Wetter. Doch noch ein weiterer Bewerber neben dem Amtsinhaber: Der 67-Jährige tritt als parteiloser Kandidat bei der Kommunalwahl an.

Bisher war es in Bezug auf die Kommunalwahlen in Wetter eher ruhig. Lediglich die SPD hat mit Bürgermeister Frank Hasenberg ihren Kandidaten für das Amt des Stadtoberhaupts schon benannt. Die anderen Parteien üben sich noch in Zurückhaltung. Doch nun gibt es einen Gegenkandidaten, den so wohl niemand auf der Rechnung hatte.

„Ich fühle mich Wetter sehr verbunden und möchte mich gerne weiterhin einmischen“. Während er diesen Satz sagt, blitzen die Augen hinter der runden Brille kampfeslustig auf. Er habe lange überlegt und sich die Entscheidung nicht leicht gemacht, schließlich sahen seine Pläne für die Zukunft bis vor wenigen Wochen noch anders aus. Die Rede ist von Hans Günter Draht von der gleichnamigen Bücherstube im Bismarckquartier. „Ich trete als parteiloser Gegenkandidat an“, sagt er energiegeladen.

Ruhestand verschoben

Wie berichtet schließt er seinen Buchladen am Ende des Jahres. Eigentlich wollte er mit 67 Jahren dann in den (Un-)Ruhestand gehen. Doch diesen Plan hat er aufgegeben oder besser gesagt auf unbestimmte Zeit verschoben. „Es kamen viele Kunden in den Laden, die mich fragten, wie es denn jetzt weitergehen soll, was jetzt passiert. Darunter auch einige, die eher scherzhaft fragten, ob ich nicht als Bürgermeister kandidieren wolle“, berichtet Draht. Geschmeichelt schüttelte er jedes Mal lächelnd den Kopf, doch tief im Inneren setzte sich der Gedanke fest.

„Ich bin in Wetter durch viele Höhen und Tiefen gegangen. Ich kenne die Stadt und die Menschen. Ich weiß um die Schwierigkeiten vor Ort“, sagt er. „Jedes Mal, wenn ich dachte, es könnte nicht schlimmer werden, wurde ich eines Besseren belehrt“, fügt er hinzu. Doch nur destruktiv zu kritisieren ist nicht seine Art. „Ich habe viele Gedanken und Ideen, was anders und besser oder überhaupt gemacht werden kann“, erklärt Draht. Die Stadt soll wieder liebens- und lebenswert werden. „Natürlich ist mir bewusst, dass die Haushaltslage alles andere als rosig ist. Fehlende Gelder verhindern vieles, aber eben nicht alles“, weiß er.

Mehr Bürgerbeteiligung

Doch was will er denn anders machen als der bisherige Amtsinhaber? „Ich setze auf Bürgerbeteiligung, auf die direkte Demokratie“, erklärt er. Es gebe mannigfaltige Ideen bei den Bürgern in Wetter, doch die würden zu selten geprüft, geschweige denn umgesetzt. Die meisten verschwänden in der Versenkung. „Ich will mein Ohr am Bürger haben“, sagt Draht. Formate wie „Ein Kaffee mit Hansi, besser der direkte Draht“ könnte er sich vorstellen – in allen Ortsteilen um sich direkt und unmittelbar auszutauschen. Und das nicht nur während des Wahlkampfes, sondern auch darüber hinaus. Das sei auch einer der Vorteile, die er gegenüber dem jetzigen Bürgermeister habe. „Ich bin nahbar, kreativ, spontan, empathisch, flexibel und anfassbar“, meint er selbstbewusst.

