Bruchhausen/Kreis Olpe.. Die Angst vor dem Wolf geht um - auch im Kreis Olpe: Forstwirt Heinrich Junge aus Lennestadt-Bruchhausen fürchtet um seine Schafherde, die ihm die Weihnachtsbaum-Kulturen sauber hält.
Was Heinrich Junge, 51-jähriger Land- und Forstwirt, sagt, dürfte so manchem Biologen und grünen Tierschützer, die dem Wolf am liebsten den grünen Teppich auch ins Sauerland ausrollen würden, die Zornesröte ins Gesicht treiben: „Irgendwann wird der Wolf auch hier bei uns wieder gejagt. Ich weiß nicht, wann das so sein wird, aber es wird so kommen.“
Shropshire-Schafe halten Baumkulturen sauber
Junge ist Schafhalter und Forstwirt im Nebenerwerb und kommt aus Lennestadt-Bruchhausen. Wer die B 55 passiert, kommt zwangsläufig an seinem Anwesen und den Schildern vorbei, die auf die Weihnachtsbaum-Wirtschaft hinweisen. Um diese Kulturen ohne chemischen Einsatz ,sauber’ zu halten, hält er sogenannte Shropshire-Schafe, mit Nachzucht etwa 80 an der Zahl. Und die fressen sich zwischen den kleinen Bäumchen so fleißig hindurch, dass Gras und Unkraut nicht mit Herbiziden auf den Leib gerückt werden muss. Sorgen bereitet Junge dafür, dass bald jemand anderer seinen Schafen auf den Leib rückt, genauer gesagt an die Kehle geht: Canis Lupus, der Wolf.
Bislang können seine Schafe quasi ungehindert ein etwa drei bis vier Hektar großes Wald- und Wiesen-Grundstück durchstöbern. Das Gedräht, das die Fläche umzäunt, zeigt den Woll-Knäueln auf vier Beinen zwar, wo für sie Schluss ist, einen Wolf kann das aber nicht zurückhalten. Und genau einen solchen Hochsicherheitstrakt, sagt Junge, bräuchte er, wenn sich die häufiger werdenden Vermutungen zur Gewissheit verdichteten.
Junge: „Die Wolfs-Diskussion hat in unseren Schafzuchtverbänden schon vor sechs, sieben Jahren begonnen, als die ersten Tiere über Niedersachsen nach Ostwestfalen eingewandert sind.“ Angeblich gebe es in Nordrhein-Westfalen zwar noch keine Rudel, zuckt Junge mit den Schultern, verzieht aber sogleich den Mund: „Ich traue dem ganzen nicht mehr.“ In der Branche der Schafhalter machten vermehrt Augenzeugenberichte die Runde, dass auch durch den Kreis Olpe bereits mehrere Wölfe gezogen seien. „Man findet überall Spuren, die man sich nicht erklären kann, die aber auf einen Wolf schließen lassen.“
Im Januar 2016 habe es auch in seiner Herde einen „Riss“ gegeben. Ein einjähriges Lamm sei dem zum Opfer gefallen. Die Untersuchung habe zwar ergeben, dass es kein Wolf, sondern ein Fuchs gewesen sei. Die erheblichen Biss-Spuren an der Kehle des Schafes, so Junge, hätten ihn jedoch skeptisch zurückgelassen. Ein DNA-Ergebnis habe er bis heute nicht gesehen.
Eigentlich bleibe nur ein höherer und stärkerer Zaun. Aber, so Junge: „Wir bauen vor dem Wolf Hürden auf, aber der lernt, sie zu überwinden. Dann bauen wir die nächsten auf, und dann geht das Spiel wieder von vorne los.“
Herdenschutzhunde problematisch
Sein riesiges Areal komplett wolfssicher einzuzäunen, hält Junge für fast „illusorisch.“ Und beim Thema „Herdenschutz-Hund“ verzieht der Bruchhauser wieder das Gesicht: „Ich habe eine Bekannte, die ist Schafhalterin aus Ostwestfalen.“ Und von der wisse er, dass Rassen wie der ,Türkische Kangal’ oder der ,Pyrenäen-Berghund’ dem Wolf zwar gewachsen seien, „aber wenn ein Wanderer mal achtlos in deren Nähe kommt, will ich für die die Hände nicht ins Feuer legen. Ob die dann einen Unterschied machen?“ Zudem müsse er dann seine Schafhaltung völlig verändern, die Tiere in engen Gattern halten. Ganz abgesehen von den immensen Kosten: „Pro ausgebildetem Herdenschutzhund muss man bis zu 3000 Euro kalkulieren. Und davon braucht man dann zwei.“
Grundsätzlich sieht Junge den Gesetzgeber in der Pflicht: „Wer den Wolf hier bei uns haben will, muss für alle Kosten und Schäden aufkommen.“ Aber selbst dann könnte es einen Verdrängungs-Effekt geben, den die Wolfs-Befürworter gar nicht im Blick hätten: „So mancher Schafhalter hat mir gesagt, wenn in seiner Herde einmal der Wolf gerissen hätte, wäre sofort Schluss.“ Und nicht nur Schafhalter seien betroffen: Die offene Viehhaltung allgemein werde schwieriger, auch Fohlen seien gefährdet. Und wer glaube, der Wolf würde das ausufernde Schwarzwild dezimieren, täusche sich: „Die können sich selbst beschützen.“
Elektrozaun schon gekauft
Junge ist unter anderem Mitglied im Schafzuchtverband NRW, Delegierter für den Kreis Olpe und seit etwa 12 Jahren Bezirksvorsitzender. Auf überregionalen Versammlungen werde zunehmend über den Wolf diskutiert: „Wer aber bereits mit Wölfen konfrontiert worden ist, fühlt sich von der Politik im Stich gelassen.“ Es gebe zwar Entschädigungen und Kostenübernahmen fürs Material von 80 Prozent, „der Arbeitslohn bleibt aberunberücksichtigt.“ Dennoch habe er sich bereits einen Elektrozaun zugelegt, aber noch nicht aufgestellt. Denn dass Isegrim auch in Bruchhausen vorbeischauen werde, dessen ist Junge sich sicher: „Wir werden im Kreis Olpe nicht nur Einzelgänger, sondern auch Rudel erleben.“
>>> Hintergrund: Höchstmöglicher Schutzstatus
Durch das Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) sind Wölfe im gesamten Bundesgebiet streng geschützt.
Bei Verstößen wird per Anzeige die zuständige Staatsanwaltschaft tätig. Je nach Vergehen sind Strafen von bis zu fünf Jahren Freiheitsentzug oder auch hohe Geldbußen möglich. Damit besitzen Wölfe in Deutschland den höchstmöglichen Schutzstatus.