Attendorn/Siegen. Streit unter Freunden endet mit Messerstich: Ein Attendorner wurde dafür wegen versuchten Totschlags verurteilt. Sein Anwalt will sich wehren.
Die Entscheidung ist endgültig gefallen. Was unsere Redaktion bereits am Dienstag angekündigt hat, ist nun perfekt. Verteidiger Marcel Tomczak hat Revision gegen das Urteil des Landgerichtes Siegen von fünfeinhalb Jahren Jugendstrafe gegen einen 15-Jährigen, der am 16. September 2019 einem Mitschüler auf einem Spielplatz in Attendorn ein Messer in den Bauch gerammt haben soll, eingelegt. Nach Rücksprache mit den Eltern und ihrem in der JVA Wuppertal-Ronsdorf inhaftierten Sohn sei dies entschieden worden.
Der Olper Anwalt hatte im Gespräch mit unserer Zeitung gesagt, dass er gute Ansätze dafür sehe, dass das Urteil aufgehoben wird. „Wenn das schriftliche Urteil vorliegt, werden wir die Revision begründen“, so Tomczak. „Die Erfolgsaussichten für eine Revision werden von Seiten der Verteidigung als sehr vielversprechend eingeschätzt. Für die Verteidigung ergeben sich erhebliche Zweifel an dem von der Kammer angenommenen Tötungsvorsatz“, hatte er bereits am Dienstag auf Anfrage erklärt.
Zur Erklärung: Gegen Urteile in erster Instanz beim Landgericht kann nur Revision eingelegt werden. Dann wird die Sache beim Bundesgerichtshof geprüft. Dabei geht es nur noch um rechtliche Fragen. Innerhalb eines Monats nach Zustellung des schriftlichen Urteils muss die Revision begründet werden.
Staatsanwaltschaft hatte versuchten Mord erkannt
Der 15-Jährige soll am 16. September 2019 einen Mitschüler (15) zur angeblichen Aussöhnung auf den Spielplatz gelockt und ihm dort plötzlich ein Messer in den Oberbauch gerammt haben. Nur durch eine Not-OP konnte der Junge, der eineinhalb Liter Blut verloren hatte, gerettet werden.
Die als Jugendschwurgericht tagende Kammer unter Vorsitz von Richterin Sabine Metz-Horst sah bei dem Angeklagten einen sehr hohen Erziehungsbedarf, vor allem bezüglich seines Sozialverhaltens. Das Strafmaß von fünfeinhalb Jahren war genauso hoch, wie von Staatsanwalt Rainer Hoppmann beantragt. Allerdings war die rechtliche Einordnung anders. Die Staatsanwaltschaft hatte auf versuchten Mord erkannt. Das Gericht meinte jedoch, dass die Mordmerkmale Heimtücke und niedrige Beweggründe nicht eindeutig feststellbar seien.
Verteidiger Tomczak hatte wegen gefährlicher Körperverletzung für eine Bewährungsstrafe von zwei Jahren plädiert. Er hat bis eine Woche nach dem Urteil Zeit, Revision gegen das Urteil beim Bundesgerichtshof einzulegen. „Ich werde das noch abschießend mit den Eltern besprechen“, so der Anwalt.
Streit unter ehemaligen Freunden eskaliert
Nach Informationen unserer Redaktion war es eine sehr umfangreiche Beweisaufnahme an 15 Verhandlungstagen. Zahlreiche Mitschüler wurden vernommen. Ein Gutachter stellte volle Schuldfähigkeit fest. Der junge Angeklagte äußerte sich im Prozess nur in einem Schreiben über seinen Anwalt. Er gab den Messerstich zu, stritt aber jegliche Tötungsabsicht ab.
Bei dem Streit unter den früher eng befreundeten Mitschülern soll es sich um eher Belangloses gehandelt haben. Der Angeklagte glaubte, dass der Mitschüler Lügen über ihn verbreite und entwickelte ein hohes Aggressionspotential. Nach dem Urteil bleibt der 15-Jährige in der JVA Wuppertal-Ronsdorf in Haft.
„Es gibt keine Anhaltspunkte für einen Verfahrensfehler. Ich gehe davon aus, dass wir keine Rechtsmittel einlegen“, sagte auf Anfrage Oberstaatsanwalt Patrick Baron von Grotthuss. Das sieht Verteidiger Marcel Tomczak anders: „Bei einer Revision glaube ich persönlich, dass das Urteil aufgehoben wird.“