„Ich bin nahbar, kreativ, spontan, empathisch, flexibel und anfassbar.“

Hans Günter Draht
Bürgermeisterkandidat

Viele Bürger und auch Verwaltungsmitarbeiter seien derzeit unzufrieden. Es fehle an langfristigen Visionen. „Ich will alte Strukturen aufbrechen, quasi den Dosenöffner spielen. Denn eine Politik ohne Vision ist zum Scheitern verurteilt“, weiß er. Dass ein Buchhändler auch Politik kann, habe sich bereits in der Vergangenheit gezeigt: „Martin Schulz, ehemaliger Präsident des EU-Parlaments und der ehemalige Bundespräsident Johannes Rau waren schließlich auch Buchhändler“, sagt Draht und lacht.

„Martin Schulz, ehemaliger Präsident des EU-Parlaments und der ehemalige Bundespräsident Johannes Rau waren schließlich auch Buchhändler.“

Hans Günter Draht
Bürgermeisterkandidat

Pfiffige Mitarbeiter mit Erfahrung

Dass ihm die Verwaltungserfahrung fehlt, sieht er dabei nicht als Problem, sondern als Chance. „Ich kandidiere als Bürger- und nicht als Verwaltungsmeister. In der Verwaltung arbeiten viele pfiffige Mitarbeiter mit Erfahrung und Ideen, die ich einladen möchte, diese mit einzubringen“. Außerdem bekomme ich gerade einen Verwaltungscrashkurs von meiner Liebsten, die ist Verwaltungsfachfrau in leitender Position, wenn auch nicht in Wetter“, erläutert er. Was hält denn eigentlich seine Frau von seinen veränderten Zukunftsplänen? „Sie unterstützt mich vollkommen. Sie war bei allem, was ich bisher gemacht habe, zwar immer im Hintergrund, hat aber alles mitbekommen und ohne sie, wäre vieles nicht möglich gewesen“, weiß Draht.

Dann wäre da noch das Problem, dass er sich als parteiloser Kandidat nicht auf gesicherte Stimmen verlassen kann und viele Bürger aus Gewohnheit eine Partei wählen. „Die Bürger können ja weiterhin die Partei wählen, die ihnen am nächsten steht, aber hier geht es um Personen. Natürlich ist mir auch klar, dass ich im Rat später nie eine bestehende Mehrheit haben werde, aber genau das ist doch die Chance. Jeder muss dann mit jedem nach Mehrheiten und Kompromissen ringen, um die beste Entscheidung für die Bürger und die Stadt zu treffen“, erläutert er. „Es wird keine Draht-Partei geben“, verspricht er und lacht.

Zur Person

Hans Günter Draht ist 67 Jahre alt, verheiratet und hat zwei erwachsene Söhne sowie eine quirlige Enkelin. In seiner Freizeit ist er gerne sportlich unterwegs, beispielsweise mit dem Rad, beim Joggen und beim Schwimmen. Er liest gern und viel, auch unabhängig von seinem Job. Zudem ist die Beschäftigung mit der Historie eines seiner Steckenpferde. Wer mehr über den Kandidaten erfahren oder mit ihm in Kontakt treten möchte, kann dies über seine eigens eingerichtete Internetseite kandidat-fuer-wetter.de tun.

Und welche Handlungsfelder sind ihm wichtig? „Wir müssen die Jugendlichen wieder mehr hören und ihre Wünsche berücksichtigen, sie sind schließlich unsere Zukunft“. Diese Stadt hat viel „Potential“ um attraktiv für die Bürger – aber auch zunehmend für Touristen zu sein. Aber wir müssen auch schauen, wo der Wirtschaft der Schuh drückt. Dort beklagen viele zu viel Bürokratie. Ich denke, die Spielräume sind da noch nicht ausgeschöpft. Wir müssen findig und kreativ probieren bis es quietscht, sonst lassen sich Probleme nicht lösen. Das gilt für die Wirtschaft, ebenso für alle anderen Themen in der Stadt. Und in all dem spielt der Klimaschutz mit rein und eine entscheidende Rolle. Ein starrer Kurs bringt uns da nicht weiter“, ist sich Hans Günter Draht sicher.