Ennepe-Ruhr. Arztpraxen und Kliniken stellen die Weichen für die Umsetzung. Diese Vorteile sehen heimische Ärzte für die Patienten in Wetter und Herdecke.
Laborbefunde, Arztbriefe und Röntgenbilder: Seit dem 15. Januar können diese auch in einer elektronischen Patientenakte gespeichert werden. Zurzeit läuft eine Erprobungsphase in Modellregionen, darunter auch in Teilen NRWs. Ungefähr 70 Praxen in Westfalen-Lippe nehmen zurzeit an einer Pilotphase teil, wie die Kassenärztliche Vereinigung Westfalen-Lippe angibt. Die Lokalredaktion hat bei heimischen Ärzten und Kliniken nach Vorteilen, Herausforderungen und dem aktuellen Stand der Einführung gefragt.
Doppeluntersuchungen vermeiden
„Die positiven Ideen, die hinter der ePA stehen, sind die Vermeidung von Doppeluntersuchungen und ein schnellerer Zugriff auf Informationen und schnellerer Austausch von Befunden“, erklärt Susanne Fischer, Geschäftsführerin und Netzmanagerin der Ärztlichen Qualitätsgemeinschaft EN-Mitte GmbH mit Sitz in Wetter. Fraglich sei jedoch, wie groß bei einer Steuerung der Datenfreigabe durch den Patienten der Nutzen sein werde. „Denn es kann nur mit den Daten gearbeitet werden, die der Patient freigegeben hat.“ Um den Einsatz der elektronischen Patientenakte zu ermöglichen, fällt in vielen Praxen zurzeit „ein erhöhter Arbeitsaufwand“ für die Einführung an, so Fischer und erklärt zum aktuellen Stand: „Die Ärzte haben die technischen Voraussetzungen zur Nutzung der ePA in den Praxen installiert und die Handhabung geübt.“
Die „Hauptbedenken gelten der Sicherheit“, sagt Fischer weiter.. „Der Chaos Computer Club (CCC) hat auf seinem letzten Kongress anschaulich die Sicherheitslücken dargestellt.“ Möglich wurden diese zum Beispiel durch unverschlüsselte Kartennummern auf der elektronischen Gesundheitskarte, schreibt die Verbraucherzentrale. Sie führt auch auf, dass zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen eingeführt werden sollen.
Dass die Datensicherheit noch nicht ausgereift sei, obwohl es um hochsensible Daten gehe, würde „auch die Unsicherheit unter den Patienten und Patientinnen erhöhen“, sagt Tobias Ryschka, dem eine Hausarztpraxis in Schwelm gehört. „Aber ich würde keinem raten, es deswegen nicht zu machen“, erklärt er. „Für mich steht der Vorteil im Vordergrund, weil man im Notfall schnell handeln kann und nicht erst in irgendwelchen Warteschleifen hängt oder an einem Freitagnachmittag niemanden mehr erreicht.“ Der Internist hat bereits einige Erfahrungen mit dem neuen System gesammelt: „Ich habe einige Patienten, die das bereits nutzen“, so der Arzt, der „jahrelang in einer Notfall-Station“ gearbeitet habe.
„Die Ärzte haben die technischen Voraussetzungen zur Nutzung der ePA in den Praxen installiert und die Handhabung geübt.“
Bei einem Notfall seien die Patienten teilweise bewusstlos oder könnten nicht sprechen. Eine elektronische Akte könne dann helfen. „Da können ganz viele Fehler vermieden werden“, betont Tobias Ryschka. Auch im ambulanten Bereich sei eine elektronische Patientenakte hilfreich, vermutet er. „Fachärzte können auf Medikamente zugreifen. Doppelte Verschreibungen und Wechselwirkungen werden so leichter vermieden.“
Weichen gestellt
Diese Vorteile sieht auch Astrid Nonn, Pressesprecherin der Evangelischen Stiftung Volmarstein. „Durch die ePA werden Doppeluntersuchungen vermieden. Medikationslisten, Arzt- und andere Befundberichte sind von Anfang an in der ePA einsehbar.
Das behandelnde Team hat einen besseren Überblick auf die Gesundheitsdaten der Patienten und Patientinnen.“ In den Kliniken der Evangelischen Stiftung Volmarstein werden zurzeit die Weichen für die Einführung der elektronischen Patientenakte gestellt. Bisher seien die Krankenhäuser nicht eingebunden, so Astrid Nonn. „Aber es wird im Rahmen der digitalen Dokumentation der Patientendaten ein Modul geben, um die Daten aus einem Krankenhausaufenthalt einzubinden“, erklärt sie weiter. Das dazu benötigte Softwaremodul kann ab Mitte Januar beauftragt werden, Mitarbeitende würden geschult.
Die elektronische Patientenakte
Die elektronische Patientenakte (ePA) wird allen gesetzlich Versicherten zur Verfügung gestellt. Die ePA ist der digitale Gesundheitsordner für gesetzlich Krankenversicherte. Gesundheitsdaten wie Arztbriefe, Befunde, Laborbefunde oder Röntgenbilder werden in ihr gespeichert.
Seit dem 15. Januar läuft die Erprobungsphase der ePA in den Modellregionen Hamburg und Umland, Franken und in Teilen NRWs.
Nach erfolgreicher Erprobung sollen Praxen, Krankenhäuser und Apotheken die ePA bundesweit nutzen.
Die Nutzung der ePA ist freiwillig. Der Patient bestimmt, wem er Zugriff gibt und kann der Einrichtung der ePA auch widersprechen. Das ist über die ePA-App oder die Krankenkasse möglich.
(Quellen: Bundesministerium für Gesundheit, Verbraucherzentrale)
Auch das Gemeinschaftskrankenhaus Herdecke habe die Vorbereitungen „intensiv vorangetrieben“, so Juan Michele Pilloni, Leiter der IT-Abteilung am GKH. „Wir digitalisieren derzeit alle Prozesse in der Pflegedokumentation und Medikation, die als Grundlage für die ePA dienen.“ Mitte 2025 sollen auch die letzten Schritte abgeschlossen sein. „Dann folgt die Umsetzung des ePA-Projekts“, so Pilloni. Von dieser erhoffen sich die Verantwortlichen des GKH auch einige Vorteile: Durch die effizientere Gestaltung der Abläufe und die Nutzung und den Austausch von Gesundheitsdaten „erwarten wir langfristig unter anderem eine Reduzierung des Papierverbrauchs“, heißt es aus der Pressestelle.