Elspe. Bald startet das Elspe Festival mit „Winnetou und das Halbblut“ in die nächste Runde. Regisseur Marco Kühne verrät die Geheimnisse zur neuen Show.

Der Countdown läuft: In wenigen Wochen geht es im Wilden Westen wieder los. Ab dem 22. Juni wird beim Elspe Festival die Inszenierung von „Winnetou und das Halbblut – ein Kampf auf Leben und Tod“ aufgeführt. Die Kostüme für die Darsteller sind angepasst, auf der großen Naturbühne wird noch fleißig am neuen Bühnenbild gewerkelt und die großen Proben haben bereits begonnen, damit die Show vor rund 200.000 Besuchern auch in diesem Jahr wieder zu einem tollen Erlebnis wird. Wir besuchten Regisseur Marco Kühne vor der großen Premiere und entlocktem ihm einige Geheimnisse.

In welcher Rolle sehen wir dich in diesem Jahr beim Elspe Festival?

Auf der Bühne selbst bin ich nicht zu sehen. Sondern ich fungiere als Regisseur und Spielleiter und sitze entweder an verschiedenen Orten im Zuschauerraum, hinter der Bühne oder bei der Tonregie. Für den besseren Überblick und die Reaktionen des Publikums ist das sehr wichtig.

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Wie viele Stunden verbringst du auf dem Festivalgelände? Ist das ein 24/7-Job?

Auf jeden Fall. Ich kann nicht sagen, dass ich einen geregelten Tagesablauf von 8 bis 16 Uhr habe. Ich bin immer erreichbar. Vor allem abends bin ich am kreativsten, wie die meisten Künstler. Dann ziehe ich mich in mein Büro zurück und schreibe an der Inszenierung.

Ist das Elspe Festival dein zweites Zuhause?

(lacht) Es ist mein erstes Zuhause. Ich bin auf dem Gelände groß geworden, dadurch, dass mein Vater Gründer des Elspe Festivals war, hat er mich als Baby schon mitgenommen. Es gab nichts anderes als das Festival. Mit drei Jahren habe ich angefangen zu reiten, um dann die ersten Kinderrollen zu spielen. Mit sechs Jahren bin ich über die Bühne galoppiert. Das Festivalgelände ist für mich die gesamte Kindheit über wie ein riesengroßer Spielplatz gewesen und das sehe ich bei meinen Kindern jetzt auch.

Dann werden die Kinder in deine und in die Fußstapfen ihres Großvaters treten?

Das wird sich noch zeigen, wenn sie älter werden. Wenn einer der beiden Lehrer werden möchte, ist das ja nicht negativ. Klar würde es mich freuen, wenn sie ebenfalls hierbleiben. Mila interessiert sich mit ihren fünf Jahren schon sehr für Tiere, sieht ihre Mama als großes Vorbild und begleitet sie häufig zu unseren Pferden hier.

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Du sprichst immer von „hier“. Wie weit vom Festival wohnt ihr entfernt?

Wir wohnen hier im Gelände und haben ein Holzhaus mit 120 Quadratmetern und einem schönen Garten. Auch einige unserer Schauspieler wohnen hier während der Spielzeit und sind im Sommer unsere Nachbarn. Im Winter sind wir ganz alleine und die Kinder können sich frei auf dem ganzen Gelände bewegen und zum Beispiel die Ponys besuchen. Deshalb ist es auch kein zweites, sondern mein erstes Zuhause.

Die Premiere steht nun kurz bevor. Sind die Schauspieler alle zurück in ihren Sommerhäusern und proben schon fleißig?

Seit dem 10. Mai haben wir in der Technik begonnen, dann kamen die Stuntreiter aus Tschechien, die Kostümprobe ist abgeschlossen und nun stecken wir mitten in den Proben mit bis zu acht Stunden am Tag. Nach Bedarf haben wir dann noch Einzelproben, wenn wir gewisse Szenen noch einmal optimieren müssen, gerade bei den Kampfproben oder im Reiten.

Viele Schauspieler sind ja alte Hasen. Reiten Winnetou, Old Shatterhand und die anderen Schauspieler jedes Jahr das gleiche Pferd?

