Kreis Olpe. Schullockdown im Kreis Olpe: Kinder bleiben zu Hause, Schulleiter kritisieren kurzfristige Entscheidungen der Politik.
In den Schulen im Kreis Olpe wird es in der Woche vor den Winterferien zusehends leerer. Denn immer mehr Kinder und Jugendliche nutzen digitale Lernangebote von zuhause. Das ergab eine stichprobenartige Umfrage dieser Redaktion. Bekanntlich hatten sich Bund und Länder darauf geeinigt, die Präsenzpflicht – nicht aber die Schulpflicht – aufzuheben. Die Regel: Kinder von Klasse eins bis sieben dürfen noch zur Schule kommen, ab Klasse acht erfolgt, mit kleinen Ausnahmen etwa für Schüler mit besonderem Unterstützungsbedarf, grundsätzlich Unterricht auf Distanz. Auch hier gilt: Keine Regel ohne Ausnahme: Klassenarbeiten oder Klausuren und Tests dürfen noch präsent geschrieben werden.
„Unsere Eltern haben sehr verständnisvoll reagiert. Wir haben sie am Samstagmorgen umfassend über die Situation informiert. Bei uns läuft die Koordinierung problemlos ab“, erklärt Daniela Greitemann, Leiterin des Rivius-Gymnasiums in Attendorn. So schrieb etwa ein betroffener Vater der Schule: „Aus meiner Sicht haben Sie die außergewöhnlichen Anforderungen, die diese Krise mit sich bringt, sehr gut gemeistert und Änderungen stets klar kommuniziert, auch wenn das bei der doch recht spontanen und wechselhaften Kommunikationspolitik unseres Schulministeriums nicht immer leicht war.“
Klausuren noch möglich
Etwa ein Drittel der Fünft- bis Siebtklässler würde noch in die Schule kommen, alle anderen Kindern und Jugendliche lernten zuhause. Kleine Ausnahme: Die Oberstufen-Schüler, die in dieser Woche noch Klausuren schreiben müssten, kämen dafür auch zur Schule.
Klassenarbeiten und Klausuren von Jahrgang 8 bis 12 würden in dieser Woche im Städtischen Gymnasium Olpe noch geschrieben, aber keine Tests, sagt Schulleiter Holger Köster: „Wir wurden am Freitag per Mail um 13.45 Uhr über die neuen Regeln unterrichtet.“ Köster macht kein Geheimnis daraus, dass er wenig begeistert ist: „Wir hatten gehofft, dass uns die Politik diese Woche noch lässt.“ Momentan blieben etwa 20 Prozent der Klassen 5, 6 und 7 zu Hause, die Klassen 8, 9, 10, 11 und 12 würden digital unterrichtet. Seit den Herbstferien sei seine Schule, Schüler und Lehrer, fast ausnahmslos Corona-frei gewesen. Lediglich ein Sozialpädagoge sei am ersten Tag nach den Herbstferien positiv getestet worden, aber auch das sei möglicherweise ein falsches Ergebnis gewesen.
Für den Schulbeginn im Januar wünscht sich Köster eine längerfristige Strategie der Politik: „Ich wünsche mir einen verlässlichen Plan, der bis Ostern gilt.“
Schlechte Note für Ministerium
Von den Ad-hoc-Beschlüssen aus Düsseldorf hat auch Petra Schmidt, Leiterin der Gräfin-Sayn-Grundschule Drolshagen, die Nase voll: „Es wäre wünschenswert, dass es für die Zeit nach dem 10. Januar frühzeitige Klarheit gibt, nicht wieder erst am 7. oder 8. Januar.“ Die Schulleiterin hatte die Kurzfristigkeit und fehlende Nachvollziehbarkeit der Beschlüsse aus Düsseldorf bereits mehrfach kritisiert. Auf die Frage, welche Schulnote sie dem NRW-Bildungsministerium für das Corona-Management gebe, meinte sie mit einem Schuss Ironie: „Versetzung stark gefährdet.“
Schmidt: „Wir hatten stets alle unterschiedlichen Konzepte fertig in der Schublade, hätten problemlos die Hälfte der Kinder digital, die andere Hälfte präsent unterrichten können, plus Notbetreuung. Aber das war ja untersagt.“
Wie ihr Kollege Köster kann auch Petra Schmidt von weitgehender Corona-Freiheit an den drei Standorten Drolshagen, Hützemert und Schreibershof berichten - bei rund 460 Kindern und 35 Lehrerinnen: „Wir hatten keinen einzigen bestätigten Fall in der Schule, nur zwei Kinder in Hützemert waren von Quarantäne betroffen.“ Angesichts völlig unterschiedlicher regionaler Infektionsdichte seien individuellere Regelungen sinnvoller.
50 von 918 Schülern
Von den rund 400 Schülern am Grundschulverbund Lennetal mit den Standorten in Finnentrop, Rönkhausen und Bamenohl erscheinen laut Leiterin Judith Baum von Tag zu Tag weniger Kinder. „Es bröckelt allmählich ab. Wir haben Klassen, in denen nur noch die Hälfte der Kinder sitzt.“
„Das ist nicht viel, aber vernünftig“, kommentierte Dieter Karrasch, stellvertretender Leiter der Gesamtschule Wenden, die Situation am Dienstag. Von 918 Schülern waren nur etwa 50 anwesend. Zwar würde er sich wünschen, im Januar möglichst normal wieder anfangen zu können, doch glaube er nicht daran: „Ich denke, dass wir nicht wieder voll zurückkehren. Ich glaube, dass es einen Teil-Lockdown wie nach den Osterferien geben wird.“ Dabei wolle man dann dafür sorgen, dass vor allem die älteren Schülerinnen und Schüler wieder zum geregelten Unterricht kommen könnten: „Die Klasse 10 steht vor dem Abschluss, der Jahrgang 12 arbeitet auf das Abi hin.“
Brauchen vor Ort mehr Freiheit
Die komplette Rückkehr zum Präsenzunterricht kann sich auch Sabine Tigges, stellvertretende Leiterin der Sekundarschule Hundem-Lenne, nicht vorstellen. Gerade für die Kleineren sei dieser aber enorm wichtig: „Sie brauchen eine persönliche, direkte Ansprache und Zuwendung. Nicht überall in den Haushalten gibt es die technischen Voraussetzungen für digitalen Unterricht. Da geht die Schere immer weiter auseinander.“ Auf alle Fälle hofft Sabine Tigges, dass man im Januar selbst die Weichen stellen könne: „Es wäre gut, wenn wir vor Ort die Freiheit hätten, zu entscheiden, was für uns das Beste ist.“