Kreis Olpe. Der giftige Fingerhut übersät Wälder und Wiesen im Kreis Olpe. Warum sich die Pflanze diesen Sommer im Sauerland so ausbreitet.

Er wächst dort, wo früher Fichtenwälder standen. Und auch auf Wiesen, am Straßen- und Wegesrand ist er zu sehen. Scheinbar überall im Kreis Olpe und darüber hinaus reckt sich die giftige Pflanze empor, lila überzieht die Berghänge. Es ist ein Phänomen, das viele beobachten. Doch woran liegt es, dass diesen Sommer so viel Fingerhut wächst?

Fingerhut als ein typischer Vertreter der Schlagflora

„Ich sehe in Drolshagen ein lila Meer, der Fingerhut blüht überall“, bemerkt der örtliche Revierförster Peter Heinemann. Seine Erklärung: Der Fingerhut ist ein typischer Vertreter der Schlagflora. Dort, wo die Wälder nach starkem Borkenkäferbefall abgeholzt und kahlgeschlagen wurden, gehört die giftige Pflanze zu den ersten, die sich ansiedeln.

Wie ein lilafarbener Teppich breitet sich der Fingerhut im Kreis Olpe aus. Hier ein Foto aus Drolshagen.
Wie ein lilafarbener Teppich breitet sich der Fingerhut im Kreis Olpe aus. Hier ein Foto aus Drolshagen. © Kurt Hardenacke | Kurt Hardenacke

Eine Erklärung, die Dr.-Ing. Roswitha Kirsch-Stracke teilt. Die frühere Vorsitzende des Kreisheimatbundes Olpe ist ehemaliges Mitglied des Instituts für Umweltplanung der Leibniz Universität Hannover. Sie erinnert daran, dass es vor rund 60 Jahren bei der früher stärker üblichen Kahlschlagwirtschaft so ähnlich ausgesehen habe. Insbesondere auf sauren Böden, die typisch für das Sauerland sind, kamen auch damals der Rote Fingerhut (Digitalis purpurea) und das Schmalblättrige Weidenröschen (Epilobium amngustifolium) in Massen vor.

Die Wendenerin erläutert weiter, welche Bedingung dafür sorgen, dass sich der Fingerhut ausbreitet: Beim großflächigen Rücken der Stämme in Waldflächen werde der Unterwuchs so stark zerstört, dass wenig von der ehemaligen Bodenvegetation übrigbleibe. Plötzlich habe die Sonne überall freien Zutritt und fördere lichtbedürftige Arten, deren Samen jedes Jahr auf den Waldboden gelangen, die sich aber im dichten Wald nicht entwickeln. „Sie gedeihen nun umso kräftiger, weil die Stickstoffvorräte der Humusdecke durch die mechanischen Verletzungen und die starke Erwärmung der nicht mehr beschatteten Bodenoberfläche rascher mobilisiert werden. Auch die feuchteren Bodenverhältnisse tragen zu diesem schnelleren Umsatz bei, denn die „Pumpen“ der Bäume haben ja aufgehört zu arbeiten, so erscheinen einem die Schlagflächen meist feuchter als die ehemaligen Wälder am gleichen Standort“, führt sie aus.

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Kurzlebigkeit des Fingerhuts

Im ersten Jahr nach den starken Eingriffen im Wald, also 2023, bildet der Rote Fingerhut nur eine Blattrosette, im zweiten beziehungsweise dieses Jahr steigt dann der Blütenstand aus der Rosette hervor. Doch bereits im nächsten Winter soll die Pflanze vielerorts wieder absterben. Roswitha Kirsch-Stracke spricht von der Kurzlebigkeit der sogenannten „Kahlschlag-Gesellschaften“: Die rasch mobilisierten Nährstoffvorräte sind nach zwei, drei Jahren aufgebraucht. Mehrjährige krautige Pflanzen verdrängen dann den zweijährigen Roten Fingerhut und das Schmalblättrige Weidenröschen. Sträucher, hierzulande vor allem Roter Holunder, Salweide, Birken, Zitterpappel und Eberesche, treten dann auf. Es bleiben nur noch Reste von Fingerhut und Weidenröschen an den Waldrändern, vor allem dort, wo immer wieder mal der Boden angekratzt wird.

Der Fingerhut überdeckt einige Berghänge im Kreis Olpe. Hier zu sehen ist das Wandergebiet Ostert.
Der Fingerhut überdeckt einige Berghänge im Kreis Olpe. Hier zu sehen ist das Wandergebiet Ostert. © Laura Gipperich | Laura Gipperich

Besonderheit in diesem Jahr

Roswitha Kirsch-Stracke verweist noch auf eine Besonderheit: In den meisten Jahren blüht der Rote Fingerhut etwas vor dem Schmalblättrigen Weidenröschen. Weil es in diesem Jahr aber so lange kalt war, hat sich die Fingerhutblüte etwas verzögert. Der Fingerhut blüht noch und das Weidenröschen fängt nun auch schon an.

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