Die meisten haben ihre festen Pferde, die sie seit Jahren kennen. Aber Sebastian Kolb, der Gangsterboss zum Beispiel bekommt ein neues Pferd, weil wir sein ursprüngliches Pferd für einen Stunt benötigen, da es speziell dafür ausgebildet ist. Schauspieler, die nicht so gut im Reiten sind, brauchen zum Beispiel ein totales Verlasspferd. Sebastian ist ein guter Reiter, der setzt sich auf jedes Pferd.

Zauberst du als Regisseur ein fertiges Stück aus der Schublade, weil es bereits aufgeführt wurde, oder veränderst du immer etwas daran?

Ich verändere die Stücke. Beim Halbblut habe ich Szenen raus und neu herein geschrieben. Das Konstrukt bleibt gleich, aber ich baue meine Ideen ein.

Auf welche Szene dürfen sich die Zuschauer besonders freuen?

Die Szene, in der Senanda von den Soldaten angeschossen wird und er mit seinen letzten Kräften versucht, seine Fehler wiedergutzumachen. In den letzten 20 Minuten wird es alles geben: Herzschmerz, Action und Dramatik pur – da wird alles drin verpackt sein, was die Zuschauer begeistern wird, und vielleicht fließen am Ende bei dem ein oder anderen Zuschauer auch die Tränen.

Gänsehautmomente – das klingt toll. Die haben viele Besucher ja oftmals schon, wenn die Musik ertönt und dazu die Stimme deines Vaters Jochen Bludau die Geschichte Karl Mays erzählt. Wer spricht diese markante und gewohnte Stimme nach dem Tod deines Vaters?

Die Erzählung wird weiterhin von meinem Vater gesprochen. Wir haben die alten Playbacks noch und die baue ich dann so zusammen, dass es irgendwie passt. So lebt er auf der Bühne weiter und das möchte ich so lange beibehalten, wie es geht. Das vermittelt vor allem mir das Gefühl, dass er weiterhin da ist und die Hand über uns hält. Wenn es irgendwann nicht mehr zur Inszenierung passen sollte, dann muss uns Künstliche Intelligenz weiterhelfen.

„Mein Vater fehlt an allen Ecken und Enden. Aber er hatte immer einen Masterplan. Er hat mich jahrelang auf diesen Job vorbereitet. Er ist mein größtes Vorbild. “

Marco Kühne
Elspe Festival

Wie sehr fehlt dein Vater Jochen Bludau beim Elspe Festival?

Mein Vater fehlt an allen Ecken und Enden. Aber er hatte immer einen Masterplan. Er hat mich jahrelang auf diesen Job vorbereitet. Anfangs habe ich die Musik für ihn ausgesucht, danach habe ich die Proben- und Auftrittspläne für ihn geschrieben, die Statisten gesucht oder mich um den Bühnenbau gekümmert. Stück für Stück hat er mich herangeführt. Bei Schatz im Silbersee vor zwei Jahren, als ich selbst eine Hauptrolle gespielt habe, sagte er plötzlich: ‚Fang an, mit Regie zu machen‘.

Welche Ratschläge vermisst du am meisten?

Im letzten Jahr – das erste Jahr ohne meinen Vater – war es schon schwierig für mich. Jemanden im Rücken zu haben, als ich mir nicht sicher war, ob eine Szene so funktionieren kann. Sein Backup zu bekommen. Und natürlich fehlt er vor allem privat, als Papa. Er ist mein größtes Vorbild.

Hat dich sein Tod ins kalte Wasser gestoßen?

Ich kenne die Bühne seit 45 Jahren und das ist mein Vorteil. Ich habe alles gelernt, was man für diese Bühne benötigt, und deswegen schreibe ich schon seit Jahren die Shows für das Rahmenprogramm. Er hat mich sehr gut herangeführt und war immer im Hintergrund bei Entscheidungen, die ich schon getroffen habe. Pierre Brice hat schon große Fußstapfen hinterlassen, aber keine sind so groß, wie die meines Vaters.

Wie schafft ihr es, dass das Elspe Festival nie langweilig wird?

Wir schaffen jedes Jahr etwas Neues und spielen kein Stück, wie wir es vor zehn Jahren gespielt haben. Die alten Stücke aus den Filmen sind es, die die Besucher locken, weil sie so prägnant waren. Wir zaubern immer neue Effekte, ein neues Rahmenprogramm und behalten dabei immer den ganzen Elspe-Flair bei, den unsere Besucher so lieben.

