Herdecke. Die Zeit als Nachhaltigkeitsmanager währte trotz Leidenschaft für den Klimaschutz nur wenige Monate lang. Das sind die Gründe für den Ausstieg
Als Timothy Vincent im März letzten Jahres bei der Stadtverwaltung in Herdecke anheuerte, sah die Personalie aus wie eine Idealbesetzung. Vincent ist in Herdecke groß geworden, legt in seiner Steinbildhauerei besonderen Wert auf Nachhaltigkeit und machte dazu zwei Arbeitstage in der Woche frei für eine Anstellung als städtischer Nachhaltigkeitsmanager. Ein gutes halbes Jahr später hat er den Job schon wieder drangegeben.
Die Stadt Herdecke will nichts zu den Gründen seines Ausstiegs sagen und verweist auf Timothy Vincent. Schließlich sei das Arbeitsverhältnis auf seinen Wunsch hin gelöst worden. Für ihn kamen hier zwei Welten zusammen. Vincent wörtlich: „Diese zwei Herangehensweisen waren nicht kompatibel.“
Zum Ausklang preisgekrönt
Viel hat der mehrfach preisgekrönte Steinbildhauer mit Master-Diplom in Sachen Nachhaltigkeitmanagement in seinem guten halben Jahr in der Herdecker Stadtverwaltung bewegt. Gerade erst hat die Stadt öffentlich gemacht, dass sie von der Servicestelle „Kommune in der Einen Welt“ und vom „Rat für Nachhaltige Entwicklung“ für ihren Nachhaltigkeitsbericht ausgezeichnet worden ist. Verfasser ist Timothy Vincent. Für Herdecke nahm er den Preis in Berlin entgegen.
Das Stadtradeln hat er betreut, einen Nachhaltigkeitstag organisiert, die Aktion „Herdecke räumt auf“ mitgestaltet. Und immer wieder neue Vorschläge in eine Form gegossen. Eine Satzung für einen Nachhaltigkeitsbeirat stammt aus seiner Feder. Festgehalten ist darin ein Verfahren, wie Bürger ausgewählt werden könnten für solch einen Beirat, der auf breite Kompetenz beim Schutz des Klimas setzt. Auch einen Nachhaltigkeits-Check für die Ansiedlung von Unternehmen im neuen Gewerbegebiet am Gahlenfeld hat er vorgelegt und Grundlagen für die kommunale Wärmeplanung erarbeitet.
Beratung im Angebot
Die Bürgermeisterin hat im Herdecker Rathaus selbst als Agenda-Beauftragte angefangen. 2001 war das. Seit 2013 gibt es ein Klimaschutzkonzept, seit 2019 ein Klimaanpassungskonzept. Der Energieverbrauch und die Treibhausemissionen vor Ort sind in den Blick genommen worden, Maßnahmen werden beschrieben, die die Menschen in Herdecke auf die Auswirkungen des Klimawandels vorbereiten sollen. Auch künftig soll sich Herdecke „weiter in Richtung einer nachhaltigen Stadt entwickeln“, hat Katja Strauss-Köster angekündigt.
„Diese zwei Herangehensweisen waren nicht kompatibel.“
Mittlerweile hat die Stadt die Nachfolge von Timothy Vincent geklärt. Eine To-do-Liste auf dem Rechner-Desktop soll den Arbeitsstart erleichtern. Sie zeigt, dass Vincent sich auch über seinen Anstellungszeitraum hinaus verantwortlich fühlt für die richtigen Schritte einer Kommune in Richtung mehr Nachhaltigkeit. Die Zeit, die er jetzt gewinnt, bleibt für die Herausforderungen der nachhaltigen Entwicklung erhalten. Neben dem 19-Stunden-Job und der Steinbildhauerei gab es nämlich seit vorigem Jahr noch eine dritte Säule von Aktivitäten.
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Timothy Vincent hat nach dem Studienabschluss eine Beratungsfirma für Nachhaltigkeitsmanagement gegründet. Darum will sich der 58-Jährige nun verstärkt kümmern. Ein neuerlicher Nebenjob in einem Rathaus liege außerhalb seiner Vorstellungskraft. „Das war und bleibt der einzige Ausflug in die kommunale Verwaltungswelt als Angestellter“, versichert Timothy Vincent. Und nimmt dann doch wieder Kurs auf Verwaltung: freiberuflich und als Berater kann er sich die Stärkung des kommunalen Nachhaltigkeitsgedankens durchaus vorstellen. Und dann auch in seinem Tempo.