Wengern/Malibu. Arno Koch lebt in Malibu. Jetzt hat das Palisades-Feuer sein Haus in den USA zerstört. Eine Nacht lang hatte er alleine versucht, es zu retten.

Als das Telefon klingelt, ist es 22 Uhr. In Kalifornien sind es neun Stunden früher. Am Apparat ist Arno Koch. Er ist in Wetter aufgewachsen und zur Schule gegangen. Seit 2015 ist der US-Bundesstaat seine Heimat. Mit seiner Frau Nikki und zwei Kindern lebt er in Malibu. Zu ihnen fährt er später, nach seiner Arbeit im Vertrieb eines Tor- und Zaunherstellers, zurück. „Zurück ins Hotel“, wie er am Telefon sagt. Denn das Zuhause der Familie gibt es nicht mehr. Es ist in der Nacht zum 8. Januar dem Palisades-Feuer zum Opfer gefallen.

Die Brandkatastrophe um die Metropolregion Los Angeles brach am 7. Januar aus. Rund 9700 Hektar Land wurden bisher zerstört, Zehntausende Menschen mussten ihre Häuser verlassen, etwa 12.000 Gebäude sind nur noch Ruinen. Das Haus von Arno Koch zählt dazu. Die Familie steht vor dem Nichts. Ihr Besitz, ihre Erinnerungsstücke, ihr Zuhause – weg.

In Eigenregie renoviert

Vor drei Jahren hatten Koch und seine Frau Nikki Grundstück und Haus gekauft. „Es wurde damals als das hässlichste in der Gegend beschrieben“, erzählt der Wengeraner und muss bei dem Gedanken leise lachen. Der Maschinenbau-Ingenieur, der vor einigen Jahren für das Unternehmen Vorwerk in die USA ging und zwischenzeitlich als Coach tätig war, renovierte das Haus in Eigenregie. Einen Bauunternehmer konnte sich das Paar nicht leisten. „Wir haben uns das Haus quasi vom Munde abgespart“, erklärt Arno Koch und nennt ein Wort, das in den USA ein Begriff ist: „Housepoor“.

Brandkatastrophe in Kalifornien: Arno Koch verliert sein Zuhause

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    Als Nikki Koch durch den Autorenstreik von einem Tag auf den anderen ihre Arbeit als Drehbuchautorin verlor, wurde es finanziell noch enger. „Wir haben in den vergangenen zwei Jahren schon extrem darunter gelitten, uns so gerade über Wasser gehalten“, macht der ehemalige Schüler des Geschwister-Scholl-Gymnasiums in Wetter deutlich. „Und jetzt kommt der nächste Schlag. Jetzt müssen wir auf einmal ein Haus bauen.“

    Palisades Fire Arno Koch
    Vor drei Jahren sind Arno und Nikki Koch mit ihren Kindern und den Schwiegereltern in ihr Haus in Big Rock gezogen.  © WP | Privat

    Bis zum Schluss hat der Familienvater in der fatalen Feuernacht versucht, das Eigenheim zu retten, in dem er mit seiner Frau, den Kindern Felix (5) und Lara (3) sowie seinem Schwiegervater gelebt hat. Während seine Familie in Sicherheit gebracht wurde und Nachbarn ihre Häuser verließen, blieb er. Mit einer Covid-Maske und Taucherbrille als Schutz gegen den Rauch versuchte er, mit Wasserschläuchen und -eimern die immer näher rückenden Flammen aufzuhalten – die ganze Nacht hindurch. Doch als am frühen Morgen der Wasserdruck sank und die Wasservorräte aufgebraucht waren, verlor er den Kampf. Das Haus brannte nieder. Mit Familienhund Obi verließ auch er das Wohngebiet.

    „Wir haben uns das Haus quasi vom Mund abgespart.“

    Arno Koch
    verlor sein Zuhause bei der Brandkatastrophe

    „Ich war zu keiner Zeit in ernster Gefahr“, betont er. Im Nachhinein sei er jedoch froh, dass er den Moment, in dem das Feuer vom Nachbarhaus auf seines übergriff, nicht gesehen hat. „Ich weiß nicht, vielleicht hätte ich versucht, rauszuholen, was noch geht.“ Immerhin konnte die Familie ein paar Habseligkeiten in Sicherheit bringen. „Wirklich rational geht man in so einer Situation nicht vor“, beschreibt es Arno Koch. Er habe Kleidung eingepackt, aber zum Beispiel keine einzige Jacke. Alle seine Dokumente habe er. Und einen Briefwechsel seiner Großeltern während der Kriegsgefangenschaft. „Gelesen hatte ich die bisher noch nie, aber ich habe sie gerettet.“

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    Zurzeit lebt die vierköpfige Familie in einem Hotel. Von dort aus gaben Arno und Nikki Koch dem US-Sender ABC News ein Interview zu ihren Erlebnissen aus der Nacht. „Ich hatte große Angst“, erzählt Nikki Koch. Während ihr Mann versuchte, das Haus zu retten, war sie bei den Kindern. Zeitweise ohne ein Lebenszeichen des Familienvaters. „Ich konnte ihn nicht erreichen.“ 1,5 Stunden vergingen, bis die Eheleute wieder miteinander sprechen konnten.

    Zukunft ungewiss

    Wie es weitergeht, wissen Arno und Nikko Koch noch nicht. Eine Wohnung wäre erst einmal schön. Auf ihrem Grundstück ein neues Zuhause zu schaffen, ist der große Wunsch. „Aber es ist alles noch so frisch gerade“, sagt der 45-Jährige. Auch den Schaden kann er nicht genau beziffern. Zum Glück sei das Haus versichert gewesen, die Versicherung aktuell fair, schildert Koch die Situation. „Und die Spendenaktion auf Gofundme hilft enorm, uns über Wasser zu halten“, sagt er dankbar.

    Den Spendenaufruf hatte seine Schwester direkt nach der Katastrophe gestartet. „Hoffentlich können wir ihnen helfen, ein wenig Trost in dieser verheerenden Situation zu finden“, schreibt sie. Rund 34.000 US-Dollar sind seitdem zusammen gekommen, auch aus Wetter von ehemaligen Nachbarn und Schulfreunden Arno Kochs. Der ist angesichts der Zuwendungen fast sprachlos: „Eure Unterstützung und Anteilnahme ist überwältigend, und Arno und Nikki finden keine Worte, um zu zeigen, wie dankbar sie sind“, heißt es aktuell in einem englischen Statement auf der Spendenplattform.