Attendorn. Vanessa Bonaker wird im Sommer ihr Abi am Rivius-Gymnasium in Attendorn machen. Sie erzählt von dem großen Druck und den Tücken im Homeschooling.

Viele fühlen sich vergessen, überfordert, haben Angst. Angst, dass sie nicht gut genug für die Abiturprüfungen vorbereitet sind. Angst, dass sie einen schlechteren NC erzielen und damit vielleicht nicht den Studienplatz bekommen, den sie sich wünschen. „Wir haben schon von der Q1 viel verpasst. Und dass jetzt – ein Monat vor den Vorabiklausuren – der harte Lockdown kommt, macht es noch schwerer“, sagt Vanessa Bonaker, die im Sommer ihr Abitur am Rivius-Gymnasium in Attendorn ablegen wird. Ihre Mitschüler und sie seien der eigentliche Corona-Jahrgang.

Aufgabenberg im Distanz-Unterricht erzeugt Druck

Der erste, harte Lockdown im Frühjahr 2020 sei noch „relativ entspannt“ gewesen, meint die 18-Jährige aus Ennest. Zumal sich danach unmittelbar die Osterferien angeschlossen hatten. Der aktuelle Lockdown verlange den angehenden Abiturienten jedoch einiges ab. „Es ist schwierig, sich die Lernphasen einzuteilen. Zu unterscheiden, was jetzt gemacht werden muss, weil es dafür Deadlines gibt und was im Hinblick auf die Vorabi- und Abiklausuren gelernt werden muss.“ Zumal die Aufgabenpakete der einzelnen Fachlehrer quasi zeitlich sonntags hochgeladen werden. Das erzeuge Druck, weil die Schüler vor einem regelrechten Aufgabenberg stehen.

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Stefan Meier, Lehrer für Geschichte und Sport und Oberstufenkoordinator am Rivius-Gymnasium, kann die Sorgen nachvollziehen. „Wir Lehrer müssen dafür auch noch ein Händchen entwickeln, wie der Online-Unterricht fächerübergreifend am besten funktionieren kann. Aktuell macht sich bei den Schülern die Angst breit, dass sie sich nicht auf ihre Abiturfächer konzentrieren können.“ Dabei sei das NRW-Schulministerium den angehenden Abiturienten zumindest schon soweit entgegengekommen, dass sie ihnen vier Klausuren zur Auswahl stellen, wovon eine Klausur bereits vom Fachlehrer vorher „aussortiert“ wird. Aus den verbliebenen drei Klausuren können sich die Abiturienten schließlich eine Klausur zur Bearbeitung aussuchen. 

Sollten die Abi-Prüfungen ausfallen?

Trotzdem fühlen sich viele Mitschüler von Vanessa Bonaker unfair behandelt. „Einige haben schon den Gedanken geäußert, ob man die Abiturprüfungen nicht sausen lassen könnte“, erzählt die 18-Jährige. Oder zurück zum dezentralen Abitur zurückkehren könnte, bei dem die Fachlehrer die Abiklausuren stellen. Das sei allerdings nicht realisierbar, stellt Stefan Meier klar. „Für ein dezentrales Abi hätten die Klausurvorschläge schon vor Weihnachten beim Ministerium eingereicht werden müssen.“ Auch eine erneute Diskussion darüber, ob die Abiturprüfungen ausfallen sollten, empfindet Meier als äußerst kritisch: „Das wäre fatal. Das hindert einen daran, konzentriert weiterzumachen. Außerdem würde ein Durchschnitts-Abi vielen Schülern nicht gerecht werden.“

Server von Lernplattformen brechen zusammen

Sowohl Lehrer als auch Schüler vermissen den Präsenzunterricht. Distanz-Lernen sei keine langfristige Alternative. „Es ist schwer, sich den Stoff mehr oder weniger selbst erarbeiten zu müssen“, meint Vanessa Bonaker. Zumal einige noch damit beschäftigt seien, die Defizite aus dem ersten Lockdown nachzuarbeiten. Video-Unterricht sei eher die Ausnahme als die Regel. Das hat in erster Linie technische Gründe. „Wir nutzen sdui als Plattform, um darüber Dokumente auszutauschen.“ Auch Video-Konferenzen sind darüber möglich. Doch unter Volllast – zum Beispiel gegen 8 Uhr, wenn sich viele Lehrer und Schüler einloggen – brechen die Server schnell zusammen. „Am Montagvormittag ging zeitweise gar nichts“, so Vanessa Bonaker. 

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Abgesehen von der großen Unsicherheit, wie sie das Abitur unter Pandemie-Bedingungen schaffen sollen, gebe es für Vanessa Bonaker und ihre Mitschüler auch kein großes „Ziel“, abgesehen von dem Abiturzeugnis. „Es ist ja auch sehr unwahrscheinlich, dass so etwas wie ein Abiball stattfinden kann.“ Ein Ziel hat sich die 18-Jährige aber schon im ersten Lockdown gesetzt: Sie hat sich an der IUBH in Düsseldorf – eine private Hochschule -- beworben, um dort ab Oktober ein Architekturstudium zu beginnen. Angenommen wurde sie schon.