Drolshagen/London. Gute Jobs, die große Liebe und eine tolle Wohnung – Ruth Heer wanderte vor 16 Jahren von Drolshagen nach London aus. Was sie am meisten vermisst.

Immer wieder rauschen die typischen roten Doppeldeckerbusse an den bodentiefen Fenstern vorbei. Es ist Rush-Hour in London und die 44-jährige Ruth Heer sitzt zusammen mit ihrem dreijährigen Border Collie Lupi am großen Tisch in ihrer Eigentumswohnung, mitten in London. London – die gigantische Metropole im Südosten Englands, da wo es die damalige Journalistin bei der Westfalenpost für den Kreis Olpe vor mehr als 16 Jahren hinzog. „Ob ich hier bleiben werde? Nein – dafür ist London zu hektisch und anstregend“.

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„2008 bekam ich irgendwann den Rappel ins Ausland gehen zu wollen. Einfach mal so, für zwei Jahre. Um zu schauen, wie es funktioniert“, berichtet Ruth Heer heute. Ihr Plan ging auf und die Option, wieder heimzukehren in den Kreis Olpe, wenn es nicht funktionieren würde, rückte in weite Ferne. Ruth Heer, die an der Universität in Siegen ihren Master in Linguistik absolvierte und Public Relations studierte, arbeitete zunächst für ein Magazin und lieferte ihre Texte in deutscher Sprache. „Der Arbeitsmarkt in London ist mit dem in Deutschland nicht zu vergleichen. Auf berufliche Qualifikationen achtet kaum ein Unternehmen. In erster Linie sind es die Referenzen und die Berufserfahrung, die für gute Jobs entscheidend sind“, so die 44-Jährige.

Ein besonderer Tag für Ruth Heer, als sie 2016 im Hackney Town Hall die Einbürgerungsurkunde erhielt. 
Ein besonderer Tag für Ruth Heer, als sie 2016 im Hackney Town Hall die Einbürgerungsurkunde erhielt.  © privat | Privat

Im Bereich Finanzpublikationen tätig

Dann arbeitet Ruth Heer ein weiteres Jahr als Reporterin und schreibt Finanzpublikationen im Bereich Privatbanking, ehe sie zu einem amerikanischen Unternehmen mit Sitz in London wechselt und hier fast neun Jahre über börsennotierte Unternehmen und deren Entwicklung berichtet. „Das war schon eine Herausforderung an zuverlässige Informationen gerade in den afrikanischen Ländern zu gelangen“, erzählt die 44-Jährige. Bis vor kurzem war Ruth Heer, die vor acht Jahren ihre Einbürgerungsurkunde erhielt, für einen amerikanischen Biomasse-Produzent im Bereich Öffentlichkeitsarbeit tätig, gönnt sich derzeit aber eine Auszeit vom stressigen Arbeitsalltag.

Ruth Herr hier mit ihrem Ehemann, dem Brasilianer Thiago Do Nascimento vor dem Canary Wharf, dem riesigen Bürogebäudekomplex auf der Isle of Dogs im Londoner Stadtbezirk Tower Hamlets.
Ruth Herr hier mit ihrem Ehemann, dem Brasilianer Thiago Do Nascimento vor dem Canary Wharf, dem riesigen Bürogebäudekomplex auf der Isle of Dogs im Londoner Stadtbezirk Tower Hamlets. © privat | Privat

Davon profitiert vor allem ihr niedlicher Hund Lupi, für den sie sich mehr Zeit nimmt und das Leben vor allem in den vielen Parkanlagen in London genießt. Erst kürzlich – Anfang dieses Jahres – heiratete sie ihren langjährigen Freund, den Brasilianer Thiago Do Nascimento, den sie in London kennen und lieben lernte. Was sie an London und den Menschen dort so liebt? „London ist so international wie kaum eine andere Stadt auf der Welt. London ist extrem bunt in vielerlei Hinsicht, wie die Konzerte, die Läden oder die Vielfalt,“ so Heer, die schon im Sauerland als Partygirl immer auf Achse war.

Eigentumswohnung mitten in London

Der dreijährige Border Collie Lupi gehört zur Familie in London. 
Der dreijährige Border Collie Lupi gehört zur Familie in London.  © privat | Privat

Nach 16 Jahren in London ist Ruth Heer ruhiger geworden und so zentral sie in London in der Nähe des Stadions von Westham United auch wohnt, sagt sie selbst: „Das kann einem auch schnell mal zu viel werden.“ Und obwohl sich Ruth Heer schon vor einiger Zeit eine hübsche 60 Quadratmeter große Eigentumswohnung gekauft hat, weiß sie, dass sie ihr Leben in London an sich zwar liebt, aber ein Leben lang möchte sie nicht bleiben: „Ich bin mir im Klaren darüber, nicht ewig in London zu leben. Wir sind noch jung und schauen, wohin es uns irgendwann mal verschlagen wird.“

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Das „typisch deutsche Denken“, wie Ruth Heer es bezeichnet, hat sie lange abgelegt: „Es hat zwar lange gedauert, aber mein Londoner Umfeld tickt anders. Die Deutschen denken einfach zu langfristig in ihrem Leben“. Zwei Dinge vermisst sie am meisten: den deutschen Humor und das Schwarzbrot. „Es gab in London mal ein Geschäft mit deutschen Delikatessen, aber die Preise waren gesalzen. Und mit dem Brexit ist es noch mal schwieriger geworden“, erzählt die 44-Jährige.