Lennestadt. Die Ausbildungsmesse in Lennestadt zeigt: Mit „Benefits“ wollen Unternehmen neue Auszubildende ködern. Die Liste der Versuchungen ist lang.
Ein eigenes „Azubi-Auto“, freie Getränke im Firmen-Bistro – auch nach Feierabend, E-Bike-Leasing, kostenlose Wellness-Nutzung im Vier-Sterne-Hotel, mehr Geld als üblich und vieles mehr… „Man müsste noch mal Lehrling sein“, werden viele ältere Arbeitnehmer denken angesichts der sogenannten „Benefits“, mit denen Unternehmen heute um neue Auszubildende buhlen. Die Palette der „Verlockungen“, um das Azubi-Dasein zu versüßen, ist riesig. Aber nicht alle sind von dieser „Köder-Politik“ begeistert, ergab eine Umfrage der Redaktion auf der ersten Ausbildungsmesse des Jahres in der Sauerlandhalle in Altenhundem.
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Am Eingang hängen Dutzende von Ausbildungsangeboten dicht nebeneinander an einer Pinnwand. Die Zettelflut spiegelt die Situation auf dem Ausbildungsmarkt wider. Fachkräfte werden händeringend gesucht, Berufseinsteiger haben die Qual der Wahl. Unternehmen müssen nicht nur attraktiv, sondern attraktiver als die Mitbewerber zu sein. Große Industrieunternehmen arbeiten schon lange mit einer Benefit-Strategie. Bei Mennekes in Kirchhundem gibt es neben einer attraktiven Vergütung Urlaubs- und Weihnachtsgeld, Fahrt- (82 Euro) und Büchergeld (50 % Kostenübernahme), Azubi-Events, moderne, ergonomisch gestaltete Arbeitsplätze, medizinisches Gesundheitsmanagement vom ersten Tag an und so weiter. Ohne solche Basics kommt kaum ein größeres Unternehmen heute noch aus. „Unser größtes Benefit aber ist die Qualität unserer Ausbildung“, betont Christian Pickhan, Technischer Ausbildungsleiter bei Mennekes. Man biete den neuen, jungen Kollegen ein „Rundum-Sorglos-Paket“ an. „Wir haben für fast jeden Ausbildungsberuf einen hauptberuflichen Ausbilder mit Erfahrung“, sagt Pickhan. Mit Erfolg, bisher konnte das Elektrotechnikunternehmen seine hohe Ausbildungsquote stabil halten.
Im Handwerk sehen Benefits anders aus. Behle-Bau in Kirchhundem wirbt mit Bike-Leasing, und den Azubis (Beton- und Stahlbetonbauer, Maurer) steht der firmeneigene Aufenthaltsraum sogar am Wochenende zur Verfügung. Der Ausbildungs-Flyer zielt aber auch auf Emotionen: „Jede Menge Spaß und Abwechslung“ und „Garantierte Übernahme bei befriedigendem Lehrabschluss“, verspricht das Unternehmen. „Unsere Beton- und Stahlbetonbauer müssen nicht super rechnen können, sondern handwerklich was drauf haben“, erklärt Ausbildungsleiter Marco Koßmehl.
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Bei der Straßen- und Tiefbau GmbH aus Kirchhundem betreut der „Chef“ persönlich den Stand. Andreas Behle sieht einen Wettbewerb der Firmen mit Benefits kritisch. „In der Industrie mag das ja funktionieren, aber im Handwerk und auf dem Bau nicht. Da muss die Einstellung passen, die Leute müssen von ihrem Job überzeugt sein.“ Und das könne man nicht mit Benefits erkaufen.
Messe-Splitting kommt gut an
In Altenhundem präsentierten sich mehr als 50 Arbeitgeber von A wie Aldi bis W wie Wilhelm Schauerte GmbH aus Grevenbrück. Neben Metall- und Elektrotechnik, Metallverarbeitung, Automobilzulieferer, Gastronomie, Kunststoffverarbeitung, Finanzwesen waren Einzelhandel, soziale Arbeitgeber und Organisationen wie Bundeswehr, Polizei oder Finanzverwaltung vertreten. Am Vormittag besuchten die weiterführenden Schulen die Messe, am Nachmittag war für alle Interessierten geöffnet. Dieses Messe-Splitting Aufteilung der Messe fand große Zustimmung.
Veranstalter der Ausbildungsmessen in Lennestadt und Olpe sind: IHK Siegen, Agentur für Arbeit, Arbeitgeberverband für den Kreis Olpe, Handwerkskammer Südwestfalen, IG Metall Olpe, Kreishandwerkerschaft Westfalen-Süd und Wirtschaftsjunioren Südwestfalen.Die nächste Ausbildungsmesse im Kreis Olpe ist am Mittwoch, 17. April, in Olpe (Stadthalle,14 bis 18 Uhr).
Ohne „Überzeugung von seinem Job“ wird kein Azubis einen sozialen Beruf anstreben. Das weiß auch der Caritasverband. Aber auch in der Pflege werden Fachkräfte dringend gesucht. Teambuildingmaßnahmen, mehrtägige Ausflüge, überdurchschnittliche Bezahlung und einen 1000-Euro-Zuschuss für den Führerschein bietet der Verband ebenfalls. Das Hauptargument für eine Ausbildung sei aber auch hier die qualitativ sehr gute Ausbildung mit intensiver Betreuung, Feedbackgesprächen oder einem Kompetenzzimmer für individuelle Schulungen, betont die Ausbildungsverantwortliche, Franziska Scherer.
Vor der Sauerlandhalle haben mehrere Firmen ihre „Hardware“ aufgebaut: Bohrgeräte, Luxusautos etc. Besonders ins Auge fällt – direkt neben einem Streifenwagen der Polizei – der „Azubi-Flitzer“ der Firma Fischer und Kaufmann (Fiuka) aus Finnentrop. Das Mini-Auto, 45 km/h schnell, fahrbar ab 15 Jahren mit „Moped-Führerschein“, steht den Azubis für „Dienstfahrten“ zur Berufsschule oder zu Lehrgängen zur Verfügung. In zweieinhalb Jahren hat das 16.000 Euro teure Vehikel bereits tausende Kilometer auf dem Tacho. „Unsere Azubis genießen das“, erklärt Ausbildungsleiter Berthold Langer. Die Anschaffung des rollenden „Benefits“ habe sich auf jeden Fall gelohnt.