehmenden Ansprechpartner; denn aktuell stehen Interessen auf dem Spiel, von deren Wahrung auch im Sauerland einiges abhängt.“ Das „Hin und Her der Ampel“ sei keine Werbung für eine Politik der Mitte gewesen, dasselbe werde für ein monatelanges Machtvakuum gelten. „Deshalb bin ich für klare Verhältnisse so schnell wie möglich.“
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Nezahat Baradari (SPD)
„Immer wieder hat die Lindner-FDP das Vertrauen innerhalb der Bundesregierung gebrochen und getroffene Vereinbarungen nicht eingehalten. So zuletzt zum Beispiel bei den Haushaltsverhandlungen“, erklärt die Attendornerin Nezahat Baradari, Abgeordnete der SPD im Deutschen Bundestag, in ihrem Statement, dass sie die Entwicklungen nicht überrascht haben. Durch die Richtungsentscheidung, den der Bundeskanzler für das Land getroffen habe, habe der Streit nun ein Ende. „Mehr Geld für Sicherheit und Unterstützung der Ukraine, die Senkung der Energiepreise und mehr Investitionen in unser Land“, so Baradari, seien ein konsequenter und richtiger Weg, der leicht umzusetzen gewesen wäre, wenn alle Partner bereit gewesen wären, im Sinne des Landes zu entscheiden. „Die Lindner-FDP war dazu nicht in der Lage.“ Baradari fordert: „Deutschland braucht Klarheit und Stabilität. Und in den kommenden Wochen verantwortungsvolle Entscheidungen, die langfristige Schäden verhindern. Deshalb streben wir einen geordneten Übergang zu vorgezogenen Neuwahlen im Frühjahr 2025 an.“ Die Zielrichtung ist für Nezahat Baradari klar: „Unser Land
braucht einen Haushalt, das neue Impulse für unsere Wirtschaft und die Zukunft Deutschlands mit seinen sicherheitspolitischen Interessen und einer guten Sozialpolitik – dazu gehört auch Gesundheitspolitik – in den Mittelpunkt stellt.“
Johannes Vogel (FDP)
Deutschland brauche eine Wirtschaftswende, betont Johannes Vogel, stellvertretender Bundesvorsitzender der FDP: „Wir waren bereit, dieser Verantwortung gerecht zu werden und haben konkrete Vorschläge gemacht, wie Deutschland wieder zu wirtschaftlicher Stärke finden kann. Diese Vorschläge wurden von Experten breit gelobt. SPD und Grünen waren aber nicht bereit, auch nur ansatzweise darüber zu reden, was unser Land braucht.“ Christian Lindners gestrige Entscheidung, sich vor diesem Hintergrund nicht zu neuen Schulden erpressen zu lassen, verdiene deshalb Respekt. „Der Bundeskanzler muss nun schnellstmöglich Neuwahlen ermöglichen“, fordert Vogel, der mit einem Rauswurf seines Chefs nicht gerechnet hat.
„Uns ging es um eine gute Lösung für unser Land. Aber das Teleprompter-Statement von Olaf Scholz offenbart, dass der Bundeskanzler dies lange geplant hat. Christian Lindner hat gestern die richtigen Entscheidungen getroffen. Diese Koalition war lange stehend K.O“, erklärt Vogel. Gerade jetzt sei es wichtig, Populisten und Extremisten klein zu machen, und zwar dadurch, dass man Probleme löse: „Dieses Land muss jetzt wieder über die wichtigen Fragen unserer Zeit sprechen, zum Beispiel die Wirtschaftswende.“