Herdecke. Fachkräftemangel hat den Zweibrücker Hof veranlasst, Azubis im Ausland zu suchen. Ein junges Quartett aus Indonesien arbeitet nun im Ringhotel.
Auf den Namensschildern stehen viele Buchstaben. Vidya Angelique Virgin Tuapattinaja und Wahyu Putra Santero Munthe heißen zwei junge Servicekräfte, die vor einigen Wochen ihre Ausbildung im Zweibrücker Hof begonnen haben. Vergleichsweise kurz geht die Vorstellung von Widia Septarini und Christian Joshua über die Bühne, die ebenfalls seit Kurzem im hiesigen Ringhotel als Azubis arbeiten. Das Quartett kommt aus Indonesien, muss sich weit entfernt von der Heimat mit deutschen Begebenheiten vertraut machen und sich auch an das selbstständige Leben in Herdecke gewöhnen.
Erfahrungen aus Schwesterhotel
Die Hotel-Leitung um Gastgeberin Veronika Riepe und Direktorin Jennifer Pfingsten kann die Hintergründe dieser Einstellungen mit einem Begriff auf den Punkt bringen: Fachkräftemangel. In der Vergangenheit haben sich die Verantwortlichen des Zweibrücker Hofs zunehmend schwergetan, passende Berufsanfänger in ausreichender Zahl zu finden. Das Schwesterhaus in Lünen hat ähnliche Probleme und daher bei einer Agentur nach Kräften aus Südostasien angefragt. Angesichts guter Erfahrungen dort haben auch die Herdeckerinnen im Spätherbst 2023 Online-Interviews mit Interessierten in Indonesien geführt.
Fern der Heimat
Nacheinander sind die Berufsanfänger seit März hier eingetroffen, nach einer Eingewöhnung hat ihre dreijährige Lehrzeit offiziell im August begonnen, so wie auch für sechs weitere Azubis. Doch deren Heimat befindet sich keine 16 Flugstunden entfernt, für die Vier aus Indonesien hat ein ganz neues Leben begonnen. Mit dem Reporter verständigen sie sich darauf, sich mit Vornamen anzusprechen. Vidya ist 22 Jahre alt und arbeitet wie Wahyu im Service. Widia ist mit 27 die Älteste aus dem Quartett und steht wie Christian (22) in der Küche, ihre Eltern führen daheim ein kleines Restaurant. Alle kommen aus der Hauptstadt Jakarta oder der nahen Umgebung. Nun das Abenteuer Deutschland, das erste Mal im Ausland.
Schweirige Eingewöhnung
„Es ist hier schon auch mal anstrengend, anfangs war vieles schwierig in einem fremden Land“, sagt der 21-Jährige Wahyu, der gerne im Restaurant arbeitet. Seine Kollegin hat er hier am Bahnhof in Hagen kennengelernt, alle Vier leben in einer Wohngemeinschaft in Ende. Ihre ersten Deutsch-Kenntnisse, und die sind schon bemerkenswert, haben sie sich zunächst im Goethe-Institut in Jakarta erworben. „Das ist schon eine schwere Sprache. Vor allem dann, wenn die Leute schnell reden, dann bitte ich sie, das langsamer zu tun“, meint Vidya. „Ihr macht das aber richtig gut und verbessert euch ständig“, lobt Hoteldirektorin Pfingsten.
Brot statt Reis
Das Quartett muss sich in vielfacher Hinsicht umstellen. Daheim gibt es fast immer Reis, hier Brot. Zum Glück gibt es Asia- Abteilungen in Supermärkten oder spezifische Läden in der nahen Umgebung. Ihre Eindrücke von den Deutschen? Pünktlich, diszipliniert seien diese. „Hier spricht man Menschen oder Themen auch sehr direkt an“, berichtet Widia. Weiterer Unterschied: das Wetter. „Bei uns zu Hause ist es immer warm und um die 30 Grad, hier ist es oft kalt“, erzählt das Trio (Christian ist krankheitsbedingt verhindert). Die Motivation dieser Azubis: Eine vergleichbare Ausbildung in Restaurants und Veranstaltungsgastronomie, wie es neuerdings heißt, gibt es in Indonesien nicht, dafür müssten sie zur Universität.
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An das Leben in Herdecke haben sie sich angepasst, mit dem Deutschlandticket erkundet etwa Wahyu die Umgebung. In Indonesien hat er mal was vom Fußballverein Borussia Dortmund gehört, der ist plötzlich sehr nah. Köchin Widia wiederum hat über ihre Großmutter Kontakte nach Bochum, wo sie schon auf Besuchstour war. In ihrer Wohngemeinschaft (der Zweibrücker Hof hat bei der Suche nach einer Bleibe geholfen) können sie sich dann austauschen und beispielsweise Ausbildungsthemen an der Berufsschule in Hagen besprechen. Oder auch wie zu Hause kochen, natürlich mit Reis. „Rotkohl, wie ihn viele hier in Deutschland essen, mag ich nicht so. Wir haben in unserer WG aber auch schon Bratkartoffeln gemacht“, erzählt Wahyu.
Unterstützung zur Eingewöhnung
Die Hotel-Chefinnen sind zufrieden mit ihren vier Azubis, wobei diese logischerweise mehr Unterstützung bräuchten als die anderen zwölf Lehrlinge aus allen Jahrgängen im Haus. Das fange bei bürokratischen Themen wie etwa Visa an und ende bei Alltagsfragen. „Wir hatten zuletzt aber kaum noch Bewerbungen für die Küche und das Restaurant, daher haben wir uns für diesen Weg entschieden“, erklärt Veronika Riepe und hofft, dass das Quartett sich weiter gut entwickelt.