Olpe. Immer wieder werden Haustiere in der Urlaubszeit ausgesetzt. So ging es auch einer Hündin, die an einer Toilette in Olpe eingesperrt wurde.
Seit mehr als 23 Jahren setzt sich Elke Stellbrink als Vorsitzende des Tierschutzvereins für den Kreis Olpe für das Wohl von Tieren ein. Im Interview berichtet sie von den neuen Ereignissen rund um die Hündin, die an einer Bahnhofstoilette ausgesetzt wurde. Sie erzählt außerdem von der Arbeit im Tierheim und warum diese sie erfüllt.
Frau Stellbrink, aus aktuellem Anlass erst einmal die Frage, ob es Neuigkeiten von der Hündin gibt, die in der Bahnhofstoilette in Olpe ausgesetzt wurde? Der Vorfall hatte sich ja vor wenigen Wochen ereignet.
Die Hündin ist noch bei uns im Tierheim und muss nicht zurück zu ihren Ex-Besitzern. Die Umstände dieser ganzen Geschichte waren sehr unglücklich, weil der Täter erst 15 Jahre alt ist, trotzdem: Das war eine Straftat. Durch das Wegsperren in die Toilette hatte die Hündin eine große Panik in dem dunklen, geschlossenen Raum entwickelt. Sie wurde von Leuten gehört und freigelassen, ist dann aber panisch vor einen rangierenden Zug gerannt. Dabei hat sie sich unheimlich viele Blutergüsse und schlimme Verletzungen zugezogen. Der Tierschutzverein hat die Behandlungskosten getragen.
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Wie geht es mit der Hündin weiter?
Ich habe darauf bestanden, dass uns die Hündin übereignet wird. Unter den gegebenen Umständen darf das Tierheim die Rückgabe eines Tieres verweigern, das ist jetzt geschehen. Wir können froh sein, dass die Hündin so lieb und uns Menschen gegenüber immer noch so offen ist. Derzeit suchen wir ein passendes Zuhause für sie, es haben sich bereits sehr viele nette Leute gemeldet. Ich denke, wir werden ihr eine gute Familie vermitteln können.
Wie zeigt sich, wenn ein Tier traumatisiert wurde? Inwiefern lässt sich das am Verhalten ablesen?
Ob bei einem Hund, einer Katze oder bei Kleintieren, das lässt sich einem Tier sehr deutlich anmerken, besonders bei Hunden, die ganz apathisch daliegen und völliges Desinteresse am Menschen signalisieren. Bei manchen Tieren schlägt es in Aggressionen um, wobei das zum Glück nicht allzu häufig vorkommt. Katzen können schon mal auf den Menschen losgehen oder reagieren mit Unsauberkeit. Ich bin der Meinung, dass nur einer, der noch nie nahen Kontakt zu Tieren hatte, behaupten kann, dass ein Tier nicht trauern oder Gefühle zeigen kann. Das ist absoluter Irrsinn, das können die natürlich.
Steckbrief Elke Stellbrink
Elke Stellbrink engagiert sich als erste Vorsitzende des Tierschutzvereins für den Kreis Olpe seit 23 Jahren ehrenamtlich für den Tierschutz. Sie wohnt in Oberveischede und ist verheiratet. Sie betrieb früher ein kleines Altenheim in Olpe. Neben ihrem Engagement für den Tierschutz genießt die 63-Jährige ihr Leben als Rentnerin.
Wie herzlos kann ein Mensch sein, dass er ein Tier aussetzt? Was geht in diesen Menschen vor?
Viel Hirn kann da nicht sein. Wir sind Gott sei Dank im Tierheim Olpe von den Rückläufern nach der Corona-Pandemie verschont geblieben. Die Tiere, die wir in der Zeit vermittelt haben, sind auch bei ihren neuen Besitzerinnen und Besitzern geblieben. Trotzdem werden wir regelrecht überrannt von Leuten, die uns anrufen, weil sie ihre Tiere abgeben wollen. In den meisten Fällen sind die Tiere schon traumatisiert, weil viele vorher versuchen, das Tier bei Ebay Kleinanzeigen zu verkaufen. Das Tier wird von einem zum anderen weitergegeben, teils bis zu sechsmal. Dass ein Tier dadurch komplett aus der Reihe läuft, müsste eigentlich jedem verständlich sein.
Und das Tierheim soll diese Tiere dann auffangen?
Wir sollen alles richten, das können wir aber nicht. Wie die meisten Tierheime finanzieren wir uns nur von Spenden. Wir haben dreieinhalb Festangestellte und eine tolle Gassigänger-Truppe, die sich auch mit der Psyche der Tiere beschäftigt. Aber die nötigen Trainingseinheiten können wir in der Besetzung nicht leisten, nur weil andere denken, sie können das Tier über Ebay hin- und herjagen.
