Kreis Olpe. Viele Gastrobetriebe im Kreis Olpe haben „zu“ gemacht, andere arbeiten dagegen erfolgreich. Gastwirte erklären ihr Erfolgsrezept.

Es gab schon bessere Zeiten für die Gastronomie. Das weiß auch Oliver Mester, Wirt des Gasthauses Mester in Oedingen (1060 Einwohner). Die Coronakrise, der daraus resultierende Personalmangel und hinten drauf noch die inflationsbedingte Preisrallye ließen viele Wirte den Zapfhahn für immer nach oben drehen. Andere hörten mangels Nachfolge auf. Als vor einigen Tagen mit dem „Ilot“ in Altenhundem ein weiteres „Kultlokal“ von der Fahne ging, hatte der 52-Jährige die Nase voll von den Negativschlagzeilen. Seine These: „Die Dorfkneipe hat Zukunft.“ Wer sein Lokal mit Herzblut, Kreativität und Engagement betreibt, der habe auch eine Perspektive, sagt der Oedinger, der den Betrieb vor zehn Jahren von seinen Eltern übernommen hat und seitdem im Nebenerwerb betreibt.

Mehr zum Thema

„Die meisten Gastronomiebetriebe, die noch existieren, laufen gut“, widerspricht er dem prognostizierten Kneipentod und nennt aus dem Stehgreif viele Beispiele. Die Angebotsverknappung durch weniger Lokale und Öffnungstage hätte dazu geführt, dass die Gäste in vielen Betrieben heute oft reservieren müssen, um einen Platz zu bekommen. „Das hätte es früher bei uns nicht gegeben“, sagt Mester, zeige aber auch, dass der Bedarf nach guter Wohlfühl-Gastronomie nach wie vor vorhanden ist.

Oliver Mester betreibt mit Ehefrau Anja das Gasthaus Mester in Oedingen.
Oliver Mester betreibt mit Ehefrau Anja das Gasthaus Mester in Oedingen. © WP | Privat

Doch Erfolg komme nicht von allein. „Man muss kreativ sein und was machen. Wir veranstalten Kickerturniere, kulinarische Wanderungen, Kegelmeisterschaften, Motto-Dinner und vieles mehr. Man muss auf sich aufmerksam machen, das ist ganz wichtig“, empfiehlt der Wirt seinen Kolleginnen und Kollegen. Mindestens genauso wichtig sei es die Dorfbevölkerung und auch die Vereine einzubeziehen. „Eine Hand wäscht die andere, wir brauchen die Gäste, und sie brauchen uns. Ich freue mich über jeden Gast und jeder hat einen Anspruch, vernünftig bedient zu werden.“

So sieht es auch Stefan Kaiser aus Rinsecke (250 Einwohner), der dort den Gasthof Kaiser, seit 300 Jahren im Familienbesitz, betreibt: „Man muss gegenüber den Gästen nett, freundlich und zuvorkommend sein, das ist das Allerwichtigste“, schwört der 61-Jährige auf die bewährten Gastgebertugenden. Wenn zufriedene Gäste dann immer wieder kommen, sei das „herrlich“.

„Manche bauen sogar ihren Theken ab, aber das ist der falsche Weg“, mahnt der Oedinger Dorfwirt. Viele Gäste wollten auf die gemütliche Tresenrunde nicht verzichten. Die gibt es fast täglich im Hotel Tiefenhagen Sauerland in Bonzel (400 Einwohner). Vor zweieinhalb Jahren haben Goof de Jong (60) und Partnerin Jill Meyer (41) aus den Niederlanden das Hotel mit Restaurant und Gastwirtschaft erworben und ihm neues Leben eingehaucht. Heute ist der „Holländer in Bonzel“, wie das Lokal von fast allen genannt wird, Treffpunkt nicht nur für Einheimische, sondern auch für Gäste, Vereine, Gruppen etc. von auswärts. Hier und da wurde renoviert, der Biergarten umgestaltet, aber das Wichtigste ist: „Die Atmosphäre, die ist bei uns immer locker und fröhlich“, betont Jill Meyer. Das Haus bietet ständig neue Aktionen und: „Der Wirt steht hier immer mit einem Lachen hinter der Theke und wir machen auf, wenn andere geschlossen haben“, fügt Goof de Jong dazu.    

Jede fünfte Kneipe hat aufgegeben

Nach dem Ausbruch der Corona-Pandemie ist die Zahl der Kneipen, Bars und Diskotheken in Nordrhein-Westfalen um mehr als ein Fünftel zurückgegangen. Sie sank von 2019 bis 2021 um 22,1 Prozent auf 7.600, teilt das Statistische Landesamt IT.NRW mit. Die Zahl der Beschäftigten in der sogenannten getränkegeprägten Gastronomie ging um ein Drittel zurück, in der Speisegastronomie weniger stark.

Klar ist, alle drei Wirtsleute machen ihren „Job“ mit Leidenschaft, keiner schaut auf die Feierabenduhr, aber sie sind auch keine Kneipenromantiker. Ganz wichtig: Ohne gute Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter geht es nicht. Bleiben die Kosten: „Wenn du die Rechnungen und die Einkaufspreise siehst, dann wird dir schlecht“, sagt Oliver Mester. Besonders der Preisunterschied zwischen günstigem Flaschen- und dem viel zu teurem Fassbier stößt den Gastronomen auf. Überhaupt: Alles werde immer teurer, von der Anlagenreinigung bis zur Kohlensäure. „So kommen dann Bierpreise von 2 Euro zustande. Das wissen viele ja gar nicht“, so Mester.

Und dennoch sei es wichtig, auch mal in die Räume zu investieren, damit der Gast frischen Wind spüre. „Man muss den Job eben mit Herzblut machen“, sagt Mester – trotz aller Probleme. Wenn auswärtige Gäste dann an seiner Theke jammern: Hätten wir noch mal so eine Kneipe bei uns?, dann sei das ein klares Indiz, dass die Kneipe bzw. die Gastro auf dem Dorf eine Zukunft hat.