Herdecke. Mal fehlt die Hälfte eines Plakats, mal stehen ganze Ständer ohne Werbung da. Kriminelle Energie ist in Herdecke nicht die einzige Erklärung.
Ihr Gesicht ist noch zu sehen und der Vorname auch. Die andere Hälfte des Wahlplakats aber fehlt. Kein Hinweis auf ihre herausgestellten Eigenschaften: Klar. Sympathisch. Kompetent. Kein Hinweis auch auf die CDU, für die Katja Strauss-Köster bei der Bundestagswahl im Februar antritt. Dabei ist es dem Plakat an der Abfahrt der B54 zur Hengsteyseestraße vergleichsweise gut ergangen: Anderswo in Herdecke sind die Wahlbotschaften komplett von ihren Trägerflächen verschwunden. Nicht nur die der CDU-Kandidatin.
Auch Klaus Klostermann kann ein Lied davon singen. Er ist Fraktionsvorsitzender der SPD im Herdecker Rat und im Wahlkampf aktiv. Kriminelle Energie vermutet er nicht dahinter, wenn die politischen Botschaften plötzlich verrutscht oder gar gänzlich abgerutscht sind. Sein Verdacht geht in eine andere Richtung: Nicht Mutwille würde dahinter stecken, sondern eher schlechte Qualität bei den großen Werbetafeln. Schließlich seien kleine Plakate in unmittelbarer Nähe unberührt geblieben. Und auch Katja Strauss-Köster befürchtet: „Der Kleber ist schlecht.“
Polizei liegt wegen der Megawände keine Anzeige vor
Ein Anruf bei der Firma, die die Großplakate aufgestellt hat, soll Klarheit bringen. Und tatsächlich: Ein Mitarbeiter sieht zwar keine Materialfehler, erklärt aber die Monate Januar und Februar als die schwierigsten für die Außenwerbung. Viel Regen und damit aufgeweichte Plakatwände, dazu große Temperaturschwankungen mit Frost. Da hielten Plakate nicht so gut wie im Frühjahr oder Sommer. Der vorgezogene Wahltermin auf 23. Februar hat seinen Preis. Bei Wahlkämpfen im Frühjahr oder Sommer ist die Klebeschwäche der Großplakate nicht so aufgefallen. Der Mitarbeiter von Wesselmann Werbung hält fest: „Wir arbeiten immer noch mit Plakaten aus Papier.“
Liegen die teuren Wahlplakate zusammengerollt vor den Plakatwänden? Sind sie stattdessen dahinter zusammen geknubbelt? Hat der Wind sie verweht? Der Mitarbeiter der Aufstellerfirma versucht, aus der Lage der Hinterlassenschaften Schlüsse zu ziehen. Ein Kollege von ihm will ebenfalls nicht den Missmut politisch anders Denkender hinter den blanken Plakatwänden sehen. Eine Auskunft der örtlichen Polizei deutet in die gleiche Richtung: Wegen der aussagefreien Plakatwände sei bislang noch keine Anzeige bei ihr eingegangen, heißt es auf Nachfrage.
Anders bei kleineren Plakaten. Da hat die SPD in Herdecke schon Fälle von mutwilligen Beschädigungen an den SPD-Unterbezirk weiter geleitet. Zwei Standorte in Ende fallen Klaus Klostermann dazu sofort ein. Bei Sassella und am Westender Weg seien Plakate heruntergerissen worden, während die Wahlwerbung anderer Parteien gleich nebenan unbeschädigt geblieben sei. Für Klostermann ein Zeichen, dass hier gezielt die SPD getroffen werden sollte.
Klaus Klostermann bedauert diese politische Intoleranz sehr. Plakate in groß und klein seien wichtige Hinweise für die Bürger, dass Wahlen vor der Tür stehen und sie als Wähler gefragt sind. Und: Die Parteien stellen ihre Botschaften und ihre Kandidaten auf diesem Wege vor, überörtliche Prominenz wie auch die Bewerber vor Ort. Auch Katja Strauss-Köster sieht Sinn in den im wahrsten Sinne des Wortes plakativen Botschaften am Straßenrand. Sie sagt: „Wir wollen damit Menschen erreichen.“
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So gelassen sie auf die vermutlich bloß abgerutschten Großplakate reagiert, so ärgerlich findet sie beschmierte Plakatständer. Auf diese Art als „Verräter“ beschimpft zu werden, geht ihr zu weit. Hier gibt es auch Anzeigen, und nicht nur von der Kandidatin aus Herdecke.