Wie gehen Sie dagegen vor?
Eine Kollegin hält Ebay Kleinanzeigen grundsätzlich im Auge, weil es schon vorkam, dass wir ein Tier vermittelt haben und es danach dort für viel Geld angeboten wurde. Das konnten wir bisher immer untersagen. Ich habe die Leute angerufen und sie vor die Wahl gestellt: Entweder ist das Tier in zwei Stunden wieder im Tierheim oder ich erstatte Anzeige. Ist das Tier einmal bei uns, fühlen wir uns auch bis zu seinem Tod dafür verantwortlich. Und wir sind aufgrund unseres Vertrags mit den Kommunen verpflichtet, Fundtiere aufzunehmen.
Warum werden gerade im Sommer in der Urlaubszeit vermehrt Tiere ausgesetzt, zum Beispiel an Raststätten?
Weil die Leute keine Lust haben, sich darum zu kümmern, entweder den Hund oder auch die Katze mit in Urlaub zu nehmen, obwohl das der einfachste Weg wäre. Da gehört schon sehr viel zu, ein Tier einfach an einer Raststätte auszusetzen. Wir raten immer dazu, auf Raststätten die Mülleimer zu überprüfen oder hinter den Toilettenhäuschen zu schauen, ob da ein Hund angebunden wurde. Das ist schon heftig und emotionslos, mit einem Tier zu leben und das dann wie ein Stück Dreck auszusetzen. Für uns, die mit dem Tierschutz zu tun haben, ist das unbegreiflich.
Wie sollte man sich verhalten, wenn man ein ausgesetztes Tier an einer Raststätte findet?
Ich würde als allererstes die Polizei anrufen und über den Sachbestand informieren, weil die Polizei in der Regel das nächstgelegene Tierheim oder eine Tierauffangstation benachrichtigen und das Tier vernünftig sichern kann. Wer so etwas gemacht hat, den braucht man eigentlich auch nicht zu finden, außer um die Person anzuzeigen. Auch das Ordnungsamt sollte informiert werden, denn es kann gefährlich werden, wenn sich das Tier losreißt und über die Autobahn umherirrt. Es ist jedes Jahr dasselbe, dass Tiere ausgesetzt werden und jedes Jahr predigen wir dasselbe. Ich habe manchmal das Gefühl, ich könnte auch mit einer Mülltonne reden, die versteht manches besser.
Kurz & knapp
Lieblingstier? Hund
Kaffee oder Tee? Kaffee
Zum Spazieren lieber Wald oder Wiese? Wald
Traumreiseziel? Am liebsten ans Meer
Was wäre Ihr Appell an Menschen, die überlegen, sich ein Tier anzuschaffen?
Bevor man auf die Idee kommt, sich ein Tier anzuschaffen – egal, ob es ein Hund, eine Katze oder ein Kleintier ist – ist es wichtig, sich im Klaren zu sein, dass das mit Arbeit und Fürsorge verbunden ist. Es empfiehlt sich, innerhalb der Familie und im Bekanntenkreis vorab zu besprechen, wer sich um das Tier kümmert, wenn Not am Mann ist oder sich die persönlichen Lebensumstände ändern. Im Zweifel können Sie mit jedem Tierheim reden. Es wird ad hoc nicht immer möglich sein, ein Tier aufzunehmen, weil das Tierheim voll sein kann. Aber es gibt Wartelisten, worauf Sie Ihr Tier setzen können. Es gibt viele Möglichkeiten der Hilfestellung, aber das Aussetzen eines Tieres ist der letzte Weg und definitiv eine Straftat.
Wie sieht die Strafe aus?
Es können ein sehr hoher Geldbetrag, ein Tierhalteverbot oder das Ableisten von Sozialstunden sein. Im allerhöchsten Fall droht auch die Gefängnisstrafe. Dadurch, dass das Tierschutzgesetz im Grundgesetz verankert ist, berücksichtigen einige Richter und Staatsanwälte vor Gericht auch das Leid und die Schmerzen, die dem Tier zugefügt worden sind.
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Was ist für Sie persönlich der Grund, sich bereits seit so vielen Jahren für den Tierschutz einzusetzen?
Mittlerweile ist es eine Passion geworden. Eigentlich sollten es nicht 23 Jahre als Vorsitzende im Tierschutzverein werden, aber jedes Jahr versuche ich, etwas für die Tiere zu verbessern. Es ist schwierig, einen Nachfolger für mein Amt zu finden, weil es eben ein Ehrenamt ist. Ich werde schon mal fassungslos gefragt, warum ich diese ganzen Stunden Arbeit umsonst mache. Ich kriege aber von den Tieren unendlich viel zurück. Ein Tier nimmt dich eben so, wie du bist. Solange ich keinen gescheiten Nachfolger finde, werde ich mich weiter für den Schutz der Tiere einsetzen.
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