Was ist in diesem Jahr neu?

Meine Leidenschaft sind die Stunts. Ich habe in diesem Jahr noch einmal die Action angehoben. Spezialeffekte, ein riesengroßes Fort gebaut, was so groß ist, wie ein dreistöckiges Wohnhaus, das wir in der Show komplett in die Luft sprengen. Voluminösere Effekte, die den Besucher catchen sollen, damit sie am Ende sagen, wow – es ist ja noch mal eine Hausnummer größer geworden. Wir haben eigene Musik zum Stück komponieren lassen, die mehr Bezug zum Stück hat. Das Ende habe ich etwas umgedreht und Senanda trauert seinem Vater, der in der Geschichte gestorben ist, hinterher. Und dann wird das Lied eingespielt, das antwortet, wie er fühlt und was er tun soll.

Wird das nicht schwierig in den nächsten Jahren alles größer und besser zu machen?

Momentan sprudelt es nur so vor Ideen. Auch die Show für 2025 ist geschrieben und da sind wir schon tief in der Planung. Welches Stück wir spielen, verraten wir in Kürze.

Was macht das Elspe Festival so besonders?

Das ganze Drumherum. Wir sind eine große Familie und das merken die Zuschauer. Hier wird jede Reinigungskraft, jeder Kellner und jeder Schauspieler gleichbehandelt. Hier gibt es nicht: Du bist das und damit bist du höhergestellt. Das macht die Atmosphäre aus und das färbt sich auf das Publikum ab.

Wie zeitlos ist die Geschichte rund um Winnetou? Was können die Leute heute noch damit anfangen?

Es geht immer um Gut und Böse und Frieden im Leben. Wäre die Geschichte rund um Karl May heutzutage geschehen, dann wären Winnetou und Old Shatterhand Superhelden, die für das Gute einstehen.

Die Schauspieler Jean-Marc Birkholz, Martin Krah und Sebastian Kolb spielen schon seit Jahren zusammen. Sind neben den beruflichen Verpflichtungen auch Freundschaften entstanden?

Ich habe vor einigen Jahren Nägel mit Köpfen gemacht und Langzeitverträge abgeschlossen. In der Saison haben wir einen festen Tag, an dem wir uns abends immer bei Sebastian – der ebenfalls im Gelände wohnt – auf der Terrasse treffen. Eines Abends saßen wir schon eine ganze Zeit da, bis uns aufgefallen ist, dass er gar nicht da ist. Mit den Worten: ‚Ihr wisst ja, wo der Kühlschrank ist und der ist voll‘ erklärte er am Telefon, dass er an dem Abend einen Termin in Köln hatte.

Den ganzen Tag nur Action. Wie ist Marco Kühne privat?

Ich bin ruhig und gechillt und liebe es, mit meinen Kindern auf der Couch einen Disney Film zu schauen. Wir sind viel unterwegs, auch im Urlaub. Das haben meine Eltern mit mir auch so gemacht. Kommendes Jahr möchten die Kinder unbedingt Indianer gucken und deshalb planen wir einen Trip nach Amerika. Mit meiner Frau mal im Schritttempo mit den Pferden durch den Wald zu reiten, lässt mich entspannen.

Wann fällt die ganze Anspannung bei der Show von dir ab?

So richtig groß war die Anspannung vor der Ansprache auf der Bühne, als ich vor unseren 70 Darstellern stand und die Proben begonnen haben. Ein weiteres Mal fällt sie nach der Generalprobe und zuletzt nach der Premiere von mir ab. Danach gehen wir in den Flow über und rocken die Bühne. Routine wird es nie, weil dann würde es gefährlich.

Steckbrief: Marco Kühne

Marco Kühne ist Show-Produzent, Direktor und Regisseur beim Elspe Festival. Als Sohn von Gründer Jochen Bludau ist er auf dem Festival-Gelände groß geworden und spielte schon im Kindesalter seine ersten Rollen. Der 47-Jährige ist mit Pferdestall-Chefin Sarah Kühne verheiratet und hat zwei Kinder, Mila (5) und Sandro (3).

Kurz & Knapp:
Rock oder Schlager: Rock
Whisky oder Korn: Rum
Bleichgesicht oder Rothaut: Rothaut
Actionfilm oder Romanze: Beides